Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
angesichts eines gefährlichen Feindes waren sie die Linie, die nicht überquert werden durfte.
    Die Triebwerke steigerten ihre Leistung, und alle Waffensysteme gingen online, die dies noch nicht zuvor getan hatten. Maser durchschnitten die Distanz zum Mechanismus; Laser auf ausgewählten Frequenzen des Spektrums sondierten ihn auf Schwachstellen. Raketenkarusselle drehten sich, während sie kontinentespaltende Geschosse in die Magazine der Schienenkanonen einführten. Die elektromagnetischen Bänder quollen über von jeglicher Form Kriegsviren, über die die Cheops verfügte.
    Janice fragte sich manchmal, wie stark die Verknüpfung mit Cheops ihr menschliches Selbst unterdrückte. Wäre sie ohne diese Verknüpfung bereit gewesen, sich so in die Schlacht zu stürzen? Wäre sie ohne diese enge beiderseitige Verbindung bereit gewesen, ihre Pflicht zu tun, dafür möglicherweise ihr Leben zu opfern? Während die Laser einfach abgelenkt wurden und sich die Punkthitze der Maser in dem gewaltigen Objekt verstreute, machte sich Janice für die letzte Möglichkeit bereit: Rammen, verbunden mit der gleichzeitigen Detonation aller Reaktoren des Schiffs.
    »Zeitigen die Viren eine Wirkung?«, fragten sie und Cheops zugleich.
    »Ein wenig, aber der Mechanismus scheint darauf vorbereitet«, antworteten sie beide.
    Zehntausend Kilometer, achttausend. Janice spürte, wie sich völlige Gelassenheit in ihr ausbreitete. Ja, sie war bereit, das zu tun.
    »Feuer.«
    Wie zornige Wespen, die aus ihrem Nest schwärmten, jagten CTDs aus den Schienenkanonen hervor, die Geschwindigkeit begrenzt, denn massive Beschleunigungswerte konnten zu Brüchen der Eindämmung führen. Sie näherten sich wie fünf Tonnen schwere Stahlhaie ihrem Ziel. Etwas blitzte auf. Die Gravitationswaffe. Die Cheops bockte, als rammte sie sich durch eine Mauer von fast einem Kilometer Dicke. Der Schiffsrumpf bog und verdrehte sich; Wände barsten, und Atmosphäre jagte durch hundert Meter lange Risse in der Außenhülle. Die Subraumtriebwerke zerbrachen und verstreuten Pseudomaterie und halbreale Bauteile wie fremdartige Regenbögen. Die Fusionstriebwerke brannten eine halbe Sekunde lang schmutzig, als die magnetische Eindämmung versagte, zerfraßen das Gesicht der Pyramide, die sie in sich barg, und fielen stotternd aus.
    Achtundvierzig Geschosse detonierten; zahlreiche massive Explosionen jagten Atomfeuer durch dreißigtausend Kubikkilometer Vakuum. Eine Feuerwand rammte die Cheops, trug Außenhülle ab, brannte sich ins Innere und verbrannte hier Bauteile zu Schlacke, sodass nur sehr wenige Systeme verfügbar blieben. Einige Sensoren arbeiteten jedoch noch, als die Cheops Kalypse ein neues Gesicht zuwandte. Janice spürte einen Augenblick lang Freude, als sie sah, dass fünf Raketen nach wie vor auf Kurs waren. Dann streckte sich der Mechanismus, wurde zu einer Linie, die sich an ihr vorbei Richtung Masada erstreckte, verschwand von der hiesigen Position und tauchte eine Million Kilometer weit hinter Janice wieder auf. Die Geschosse jagten weiter ins Antlitz von Kalypse. Sie explodierten nicht; ihr Ziel war verschwunden.
    Wir folgen euch dorthin, dachte Janice, aber Cheops machtedas zunichte. Die Gravitationswelle und nachfolgende Explosionen hatten sie aus dem Kurs geworfen. Sie würden ein Slingshot-Manöver rings um Kalypse ausführen, mehr nicht.
    Janice würde also derzeit nicht sterben, aber nachdem sie darauf vorbereitet gewesen war, empfand sie eine tiefe nagende Enttäuschung und tastete fast unbewusst nach der Selbstzerstörungsanlage des Schiffs. Cheops nahm ihr die Kontrolle darüber aus der Hand wie ein Erwachsener, der einem Kind ein scharfes Messer wegnimmt.
    »Wir haben getan, was wir konnten«, erklärte ihr die KI.
    Janice lag in ihrem Sarkophag und hätte am liebsten geweint, stellte jedoch fest, dass sie es nicht konnte.
    Amistad löste die optischen Verbindungen und sprang ins Vakuum hinaus. Seine Frustration verging in einer Mikrosekunde und ließ kühle Berechnung zurück. Er musste akzeptieren, dass ihm die Geostatkanone etwa so viel nützte wie ein Maschinengewehr gegen einen heranfahrenden Kampfpanzer.
    »Vielleicht kannst du etwas damit anfangen«, sagte er und übertrug die Lenkung der Waffe an die planetare KI.
    »Danke«, sagte Ergatis und wandte die Kanone wieder dem Planeten zu, wo in diesem Augenblick fünf weitere dieser glockenförmigen Disruptoren auftauchten.
    »Penny Royal, wo steckst du?«, fragte Amistad.
    »Durchquere die

Weitere Kostenlose Bücher