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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gelegentliche Brocken herausgerissener Wurzelstöcke auf. Shree war unterwegs zu der Stelle, wo dieses Ding vom Himmel geschossen worden war, und wenn sie diesem Weg weiter folgte, würde sie in einer Zone ankommen, wo das ganze Gras entweder flach gedrückt oder versengt worden war. Dort war sie dann ungeschützt. Grant brauchte also nur noch darauf zu achten, dass er hinter ihr blieb, was nicht allzu schwierig sein dürfte, da sie eine perfekt sichtbare Spur hinter sich herzog. Als ihm dann unvermittelt klar wurde, wie perfekt diese Spur zu sehen war, blieb er am Rand einer Freifläche stehen, wo das Flötengras in einer Spirale niedergedrücktworden war, vermutlich von einem kleinen Wirbelwind. Dort hockte er sich hin.
    Was hätte er in ihrer Lage getan? Natürlich hatte sie recht; er hatte sich als langsam erwiesen. Sie hatte sicher einen Bogen zurück zur eigenen Fährte geschlagen und lauerte ihm auf. Er bog nach rechts ab, denn natürlich war das Gebiet direkt voraus perfektes Gelände für einen Hinterhalt. Langsam folgte er einer Kreisbahn um die Freifläche, zehn Meter tief im Gras, und versuchte Shrees Spur zu finden. Die Chance betrug fünfzig zu fünfzig – sie konnte den Bogen auch auf der anderen Seite zurückgelegt haben. Er blieb stehen und entschied, ein Risiko einzugehen.
    »Ich versuche, dir das Leben zu retten, Shree!«, rief er. »Entweder nehme ich dir diesen Zylinder wieder ab, oder der Techniker tut es – deine Entscheidung.«
    »Großzügig von dir«, sagte sie unweit von ihm.
    Grant warf sich in Deckung, hörte das Knacken ihrer Schmalpistole und spürte einen Aufprall am Oberschenkel. Er prallte unglücklich am Boden auf, sodass ihm Schmerzen durch die Rippen stachen, wälzte sich zur Seite und feuerte blind hinter sich. Er rappelte sich wieder auf, wobei er das Bein nachzog, und versuchte Shree ausfindig zu machen. Dies gelang ihm anhand des Mündungsblitzes ihrer Waffe, als ihn der zweite Schuss an der Schulter traf und herumriss.
    »Wirf deine Pistole weg, oder mein nächster Schuss geht durch deinen Kopf«, sagte sie, jetzt viel näher.
    Er blickte hinter sich. Dort stand Shree fünf Meter entfernt, die Waffe mit beiden Händen ruhig auf ihn angelegt. Er zweifelte nicht daran, dass sie es ernst meinte. Er warf die eigene Waffe weg und drehte sich um; Schmerzen schossen ihm durch die Schulter, und das Bein fühlte sich wie toter Ballast an.
    »Du hast mich also erwischt, Shree, aber das ändert nichts an deiner Lage.« Er stemmte sich in die Sitzhaltung hoch. »Du musst tagelang laufen, ehe du eine Chance findest, ein schnelleres Beförderungsmittel zu finden, und der Techniker ist da draußen und hält sich für dich bereit.«
    »Das sagst du«, war alles, was sie hervorbrachte, aber sie schien verunsichert.
    »Gib auf, Shree«, sagte er. »Gib mir den Zylinder, und ich lasse dich laufen – ich folge dir nicht mehr.« Er deutete auf sein Bein, das langsam richtig wehtat.
    Sie nahm eine Hand von der Waffe, griff unter die Jacke, holte den Zylinder hervor und hielt ihn hoch. »Den hier? Wie wäre es, wenn ich ihn hier einfach in die Gegend werfe?«
    »Tombs schien recht zuversichtlich. Ich denke, der Techniker hat eine Möglichkeit, ihn zu orten, was wiederum der Grund ist, warum ich sage: Gib ihn mir einfach und lauf so schnell du kannst von hier fort. Du hast dieses Ding am Himmel gesehen. Denkst du, hier ginge es nur um …«
    Hinter ihm raschelte das Flötengras – etwas Großes bewegte sich dort –, und er bekam eine Gänsehaut, fand nicht wirklich Gefallen an der Vorstellung, auf dem Weg des Technikers zu liegen. Shree riss die Augen weit auf. Sie steckte den Zylinder unter die Jacke zurück und packte die Pistole jetzt wieder mit beiden Händen.
    »Shree …«
    Ein großes langes Bein, das in einem dreizehigen Fuß mit Häuten zwischen den Zehen endete, senkte sich von oben herab und zermalmte den Erdboden nur wenige Meter vor Grant, und eine Gestalt verdeckte die Sonne. Shree feuerte los und pumpte einen Schuss nach dem anderen in diese Gestalt. Der zweite Fuß setzte direkt vor dem ersten auf. Die Heroyne stieß ein krächzendes Heulen aus; ihr langer Hals bildete einen Bogen vor dem Himmel. Der schnabelbewehrte, augenlose Kopf schien nur ein zwei Meter langer Fortsatz dieses Halses zu sein, und der Schnabel klaffte weit offen. Shree wandte sich zur Flucht, aber der Kopf der Heroyne zuckte herab und schloss den Schnabel wie eineriesige stumpfe Schere um sie. Die Kreatur

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