Die vergessenen Welten 09 - Brüder des Dunkels
Menschen von der Oberfläche im Zweikampf zu messen, entschlossen, den Drow, die ihn begleitet hatten, die Fähigkeiten ihres Anführers zu zeigen.
Die Zwillingsschwerter des Waffenmeisters fuhren aus den Scheiden. Sie waren scharf und verzaubert und gehörten zu den besten Waffen der Drow.
Der Ritter, der fast einen Fuß größer war als sein Gegner, aber den Ruf der Dunkelelfen kannte, fürchtete sich, und das zu Recht. Er schluckte die Furcht jedoch hinunter und stellte sich Berg'inyon Mann gegen Mann, Schwert gegen Schwert.
Der Ritter war gut, er hatte sein gesamtes erwachsenes Leben hart trainiert, aber selbst wenn er noch alle ihm verbliebenen Jahre weitertrainiert hätte, hätte er doch nie die Jahrzehnte erreichen können, die der langlebigere Berg'inyon mit dem Schwert verbracht hatte.
Der Ritter war gut. Er überlebte noch fast fünf Minuten.
* * *
Alustriel spürte, wie die kühle, feuchte Luft einer tieffliegenden Wolke über ihr Gesicht strich, und dies brachte sie wieder zu Bewußtsein. Sie reagierte schnell, versuchte, ihren Streitwagen wieder auf Kurs zu bringen, und spürte an ihrer ganzen Seite beißenden Schmerz.
Sie war von Waffen und Zaubern getroffen worden, und ihre versengten und zerrissenen Kleider waren feucht von ihrem eigenen Blut.
Was würde die Welt denken, wenn sie, die Herrin von Silbrigmond, hier starb? Für ihre hochmütigen Kollegen war dies nur ein unbedeutender Krieg, eine Schlacht, die keine wirklichen Auswirkungen auf die Ereignisse der Welt hatte, eine Schlacht, an der Alustriel von Silbrigmond nach ihrer Ansicht gar nicht hätte teilnehmen sollen.
Alustriel strich sich das lange silberne Haar – Haar, das jetzt mit Blut verklebt war – aus dem wunderschönen Gesicht. Zorn brandete in ihr auf, als sie an die Diskussionen dachte, die sie wegen König Bruenors Hilfegesuch hatte ausfechten müssen. Nicht ein einziger Berater oder Stadtrat in Silbrigmond mit Ausnahme von Fret hatte der Bitte entsprechen wollen, und Alustriel hatte eine lange, ermüdende Schlacht der Worte austragen müssen, damit auch nur zweihundert Ritter in Silber nach Mithril-Halle entsandt wurden.
Was geschah hier mit ihrer eigenen Stadt? fragte sich die Herrin nun, während sie hoch über dem Desaster von Vier Gipfel schwebte. Silbrigmond hatte sich den Ruf einer großzügigen Stadt erworben, einer Verteidigerin der Unterdrückten, einer Kämpferin für das Gute. Die Ritter waren mit Eifer in den Krieg gezogen, aber sie waren nicht das Problem, waren es nie gewesen.
Das Problem, so erkannte die verwundete Alustriel, war die bequeme, träge Klasse der Bürokraten, die politischen Führer, die sich zu sehr in der Sicherheit ihres eigenen Lebens begraben hatten. Dies schien Alustriel jetzt kristallklar zu sein, während sie, verwundet und schwer darum kämpfend, den Wagen unter Kontrolle zu bringen, über der Schlacht durch den kalten Nachthimmel flog.
Sie kannte das Herz von Bruenor und seinem Volk; sie kannte das Gute in Drizzt und den Wert der rauhen Männer aus Siedelstein. Sie waren es wert, verteidigt zu werden, daran glaubte Alustriel ganz fest. Selbst wenn Silbrigmond in diesem Krieg ausgelöscht werden sollte, waren es diese Leute wert, verteidigt zu werden. Denn am Ende, in den Annalen zukünftiger Historiker, würde Silbrigmond daran gemessen; jene Großherzigkeit würde es sein, die die Stadt von so vielen anderen kleinen Königreichen abhob.
Aber was geschah mit ihrer Stadt? fragte sich Alustriel, und sie kam zu der Erkenntnis, daß in ihren eigenen Reihen ein Krebsgeschwür heranwuchs. Sie würde nach Silbrigmond zurückkehren und diese Krankheit ausrotten, beschloß sie, aber nicht jetzt.
Jetzt mußte sie sich erholen. Sie hatte nach besten Kräften ihren Teil beigetragen, und vielleicht sogar auf Kosten ihres eigenen Lebens, wurde ihr bewußt, als ein weiterer Schmerz durch ihre verwundete Seite zuckte.
Ihre Kollegen würden ihren Tod beklagen, würden ihn eine Verschwendung nennen, wenn man die geringe Bedeutung bedachte, die dieser Krieg um Mithril-Halle besaß.
Alustriel wußte es besser, sie wußte, wonach sie wie auch ihre Stadt einstmals beurteilt werden würden.
Es gelang ihr, den Streitwagen auf einen breiten Bergsims stürzen zu lassen, und sie taumelte heraus, als sich der feurige Zauber in nichts auflöste.
Die Herrin von Silbrigmond saß in der Kälte da, an einen Stein gelehnt, und blickte zu dem winzigen Getümmel weit unter ihr hinab. Sie hatte sich aus dem
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