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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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verzichtbaren Vermittler eingesetzt, als sie das Risiko für sich persönlich als zu hoch einschätzte, hatte ihm Informationen über ein Kommandomitglied übermittelt, das sie für einen Spion der Polis hielt. Als John die betreffende Person umgebracht hatte und damit durchgekommen war, gab das Hinweis darauf, dass Shree in diesem Fall vermutlich einem Irrtum aufgesessen war.
    »Ich halte es für wahrscheinlicher, dass Thracer von einem Polis-Attentäter beseitigt wurde.« Shree fand, dass eine solche Spekulation gefördert werden sollte – damit blieben ihre Truppen auf Trab. »So sehr es mich traurig macht, aber Edward ist für eine Sache gestorben, für die wir nach wie vor kämpfen, und derzeit benötige ich Informationen.«
    Erneut dieses Achselzucken – diese Katarin schien nicht so engagiert, wie sie sein sollte. »Was möchtest du also?«
    »Irgendein Verrückter hat Schnatterenten-Todeshormon in Bradacken freigesetzt – und ich dachte, die Führung hätte eine Einstellung von Kommandoaktivität angeordnet, ein Befehl, dem sich Tinsch verweigert hat.«
    Katarin gestattete sich ein bitteres Lächeln. »Leider trifft man noch viel mehr Leute im Aufräumkommando an, die sich einer persönlichen Vorstellung von dem verpflichtet fühlen, was das Kommando tun sollte, und der Befehlshierarchie eine lockere Einstellung entgegenbringen.«
    »Wer war es also?«
    »Natürlich Ripple-John.«
    Shree schnaubte verärgert. Deshalb dachte Katarin, dass Ripple-John Thracer umgebracht hatte. »Und wie ist er an das Todeshormon gekommen?«
    »Durch Separatisten, denke ich«, antwortete Katarin. »Er hat außerplanetare Verbindungen – das wissen wir.«
    Shree verdaute das und hatte das Gefühl, dass sich die Gewässer rings um sie eintrübten. Die Separatisten waren nicht so gut organisiert und hatten weniger klare Zielvorstellungen, als sieursprünglich gedacht hatte. Sie spürte einen weiteren Stich des Zweifels, wie in jüngster Zeit mehrfach.
    »Wo ist Ripple-John jetzt?«
    »Zuletzt hat er von Bradacken aus Kontakt aufgenommen, aber seitdem war nichts mehr zu hören und sind auch keine Informationen von anderen Agenten im dortigen Gebiet eingegangen.«
    »Danke.« Shree überlegte kurz und fragte sich, ob sie vielleicht noch etwas Nützliches aus diesem Gespräch gewinnen könnte. Das war nicht der Fall, und so trennte sie die Verbindung und fühlte sich auf einmal einsam.
    Trikonusse des Zweifels kauen am Floß der Gewissheit.
    Das war ein Sprichwort der Theokratie, schien aber deshalb nicht weniger treffend. Shree beendete die Dusche und verließ die Kabine, trocknete sich mit dem bereitgestellten Handtuch ab und nahm die Kleidung wieder aus dem Sanitärmodul – sauber, trocken und ordentlich gefaltet. Shree zog sich an und versuchte, sich auf diese Trikonuszweifel zu konzentrieren.
    Thracers Bemerkung über den verbesserten Lebensstandard seit Machtübernahme der Polis bildete eine Quelle des Zweifels; eine weitere bestand in Selbstabscheu, die Shree erlebte, nachdem sie ihn umgebracht hatte. Dass Leif Grant, den sie weiterhin respektierte, mit Thracer übereinstimmte und jetzt sogar gegen die eigenen Leute und für die Polis arbeitete, zeitigte ebenfalls Wirkung. Die Haltung dieser beiden Männer war jedoch etwas, dem sie schon bei vielen Anlässen begegnet war. Beide Männer waren auf ihre eigene Art stark, besaßen aber nicht genug Willenskraft oder Charakter, um zu erkennen, dass sie sich selbst bereitwillig Ketten anlegten. Nun wurde ihr auch klar, dass es Tombs war, der sie am stärksten beeinflusste und ein Loch durch ihre Panzerung hämmerte, durch das diese Zweifel Einlass fanden.
    Jeremiah Tombs erschreckte sie.
    Es zeitigte Wirkung, wenn man jemanden leibhaftig sah, von dem man seit zwanzig Jahren wusste, von dem man Videos und Bilder gesehen und über den man Geschichten gelesen hatte. Für viele, Shree eingeschlossen, hatte Jeremiah Tombs einen fast legendären Status erreicht; er war ein Star. Sie hatte versucht, das abzutun, hatte gehofft, einen Irren vorzufinden, der nur ein paar Grad verrückter war als die schäumenden Dogmatiker, die unter der Theokratie freie Bahn gehabt hatten. Ihr war klar gewesen, dass die Polis-KIs den Mann nicht so behandelt hätten, wie sie es taten, ohne einen Grund dafür zu haben. Aber Shree hatte gehofft, er diente nur als Lockvogel, und die angeblich in ihm gespeicherten Informationen wären nur die Rechtfertigung dafür, die strengeren Kontrollen für den Schutz

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