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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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mit meinen Leuten zu dieser Statue und finde heraus, was dieser königliche Abgesandte dort zu suchen hatte. Ihr folgt unterdessen den Gataten zum Berg, das scheint der sicherere Weg zu sein, sonst hätten die Häuptlinge ihn nicht für ihren Stamm gewählt.«
    Â»Ich bin dagegen«, sagte Rodraeg. »Und zwar entschieden dagegen! Wenn wir uns trennen, weiß die eine Gruppe nicht mehr, was die andere erfährt oder was der anderen zustößt. Wir tappen dann genauso im Dunkeln wie ohnehin schon, jede Gruppe macht dieselben Fehler wie die andere – und zusätzlich haben wir noch unsere Kräfte halbiert.« Und außerdem ist es vollkommener Quatsch, den königlichen Abgesandten ausgerechnet Ijugis zu überlassen. Falls wir das große Glück haben, dass der sich nach vier Monden immer noch dort aufhält, würde Ijugis ihn schlechterdings umbringen, einfach nur aus königsfeindlichem Groll heraus , fügte Rodraeg in Gedanken noch hinzu, beschloss aber, dies im Sinne des Gruppenfriedens nicht laut auszusprechen.
    Timbare nickte schließlich. »Ja, ich denke auch, dass wir zusammenbleiben sollten. Die Spinnenmenschen sind ein unkalkulierbarer Gegner, und wir werden jeden Mann und jede Frau brauchen, um uns durchsetzen zu können. Also werden wir die beiden Ziele nacheinander ansteuern. Da die Ereignisse an der Statue schon mehr als vier Monde her sind – falls dieser Königliche überhaupt je dort ankam! –, sich am blinden Berg aber die Ereignisse jetzt noch zuspitzen können, gehen wir zuerst zum Berg.«
    Â»Entschuldigung – dürfte ich einen Vorschlag machen?«, fragte Tjarka.
    Â»Aber sicher.«
    Â»Da dieser … Königliche hier gewesen ist, könnte ich von hier aus seinen Spuren folgen. Ich denke, dass … die Wahrscheinlichkeit, dass wir von dem Tempel aus den Berg sehen können, größer ist als die, vom Berg aus den Tempel zu sehen, wegen dem Blätterdach und so.« Unter Timbares strengem Blick wand Tjarka sich unbehaglich. »Was ich damit sagen will, ist: Wenn wir zuerst zum Berg gehen, müssen wir danach sicher wieder zu diesem Dorf zurück, denn nur von hier aus kann ich den Königlichen aufspüren. Wenn wir aber zuerst dem Königlichen zu diesem Tempel folgen, haben wir eine gute Chance, von dort aus auch den Berg zu sehen und ohne zusätzlichen Umweg die Gataten zu finden. Und außerdem ist es vielleicht gar nicht verkehrt, nicht denselben Weg zum Berg zu gehen wie die Gataten, weil doch die alte Frau sagt, dass dieser Weg so tödlich ist.«
    Â»Du vergisst nur, dass dort, wo wir uns jetzt hinwenden, kein Laubdach mehr ist, in dieser Gegend ist wahrscheinlich alles vertrocknet«, sagte Timbare und lächelte plötzlich. »Also müsste man vom Berg aus auch den Tempel sehen können. Aber der Tempel kann trotzdem in einer Erdspalte verborgen liegen und unsichtbar sein, während der Berg tatsächlich weithin zu sehen sein müsste. Dein Einwand ist berechtigt, Tjarka. Wir machen es so: Wir folgen der Fährte des weißen Mannes! Zur Not müssen wir danach wieder hierher zurückkehren, aber vielleicht haben wir Glück und sehen den Temé-Béku von dort aus. So könnten wir viel Zeit sparen.«
    Tjarka war sichtlich stolz und übernahm sofort nach dem Aufbruch die Führung. Die alte Gatate Sethre blieb weiterhin in ihrem Kellerloch sitzen und betrachtete das hektische Gebaren der Expedition weder mit allzugroßer Neugier noch mit Kopfschütteln. Die weißen Menschen waren für sie umgekehrte Schatten einer fernen und unwirklichen Welt, Timbare und Kinjo waren Fremde, die die wahre Sprache nicht verstanden, und Enenfe war ein ehemaliger Schüler, der seinen Weg verloren hatte und nun in die Irre ging.

    Tjarka Winnfess führte anders, als Timbare das bislang von Fährtenkundigen und Waldvertrauten gewohnt war. Sie schnupperte nicht die ganze Zeit wie ein Suchhund am Boden herum, sondern sie betrachtete auch oft den Himmel, die Baumwipfel, die schlaff herunterhängenden Lianen und den durstig braun verfärbten Flechtenbewuchs, der die meisten Konturen zur Unschärfe verzerrte. Kinjo fragte sie einmal, ob sie beim Verfolgen mit Geistern in Kontakt stehe, und Tjarka antwortete beinahe erschrocken: »Mit Geistern? Ich hoffe, nicht! Ich bin mit dem in Kontakt, dem ich folge. Mit sonst nichts.« Und dennoch schien sie auch Windrichtungen

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