Die Verlockung des Glücks (German Edition)
einen Berg von Muskeln unter einem dunkelblauen Polohemd, statt in Bettys langsam runzelig werdendes Gesicht.
Ich brauche einen Moment , um zu begreifen, dass der Typ der dort lässig in den Türrahmen gelehnt steht, ein Riese zu sein scheint und ich meinen Kopf ein Stück in den Nacken legen muss, um ihm ins Gesicht schauen zu können. Tatsächlich reiche ich ihm kaum bis zur Schulter.
Einen weiteren Moment benötige ich, um zu begreifen, woher ich den Typen kenne.
Das ist der unverschämte Parkplatzdieb!
Ich bin jetzt vollends verwirrt, stehe nur da und glotze ihn weiterhin schweigend an.
In seinen Augen zeigt sich jetzt ein amüsiertes Funkeln und sie scheinen so blau, wie der Himmel an einem klaren Wintertag. Ich kann kein Zeichen eines Wiedererkennens seinerseits darin finden und bin auch nicht wirklich böse darüber, dass er sich anscheinend nicht daran erinnern kann, dass ich ihn heute Nachmittag wüst beschimpft habe.
„Kann ich d ir irgendwie helfen?“ Seine Stimme ist tief und die Art und Weise, auf die er die Wörter betont, erinnert mich an das Deutsch meiner Mutter.
Ich muss mich zweimal räuspern, bevor ich ihm antworten kann.
„Ich wollte zu Betty!“ Meine Stimme klingt zwischen empört und anklagend.
„Sie ist im Moment nicht da. Was wo lltest du denn von ihr?“ Er ist - im Gegensatz zu mir - völlig gelassen.
„Eiswürfel!“ Es klingt wie ein Befehl und mir fällt selbst auf, dass ich gerade nicht unbedingt höflich bin.
Der Parkplatzdieb zeigt sich davon unbeeindruckt. Er steht immer noch lässig in der Tür und verschränkt die Arme vor seiner breiten Brust, während sein Blick von meinem Gesicht über meinen Körper wandert und neugierig an meinem knielangen Kleid und meinen High Heels hängen bleibt.
„Machst du d ich immer so schick, wenn du meine Oma besuchst?“
„ Schick? Ich sehe immer so aus, selbst bei der Gartenarbeit!“, antworte ich ihm ziemlich patzig. Ich habe nur wenig Lust, ihm zu erklären, dass ich ausgehen wollte und versetzt worden bin.
Das Grinsen in seinem Gesicht wird noch breiter und ich bin mir sicher, dass er mir nicht ein Wort glaubt.
„Ic h schaue, ob ich Eiswürfel für dich finde!“, sagt er schließlich und wendet sich ab, um in die Küche zu gehen, ohne mich hereinzubitten. Ich höre, wie er die Tür des Gefrierschranks öffnet und dann erklingt das Knirschen einer Schublade, die über Eiskristalle kratzt. Eine halbe Minute später kommt er mit zwei Lagen Eis in diesen Einmal-Eiswürfeltüten wieder, die ich sonst auch immer verwende.
„Bitteschön!“, er hält mir die beiden Beutel hin und ich reiße sie ihm fast aus der Hand, weil ich es so eilig habe, wieder von ihm wegzukommen.
„Danke!“, bringe ich gerade noch heraus, während ich mich schon umdrehe, um wegzugehen. Auf dem kurzen Weg zurück zu meinem Häuschen kann ich seinen Blick in meinem Rücken spüren, solange bis ich die Tür hinter mir geschlossen habe.
+++
Als sie plötzlich in der Tür stand, hat er einen Moment gebraucht, um zu registrieren, woher er sie eigentlich kennt.
Bis er die Frau vor der Tür mit der Frau vom Parkplatz heute Nachmittag überein gebracht hat, dauert es einige Augenblicke.
Sie sieht immer noch niedlich aus, beinahe winzig klein und zierlich, ohne dabei mager zu sein. Ihr Gesicht ist zart, grüne Augen, rötliche Haare, ein paar Sommersprossen. Sie ist keine Modelschönheit, aber er würde sie trotzdem durchaus als attraktiv bezeichnen.
Das Kleid, das sie trägt, bringt ihre Haare und ihre Augen zum Leuchten. Offenkundig hat sie sich schick gemacht und wollte ausgehen. Kein Mensch trägt solche Klamotten, nur um zu Hause zu bleiben. Sein Blick fällt auf ihre Schuhe. Sie trägt Absätze, die mit Sicherheit 10cm hoch sind, wenn nicht höher. Trotzdem ist sie über einen Kopf kleiner als er.
Das muss Sophie sein!
Seine Großmutter hat so viel über sie geredet, dass er langsam das Gefühl hat, sie schon Jahre zu kennen.
Sie riecht gut, nach Orangenschalen und Gewürzen, süß, weiblich und üppig, ohne dass es aufdringlich wirkt. Heute Nachmittag auf dem Parkplatz, da roch sie noch ganz anders. Zitronig und nach Seife und darunter ein bisschen nach frisch verschwitzter Frau.
Bei dem Gedanken an ihren Geruch von heute Nachmittag fragt sich Matt unwillkürlich, wie sie wohl beim Sex riechen würde.
Nichts was sich nicht herausfinden lassen würde!
Er schaut ihr noch einen Augenblick lang nach.
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