Die vergessenen Welten 13 - Der schwarze Zauber
lassen und den Kristall zu übergeben, damit er und Jarlaxle sich einer wichtigeren Aufgabe widmen konnten – der Jagd nach dem Drowwaldläufer.
Jarlaxle unterdrückte den Impuls jedoch und lächelte – er erkannte, dass er ihm von einer auf telepathischem Weg übermittelten Beeinflussung des Gesprungenen Kristalls eingegeben worden war.
»Ganz schön gerissen«, flüsterte er und lächelte nur, als sich alle Augen auf ihn richteten.
Kurze Zeit später, während sich Cadderly und seine Freunde auf die Reise zum Lager eines roten Drachen vorbereiteten, von dem der Priester wusste, schlenderten Entreri und Jarlaxle über das Gelände außerhalb der wunderbaren Schwebenden Seele. Sie waren sich natürlich klar darüber, dass viele wachsame Augen jeden ihrer Schritte beobachteten.
»Sie ist unbestreitbar wunderschön, findest du nicht?«, fragte Jarlaxle und schaute zu der schwebenden Kathedrale mit ihren hohen Türmchen, frei stehenden Säulen und großen, farbigen Fenstern zurück.
»Die Maske eines Gottes«, erwiderte Entreri säuerlich.
»Die Maske oder das Gesicht?«, fragte der immer für eine Überraschung gute Jarlaxle.
Entreri starrte ihn mit harter Miene an und blickte dann wieder zu der hochragenden Kathedrale hinüber. »Die Maske«, sagte er. »Oder vielleicht die Illusion, die von jenen ersonnen wurde, die sich über alle anderen erheben wollten, aber über keinerlei Fähigkeiten verfügten, dies zu tun.« Jarlaxle schaute ihn fragend an.
»Ein Mann, der mit der Waffe oder dem Verstand nichts Besonderes zu leisten vermag, kann sich trotzdem über andere erheben«, erläuterte Entreri grob, »wenn er glaubhaft machen kann, dass irgendein Gott durch ihn spricht. Es ist der größte Betrug der Welt, und an ihm beteiligen sich Könige und Fürsten, während kleine, lügende Diebe auf den Straßen von Calimhafen ihre Zungen verlieren, wenn sie versuchen, die Geldbeutel anderer zu erschwindeln.«
Jarlaxle erkannte, dass dies die ergreifendste und enthüllendste Einsicht war, die er je aus dem Mund des kaum fassbaren Artemis Entreri vernommen hatte, ein gewaltiger Hinweis darauf, wer dieser Mann wirklich war.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Jarlaxle nach einer Möglichkeit gesucht, hier warten zu können, während Entreri, Cadderly und alle, die der Priester mitnehmen wollte, sich auf den Weg machten, zu dem Drachen zu ziehen und das Artefakt zu vernichten.
Jetzt, nachdem er diesen scheinbar nicht damit zusammenhängenden Blick in das Herz von Artemis Entreri geworfen hatte, erkannte Jarlaxle, dass er mitgehen musste.
Im Auge des Betrachters
Die große Bestie ruhte, doch selbst im Schlaf bot der Drache einen schrecklichen Anblick. Er lag katzengleich zusammengerollt da, der lange Schwanz schlängelte sich an seinem Kopf vorbei, der schuppige Rücken hob und senkte sich wie eine riesige Welle in einem mächtigen Ausatmen, das kleine Rauchwolken aus seinen Nüstern in die Luft steigen ließ und ein vibrierendes Rumpeln durch den Stein des Höhlenbodens schickte. Es gab kein Licht in der Felsenkammer, außer dem Glimmen des Drachens selbst, einem rötlich goldenen Schein – ein heißes Licht, als wäre die Bestie zu voll von Energie und wildem Feuer, als dass die Schuppen das Glühen zurückhalten könnten.
Auf der anderen Seite des verzauberten Spiegels betrachteten die sechs ungleichen Gefährten – Cadderly, Danica, Ivan, Pikel, Entreri und Jarlaxle – den Drachen mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Schrecken.
»Wir könnten Shayleigh und ihre Bogenschützen gebrauchen«, meinte Danica, aber das war natürlich nicht möglich, da die Elfen sich strikt geweigert hatten, an der Seite des Dunkelelfen zu arbeiten, aus welchem Grund auch immer, und in ihre waldige Heimat Shilmista zurückgekehrt waren. »Wir könnten König Elbereths ganze Armee gebrauchen«, fügte Cadderly hinzu.
»Uiui«, sagte Pikel, förmlich hypnotisiert von der Bestie, einer gewaltigen Feuerechse, die mindestens so groß und fürchterlich war wie der alte Fyrentennimar.
»Dort ist der Drache«, sagte Cadderly und wandte sich zu Entreri um. »Bist du sicher, dass du mich noch immer begleiten willst?« Er verstummte jedoch, als er das heiße Funkeln in Artemis Entreris Augen sah.
Der Meuchelmörder griff in seinen Beutel und holte den Gesprungenen Kristall hervor.
»Schau dir dein Verderben an«, flüsterte er dem Artefakt zu.
Er spürte, wie der Kristall verzweifelt einen mächtigen Ruf aussandte – auch Cadderly fühlte
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