Die vergessenen Welten 02 - Die verschlungenen Pfade
Heafstaag war auf jeden Fall viel erschöpfter. Seine gewölbte Brust hob und senkte sich mit jedem mühsamen Atemzug. Er schlang die Arme um Wulfgars Taille und versuchte erneut, seinen Gegner auf den Boden zu ziehen.
Wulfgar umfaßte mit seinen langen Fingern Heafstaags Kopf an beiden Seiten. Die Knöchel des jüngeren Mannes liefen weiß an, und die kräftigen Muskeln in den Oberarmen und an den Schultern strafften sich. Er begann zu drücken.
Heafstaag erkannte sofort, daß er sich in Schwierigkeiten befand, denn Wulfgars Griff war stärker als die Umklammerung eines Eisbären. Der König wand sich heftig und schlug mit sei nen riesigen Fäusten auf Wulfgars ungeschützte Rippen ein. Er konnte nur hoffen, Wulfgars mörderische Konzentration zu stören.
Doch den spornte diesmal eine Lektion an, die er von Bruenor gelernt hatte: »Denk an das Wiesel, Junge, nimm die kleinen Schläge hin, aber laß niemals, niemals zu, daß sie sich fortsetzen!« Die Muskeln am Hals und an den Schultern quollen hervor, als er den einäugigen König auf die Knie zwang.
Entsetzt über diesen starken Griff zerrte Heafstaag an den eisenharten Armen des jüngeren Mannes und versuchte vergeblich, den stärker werdenden Druck zu mildern.
Auf einmal begriff Wulfgar, daß er dabei war, einen Angehörigen seines Stammes zu töten. »Gib auf!« schrie er Heafstaag an und hoffte, es könnte eine annehmbarere Lösung geben.
Der stolze König antwortete mit einem letzten Hieb.
Wulfgar richtete die Augen zum Himmel empor. »Ich bin nicht so wie er!« schrie er hilflos, wie um sich selbst vor allen zu verteidigen, die gerade zuhörten. Aber ihm blieb nur noch eine Möglichkeit.
Die breiten Schultern des jungen Barbaren röteten sich, als das Blut durch sie schoß. Er hörte Knochen knacken und sah, wie sich in Heafstaags Augen das Entsetzen in Verständnislosigkeit verwandelte.
Revjak hätte jetzt eigentlich in den Kreis treten und verkünden müssen, daß er der neue König über den Elchstamm war.
Aber wie die anderen Zeugen um ihn herum stand er wie angewurzelt mit offenem Mund da.
Unterstützt von dem kalten Wind, der ihm in den Rücken blies, lief Drizzt eilig die letzten Meilen auf Zehn-Städte zu. Noch in der gleichen Nacht, in der er sich von Wulfgar getrennt hatte, hatte er den schneebedeckten Gipfel von Kelvins Steinhügel erblickt. Der Anblick seiner Wahlheimat trieb den Dunkelelfen noch schneller vorwärts, obwohl in ihm ein unbestimmtes Gefühl nagte, daß etwas nicht in Ordnung sei. Ein menschliches Auge hätte es niemals wahrnehmen können, aber der Dunkelelf erkannte auch in der Nacht schließlich eine größer werdende schwarze Säule, die die Sterne am Horizont im Süden auslöschte. Und noch weiter südlich von der ersten gab es eine zweite, kleinere Säule.
Drizzt blieb abrupt stehen. Er blinzelte, um sich über seine Vermutung Sicherheit zu verschaffen. Dann setzte er sich langsam wieder in Bewegung, da er Zeit brauchte, um sich einen neuen Weg zu überlegen.
Caer-Konig und Caer-Dineval standen in Flammen.
Unter Belagerung
Die Schiffe aus Caer-Dineval fischten am südlichsten Teil des Lac Dinneshere und nutzten die freien Seeanteile aus, da die Bewohner von Osthafen nach Bryn Shander geflohen waren.
Caer-Konigs Fischer arbeiteten wie gewohnt am nördlichen Ufer des Sees. Sie waren die ersten, die den nahenden Untergang bemerkten.
Wie ein zorniger Bienenschwarm fegte Kessells widerwärtige Armee über die nördlichen Hänge am Lac Dinneshere und stürmte den Eiswindpaß hinunter.
»Anker lichten!« schrien Schermont und viele andere Schiffskapitäne, sobald sie sich von ihrem ersten Schock erholt hatten. Aber sie wußten bereits, daß sie das Land nicht rechtzeitig erreichen konnten.
Die erste Truppe der Goblinarmee fiel in Caer-Konig ein.
Die Männer auf den Schiffen sahen die Flammen hochschlagen, als die Gebäude in Brand gesteckt wurden. Sie hörten die blutrünstigen Schreie der entsetzlichen Eindringlinge.
Sie hörten die Todesschreie ihrer Familienangehörigen.
Die Frauen, Kinder und Greise in Caer-Konig dachten nicht an Widerstand. Sie liefen weg. Sie liefen um ihr Leben. Und die Goblins jagten ihnen nach und metzelten sie nieder.
Riesen und Oger stürmten zu den Anlegestellen und zerquetschten die erbarmungswürdigen Menschen, die hilflos der zurückkehrenden Flotte zuwinkten, oder setzten sie dem Tod in dem eiskalten See aus.
Die Riesen trugen große Säcke mit sich, und als die mutigen Fischer
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