Die Verlockung des Glücks (German Edition)
aufnehmen zu können.
Er drängt sich selbstsicher an mir vorüber und steuert zielgerichtet auf die offene Küchentür zu. Ein bisschen unsicher gehe ich hinter ihm her. In der Küche angekommen hole ich ihm ein Glas aus dem Schrank und befülle auch seins mit Eiswürfeln und Wodkagemisch, bevor ich es ihm reiche.
Während er das Glas in die Hand nimmt und kurz in meine Richtung prostet, betrachte ich ihn genauer.
Er ist wirklich ein ziemlich gut aussehender Mann, seine Augen sind von einem erstaunlichen himmelblau, sein Gesicht ist kantig und männlich. Vom rechten Mundwinkel aus verläuft, fast parallel zu seiner Unterlippe, eine kleine Narbe bis circa zur Mitte seines schön geschwungenen Mundes. Für einen Mann sind seine Lippen fast ein bisschen zu voll, aber sein Mund hat einen so energischen Zug, dass es mir trotzdem gefällt. Seine Haare sind ein bisschen zu lang, er sieht aus, als ob er mal wieder zum Friseur müsste, aber was bei anderen Männern schnell ungepflegt aussieht, wirkt bei ihm irgendwie verwegen. Sie scheinen nach der Dusche noch nicht ganz getrocknet und ich würde gerne mal mit den Fingern durchfahren, um zu testen, wie sich sein Haar wohl anfühlen mag.
Während ich ihn einer eingehenden Inspektion unterziehe, nimmt er den ersten Schluck aus seinem Glas und reißt dann erstaunt die Augen auf.
„Verdammt! H ast Du ein Alkoholproblem, oder was ist mit diesem …“, er macht eine Kopfbewegung, die auf das Glas in seiner Hand deutet, das er ein wenig fassungslos anschaut und holt dann tief Luft, bevor er fortfährt: „… mit diesem seltsamen Gesöff los?“
Innerlich muss ich lachen, denn ich muss zugeben, dass es mir wirklich nicht sehr gut gelungen ist, ein Getränk herzustellen, in dem man den Alkohol nicht schmecken kann. Die halbe Flasche Wodka war vielleicht doch ein klein wenig übertrieben.
Ich bleibe nach außen hin betont cool und schenke ihm ein strahlendes Lächeln.
„Zu stark für dich?“ I ch nehme selbst noch einen tiefen Schluck, nur um ihm zu beweisen, dass mir der Alkohol rein gar nichts ausmacht. Was natürlich nicht stimmt, denn ich merke schon, wie er mir langsam zu Kopf steigt, aber das muss er ja nicht wissen.
Er sucht etwas in seiner Hosentasche und kramt schließlich sein Handy hervor und ich höre ihm zu, während er ein Taxi ruft.
Dann schaut er mir tief in die Augen und stürzt anschließend den Rest des Glases mit einem Zug herunter. Danach nimmt er mir mein Glas, das immer noch fast halb voll ist, aus der Hand und stellt es auf den Küchentisch. Dabei streifen seine Finger meine einen kurzen Augenblick und ein warmes Prickeln macht sich dort breit, wo unsere Hände sich berührt haben. Ich ziehe meine Hand schnell zurück und in mir läuten alle Alarmglocken auf.
Wenn ich in meinem Leben etwas rein gar nicht gebrauchen kann, dann ist das diese Art von Gefühlen für einen Mann. Ich habe den Männern abgeschworen, seit ich zwanzig bin und seitdem nur noch sehr oberflächliche Affären gehabt. Und selbst da ist die letzte schon so lange her, dass ich mich kaum noch daran erinnern kann.
Man braucht nicht sehr viel Menschenkenntnis, um zu erkennen, dass er ein Weiberheld und ein Schürzenjäger ist. Alles an ihm, von seinem verwegenen Haarschopf, über sein charmantes Lächeln, seinen flachen, muskulösen Bauch und seinen schicken Schuhen scheint wie dafür gemacht, eine Frau im Handumdrehen in ein sabberndes Häufchen Hormone zu verwandeln. Und auch bei mir verfehlt das alles seine Wirkung nicht. Ich merke, wie mir unter seinem Blick die Röte in die Wangen steigt und wie mein verräterischer Körper eine ganz bestimmte Stelle unterhalb meiner Gürtellinie mit deutlich mehr Blut versorgt, als dort normalerweise benötigt wird. Das verräterische Prickeln breitet sich von meinen Händen über meinen gesamten Körper aus, als er mich am Handgelenk fasst und in Richtung Tür zieht. Und all das, obwohl ich mir eigentlich ziemlich sicher bin, ihn gar nicht leiden zu können.
„Würdest du mir bitte mal verraten, was du eigentlich vorhast?“ Ich bin froh, dass man meiner Stimme meinen Zustand nicht anhört.
„Dich zum Essen ausführen und danach irgendwo mit dir hingehen, wo man etwas Vernünftiges zu trinken bekommt und nicht so ein unerträgliches Zeug, wie du es da zu dir nimmst!“ Er macht eine vage Bewegung Richtung Küchentisch, auf dem unsere beiden Gläser stehen und zieht mich dann weiter Richtung Haustür.
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