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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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einen unbefristeten Zeitraum hinweg gesammelt, der gewöhnlich seinen Höhepunkt erreicht, wenn die Lage auf dem betroffenen Planeten so schlimm geworden ist, dass die Bevölkerung jede Alternative vorziehen würde – gewöhnlich inmitten einer Katastrophe, häufig einer von der Natur ausgehenden, noch häufiger jedoch von Menschen angerichtet. Interventionstruppen der Polis tauchen normalerweise auf, sobald ein erbittert geführter Krieg die Infrastruktur zerstört hat und sich zum Völkermord ausweitet. Sobald die KIs die Macht übernommen haben, erlassen sie eine Amnestie. Sie möchten einen sauberen Neuanfang, sind weder an vergangenen Ereignissen noch an Kriegsverbrecherprozessen interessiert, denn zum Zeitpunkt einer Intervention ist die Frage der Schuld wirklich undurchsichtig geworden. Viele Historiker haben jedoch Fragen nach der sehr lockeren Handhabung des Polisrechts in den Jahren nach einer Intervention aufgeworfen und festgestellt, dass die Schlimmsten jener, die man in früheren Zeitaltern als Kriegsverbrecher bezeichnet hätte, oft in Leichensäcken enden, ungeachtet des Schutzes, den ihnen die Amnestie vorgeblich gewährt.
    aus einer Rede von Jobsworth
    Sobald Grant im Flötengras war, bemerkte er seinen Fehler und warf sich abrupt zur Seite. Ein Hagel von Geschossen prasselte in die Position, die er soeben noch eingenommen hatte; Gras flammte kurz auf, und rauchende Stängel fielen um. Am Boden liegend, zuckte er zusammen und drückte sich eine Hand an die Rippen, und die Schmerzen bündelten seine Aufmerksamkeit und erinnerten ihn an die alten Tage. Er zog die Scheibenpistole und prüfte deren Funktionsfähigkeit, erwiderte das Feuer aber nicht. Er wartete eine gute Minute lang und lächelte dann vor sich hin, als er weiter voraus zu seiner Linken das Gras rascheln hörte. Shree schien es eilig damit zu haben, von hier zu verschwinden. Früher hätte sie viel länger gewartet.
    Er richtete sich langsam in eine geduckte Haltung auf und suchte sich dann so leise wie möglich einen Weg nach vorn, schob vorsichtig das Gras auseinander und sorgte dafür, dass es nicht geräuschvoll zurückschnellte, sobald er jeweils an den Stängeln vorbei war. Ein solch langsames und bedächtiges Vorgehen hatte in der Vergangenheit bei zahlreichen Begegnungen mit Soldaten und Proktoren der Theokratie sein Überleben gewährleistet. Als er jedoch ein Stück weiter voraus das trockene Knacken einer Schmalpistole hörte, wusste er, dass es Zeit wurde, sich eher schnell als leise zu bewegen.
    Er drängte sich jetzt kraftvoll durchs Gras, schob die Stängel mit den Unterarmen zur Seite. Er erreichte einen Kanal zwischen zwei Grasflächen, blickte prüfend nach rechts und sah dort Fußabdrücke und eine Heroyne, die nur dreißig Meter entfernt den Kanal entlangstakste und an deren lehnstuhlähnlicher Gestalt Einschusswunden zu erkennen waren. Grant sprang über den Kanal und stürmte weiter. Er wusste, dass Shree diese Tiere von jeher verabscheute, aber entgegen jeder Logik und jedes Verstandes musste sie auf dieses Exemplar geschossen haben. Ihr kürzliches Scheitern musste sie ernsthaft aus dem Gleichgewicht geworfen haben, wenn sie etwas derart Dummes getan hatte.
    Wenn eine Heroyne zu aufgeregt wurde, war sie gewiss nicht darüber erhaben, einen Menschen zu verspeisen, aber ihre Sinne entsprachen nicht denen einer Siluroyne oder Schnatterente. Sie spürte die unterirdische Fortbewegung ihrer üblichen Beute aus Schlammschlangen mit den Füßen auf – und so war es möglich, der Aufmerksamkeit einer Heroyne zu entgehen, indem man einfach ganz still hielt. Wie bei anderen der hiesigen Raubtiere galt jedoch: Wenn man eine Heroyne wirklich sauer machte, setzte sie einem mit bösartiger Beharrlichkeit nach und trampelte auf der Suche nach einem jeden Flötengrasstängel der Umgebung nieder. Andererseits schätzte Grant jedoch Shree womöglich falsch ein, denn die Kreatur war von den Ereignissen hier sehr erregt, und Shree konnte ganz unabsichtlich direkt über sie gestolpert sein.
    »He, Shree!«, rief er. »Warum machst du die örtlichen Tiere rebellisch?«
    »Wenn du mir weiter folgst, Grant, bist du tot«, entgegnete Shree. »Du bist langsam, und du hast vergessen, wie man so etwas macht.«
    Ein Teil des Flötengrases vor ihm war flachgedrückt; der Rest bestand aus Inseln, gebildet von einem Gestrüpp aus zerbrochenen Stängeln. Während sich Grant durch eine davon arbeitete, fielen ihm Haufen von Stängeln und

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