Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade
Hause, junger Krieger!« sagte er herzlich. »Mir scheint, es ist dir gutgegangen!«
»In der Tat«, erwiderte Wulfgar. »Ich habe große und wundersame Dinge erlebt und viel Weisheit erlangt. Vielfältig sind die Geschichten, die ich erzählen kann. Aber jetzt, um die Wahrheit zu sagen, habe ich keine Zeit für müßige Unterhaltung. Ich bin gekommen, um Heafstaag zu sehen.«
Revjak nickte und führte Wulfgar unverzüglich durch die Reihen der Feuerstellen. »Heafstaag wird über deine Rückkehr erfreut sein.«
Zu leise, um gehört zu werden, erwiderte Wulfgar: »Nicht sehr erfreut.«
Eine neugierige Menge scharte sich um den beeindruckenden jungen Krieger, als er auf das Zelt in der Mitte des Lagers zuging. Revjak ging hinein, um Heafstaag Wulfgar anzukündigen, und kehrte sofort mit der Meldung zurück, der König erlaube Wulfgar, das Zelt zu betreten.
Wulfgar hob Aegisfang auf die Schulter, machte aber keine Anstalten, durch den Zeltvorhang zu gehen, den Revjak ihm offenhielt. »Was ich zu sagen habe, soll offen und vor jeder mann gesagt werden«, erklärte er so laut, daß Heafstaag es hören mußte. »Heafstaag soll zu mir herauskommen.«
Bei diesen herausfordernden Worten wurde überall in der Zuschauermenge verwirrtes Gemurmel laut, denn nach den Gerüchten, die sich ausgebreitet hatten, war Wulfgar, der Sohn von Beornegar, nicht königlicher Abstammung.
Heafstaag stürmte aus dem Zelt und blieb einige Meter vor seinem Herausforderer stehen. Seine Brust war stolzgeschwellt, und mit seinem gesunden Auge funkelte er Wulfgar an. Die Menge verstummte und erwartete, daß der unbarmherzige König den unverschämten Jungen sofort erschlagen würde.
Aber Wulfgar wich keinen Zentimeter zurück. »Ich bin Wulfgar«, verkündete er stolz, »Sohn von Beornegar, der der Sohn von Beorne war, Krieger vom Elchstamm, der in der Schlacht von Bryn Shander gekämpft hat; der Aegisfang, den Feind aller Riesen, führt«, dabei hielt er den großen Hammer vor sich hin, »Freund der Zwergenschmiede und Schüler eines Wächters des Waldes, der Gwaeron Windstrom dient; der Riesen getötet und ihre Höhle erobert hat und der auch ihren Anführer Biggrin, den Frostriesen, getötet hat.« Er hielt einen Moment inne und lächelte breit. Dabei blinzelte er, was nur die Spannung auf seine nächste Ankündigung steigerte. Als er überzeugt war, die volle Aufmerksamkeit der Menge gewonnen zu haben, fuhr er fort: »Ich bin Wulfgar, der Drachentöter!«
Heafstaag zuckte zusammen. Noch nie hatte je ein Mann in der ganzen Tundra diesen erhabenen Titel in Anspruch nehmen können.
»Ich verlange das Recht auf Herausforderung«, knurrte Wulfgar leise und bedrohlich.
»Ich werde dich töten«, erwiderte Heafstaag so ruhig, wie es ihm möglich war. Zwar fürchtete er niemanden, aber Wulfgars breite Schultern und gut trainierte Muskeln machten ihn vorsichtig. Der König hatte nicht die Absicht, ausgerechnet jetzt, kurz vor dem sicheren Sieg über die Fischer von Zehn-Städte, seine Stellung aufs Spiel zu setzen. Wenn es ihm gelänge, den jungen Krieger in Verruf zu bringen, würden die Stammesangehörigen einem solchen Kampf niemals zustimmen. Sie würden Wulfgar zwingen, seine Forderung zurückzunehmen, oder ihn auf der Stelle töten. »Mit welchem Geburtsrecht stellst du diese Forderung?«
»Du willst unser Volk auf den Wink eines Zauberers hin in den Krieg führen«, gab Wulfgar zurück. Nach dieser Anschuldigung horchte er aufmerksam auf das Gemurmel der Menge, um über ihre Meinung Schlüsse ziehen zu können. »Du willst es dazu bringen, gemeinsame Sache mit Goblins und Orks zu machen, wenn die Schwerter erhoben werden!« Niemand wagte laut zu protestieren, aber Wulfgar spürte, daß viele Krieger über die bevorstehende Schlacht insgeheim erzürnt waren. Daraus ließ sich auch das Fehlen der Honigweinhalle erklären, denn Heafstaag wußte sicher nur zu gut, daß sich bei solchen Feierlichkeiten gärender Zorn häufig in heftigen Emotionen entlud.
Revjak mischte sich ein, bevor Heafstaag mit Worten oder Waffe antworten konnte. »Sohn von Beornegar«, sagte er mit fester Stimme, »bis jetzt hast du nicht das Recht, die Befehle des Königs in Frage zu stellen. Du hast eine offene Herausforderung verkündet; aber unsere Traditionen schreiben vor, daß du von Bluts wegen oder aufgrund einer Heldentat das Recht auf einen solchen Kampf begründen mußt.«
Revjaks Worte verrieten Aufregung, und Wulfgar begriff sofort, daß sich der alte
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