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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Ein gebogenes Hartfeld leuchtete dort oben auf, und ebenso zeichnete sich kurz etwas Schwarzes und Unscharfes dahinter ab, ehe sowohl diese Gestalt als auch das Feld erloschen und anschließend eine Feuerwelle über den Himmelfuhr. Jem blickte ihr nach, bis sie nicht mehr zu sehen war, und senkte dann den Blick auf die beiden Männer, die von hinten auf ihn zutraten. Beide trugen die gleichen Negativuniformen wie die Frau.
    »In diesem Tempo höchstens fünf Minuten«, antwortete die Frau. Jem wandte sich wieder ihr zu. Ihm war schwindelig und schlecht, aber er bemerkte ihre Furcht, als sie fortfuhr: »Sie hat gerade das erste Hartfeld zerstört.«
    »Dann bringen wir das jetzt am besten hinter uns«, sagte einer der Männer hinter Jem.
    Hände packten ihn an beiden Armen. Die beiden schleppten ihn auf Tinsch zu und schleuderten ihn zu Boden, wobei er mit der Nase schmerzhaft aufs Straßenpflaster knallte und Lichter durch sein Blickfeld fuhren. Ehe er sich erholen konnte, waren sie auf ihm, drehten ihn auf den Rücken und hielten ihn so fest. Tinsch, dessen Kleidung von schlichterem Zuschnitt war als die der anderen, kam herbei und hockte sich neben Jem, und zwischen Finger und Daumen hielt er einen Verstärker wie den, den er selbst trug. Es war eine Metallversion der Gabe und bestand aus Polistech, und Jem wurde klar, dass sie im Begriff standen, ihn in eine Bruderschaft ganz anderer Art aufzunehmen. Mit dieser abschließenden Tat gedachten sie ihn in deren Legionen zu rekrutieren.
    »Ist das nötig, David?«, fragte einer der Schwarzgekleideten und zog einen großen, böse aussehenden Dolch aus der Scheide an der Hüfte. »Das muss nicht kompliziert werden.«
    »Wenn dieses Ding durchbricht, bringt es uns vielleicht alle um«, sagte Tinsch.
    »Das wissen wir«, entgegnete der andere. Er scharrte mit der Dolchspitze an einer Tasche, die er vorn am Gürtel trug – einen Packen mit Antipersonenminen. Sie alle führten solche mit, stellte Jem fest. Sie hatten genug Sprengwirkung dabei, um die Gebäude entlang der ganzen Straße zu entkernen.
    »Aber wenn wir sein Hirn ausfräsen, haben wir ein Druckmittel.« Tinsch tippte mit einem Finger auf den Metallverstärker. »Die KIs werden den Inhalt haben wollen, und das Ding ist direkt mit meinem Verstärker verbunden – sollte ich umkommen, wird der kleine Sprengsatz darin detonieren.«
    »Kaum ein Trost für uns andere«, witzelte der Messerstecher.
    »Das zweite Hartfeld wurde zerstört!«, rief die Frau. »Um Himmels willen, bringt es endlich zu Ende!«
    »Dreht seinen Kopf.«
    Jem wehrte sich, so gut er konnte, aber die Arme, die ihn festhielten, waren wie Stahlklammern. Im Augenwinkel sah er, wie Tinsch den Verstärker zu seiner Schädelflanke führte. Er erkannte den üblichen Ankerring daran – der dazu diente, das Gerät im Knochen hinter dem Ohr des Empfängers zu befestigen –, aber die dünnen Nadeln, die jetzt schon an der Innenseite des Rings hervorwuchsen, waren alles andere als üblich.
    Ein dumpfer Aufprall wurde seitlich von ihm vernehmbar, und Jem erkannte darin einen Betäubungsschlagstock, der sein Ziel erreichte. Der Druck auf ihm sank, und der Verstärker wich ein wenig zurück. Er konnte den Kopf ein wenig drehen und sah, dass die Frau lang über ihrer Konsole lag.
    »Leg das weg«, verlangte eine raue Stimme.
    Das große Messer zuckte auf Jems Hals zu. Ein weiterer Aufschlag erfolgte, diesmal von anderer Art, und der Messerstecher schrie auf und wirbelte zur Seite, und der Griff eines anderen Messers ragte ihm aus der Schulter, während seine eigene Waffe klappernd auf der Straße landete. Etwas knackte – der Schuss einer Scheibenpistole –, und der andere Mann, der Jem hielt, kippte mit ausgestreckten Gliedern rückwärts. Jem packte das heruntergefallene Messer und krabbelte übers Straßenpflaster, vorbei an der Gestalt, die jetzt herankam. Er hätte Erleichterung empfinden müssen, Dankbarkeit, spürte aber nichts weiter als eine zerrende, nagende Angst tief im Kopf. Er kannte die Stimmedes Neuankömmlings, und diese Erkenntnis lag tief in die Finsternis eingebettet, die in seinem Schädel herrschte – und diesen aufzureißen drohte.
    »Du beschissener Verräter!« Tinsch hielt nach wie vor den Verstärker mit einer Hand umklammert, während die andere Hand zu den Granaten an seinem Gürtel irrte.
    »Eine anfechtbare Beschuldigung«, wandte der Neuankömmling ein.
    An einer Wand angelangt, stemmte sich Jem schwer atmend hoch und lehnte

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