Die Verlorene Ehre der Katerina Blum
Wissenschaftlers und Industriellen schamlos missbraucht. Es liegen inzwischen der ZEITUNG Informationen vor, die fast schlüssig beweisen: nicht sie erhielt Herrenbesuch, sondern sie stattete unaufgefordert Damen besuch ab, um die Villa auszubaldowern. Die geheimnisvollen Autofahrten der Blum sind nun nicht mehr so geheimnisvoll. Sie setzte den Ruf eines ehrenwerten Menschen, dessen Familienglück, seine politische Karriere – über die die ZEITUNG schon mehrfach berichtet hat – skrupellos aufs Spiel, gleichgültig gegenüber den Gefühlen einer loyalen Ehefrau und den vier Kindern. Offenbar sollte die Blum im Auftrag einer Linksgruppe die Karriere von S. zerstören.
Will die Polizei, will die Staatsanwaltschaft tatsächlich dem schandebedeckten Götten glauben, der die Blum voll entlastet? Die ZEITUNG erhebt zum wiederholten Male die Frage: Sind unsere Vernehmungsmethoden nicht doch zu milde? Soll mau gegen Unmenschen menschlich bleiben müssen?
Unter den Bildern von Blorna, Frau Blorna und der Villa:
In diesem Haus arbeitete die Blum von sieben bis sechzehn Uhr dreißig selbständig, unbewacht, mit dem vollen Vertrauen von Dr. Blorna und Frau Dr. Blorna. Was mag sich hier alles abgespielt haben, während die ahnungslosen Blornas ihrem Beruf nachgingen! Oder waren sie nicht so ahnungslos? Ihr Verhältnis zur Blum wird als sehr vertraut, fast vertraulich bezeichnet. Nachbarn erzählten ZElTUNGsreportern, mau könne fast von einen? freundschaftlichen Verhältnis sprechen. gewisse Andeutungen übergehen wir hier, da sie nicht zur Sache gehören. Oder doch? Welche Rolle spielte Frau Dr. Gertrud Blorna, die in den Annalen einer angesehenen TH heute noch als die “rote Trude” bekannt ist? Wie konnte Götten aus der Wohnung der Blum entkommen, obwohl ihm die Polizei auf den Fersen war? Wer kannte die Konstruktionspläne des Appartementhauses “Elegant am Strom wohnen” bis ins letzte Detail? Frau Blorna. Die Verkäuferin Hertha Sch. und die Arbeiterin Claudia St. sagten übereinstimmend zur ZEITUNG. “Die, wie die miteinander tanzten (gemeint sind die Blum und der Bandit Götten) – als hätte,z sie sich schon ewig gekannt. Das war kein zufälliges Treff en, das war ein Wiedersehen.”
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Als Beizmenne später intern kritisiert wurde, weil er Götten, von dessen Aufenthalt in der Sträublederschen Villa er schon seit Donnerstagabend 23,30 Uhr wußte, fast achtundvierzig Stunden unbehelligt gelassen und damit ein weiteres Entkommen Göttens riskiert hatte, lachte er und sagte. Götten habe schon ab Donnerstag um Mitternacht keine Chance mehr gehabt zu entkommen. Das Haus liege im Wald, sei aber auf eine geradezu ideale Weise von Hochsitzen “wie von Wachtürmen” umgeben, der Innenminister sei voll informiert und mit allen Maßnahmen einverstanden gewesen; es sei per Hubschrauber, der natürlich nicht in Hörnähe gelandet sei, sofort ein Spezialtrupp in Marsch gesetzt, auf die Hochsitze verteilt worden, am anderen Morgen sei die lokale Polizeidienststelle durch weitere zwei Dutzend Beamte auf die diskreteste Weise verstärkt worden. Das wichtigste wäre gewesen, Göttens Kontaktversuche zu beobachten, und der Erfolg habe das Risiko gerechtfertigt. Es seien fünf Kontakte ausgemacht worden. Und man habe natürlich diese fünf Kontaktpersonen erst stellen und festnehmen, ihre Wohnungen durchsuchen müssen, bevor man Götten festnahm. Man habe bei diesem erst zugegriffen, als er auskontaktiert gewesen sei und leichtsinniger- oder frecherweise sich so sicher gefühlt habe, dass man ihn von außen habe beobachten können. Einige wichtige Details verdanke er übrigens den Reportern der ZEITUNG, dem dazu gehörenden Verlag und den mit diesem Haus verbundenen Organen, die nun einmal lockere und nicht immer konventionelle Methoden hätten, Einzelheiten zu erfahren, die amtlichen Rechercheuren verborgen blieben. So habe sich zum Beispiel herausgestellt, dass Frau Woltersheim ebensowenig ein unbeschriebenes Blatt sei wie Frau Blorna. Die Woltersheim sei 1930 als uneheliches Kind einer Arbeiterin in Kuir geboren. Die Mutter lebe noch, und zwar wo? In der DDR, und das keineswegs gezwungenermaßen. sondern freiwillig; es sei ihr mehrmals, erstmalig 1945, noch einmal 1952. ein weiteres Mal 1961 kurz vor dem Mauerbau angeboten worden, in ihre Heimat Kuir zurückzukommen, wo sie ein kleines Haus und einen Morgen Land besitze. Aber sie habe – und das dreimal und alle drei Male ausdrücklich -abgelehnt. Noch ein paar
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