Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
Wunderbares. Das Unternehmen schuf nämlich die Bell-Labors, eine spektakuläre Forschungseinrichtung, in der sich reine und angewandte Forschung nebeneinander entwickelten.
Robert Wilson, der ein detailversessener Liebhaber technischer Apparate war, und Arno Penzias, ein eher am großen Ganzen interessierter Naturwissenschaftler, arbeiteten beide dort und entwickelten Radioteleskope, die sie auch benutzten. Wilson und Penzias hatten ein Interesse an Naturwissenschaft und Technik, während AT&T verständlicherweise an der Nachrichtenübertragung interessiert war, so dass für alle Beteiligten Radiowellen am Himmel von Bedeutung waren.
Bei der Verfolgung eines bestimmten radioastronomischen Ziels entdeckten Wilson und Penzias etwas, das sie ursprünglich für eine rätselhafte Störung hielten, die sie einfach nicht erklären konnten. Es schien ein einheitliches Hintergrundsrauschen zu sein – das im Wesentlichen statisch war. Es kam nicht von der Sonne und ging auch nicht auf einen Atomwaffentest aus dem Vorjahr zurück. Bei ihrem neunmonatigen Versuch, herauszufinden, was hier vor sich ging, probierten sie jede Erklärung aus, die sie sich vorstellen konnten, wobei die bekannteste die mit dem Taubenkot war. Nachdem sie alle vorstellbaren Möglichkeiten erwogen, den Taubenkot (oder »das weiße dielektrische Material«, wie Penzias ihn nannte) weggewischt und sogar auf die Tauben geschossen hatten, war das Rauschen immer noch da.
Wilson sagte mir, welch großes Glück sie mit dem Zeitpunkt ihrer Entdeckung hatten. Vom Urknall wussten sie zwar nichts, aber Robert Dicke und Jim Peebles an der Princeton University wussten davon. Die Physiker dort hatten kurz zuvor erkannt, dass eine Folge der Theorie eine Mikrowellen-Reststrahlung wäre. Sie waren gerade im Begriff, ein Experiment zu planen, um diese Strahlung zu messen, als sie entdeckten, dass ihnen jemand zuvor gekommen war – nämlich die Wissenschaftler vom Bell-Labor, denen noch nicht klar war, was sie entdeckt hatten. Zum Glück für Penzias und Wilson wusste der MIT-Astronom Bernie Burke, den Robert Wilson mir gegenüber als die frühe Version des Internets schilderte, von der Forschung in Princeton und kannte auch die Entdeckung von Penzias und Wilson. Er reimte sich die Sache zusammen und führte die Verknüpfung zum Höhepunkt, indem er die fraglichen Akteure miteinander in Kontakt brachte.
Das war ein großartiges Beispiel für Naturwissenschaft in Aktion: Die Forschung wurde wegen eines bestimmten wissenschaftlichen Zweckes durchgeführt, der außerdem einen untergeordneten technischen und wissenschaftlichen Nutzen haben konnte. Die Astronomen suchten zwar nicht nach dem, was sie fanden, waren aber technisch und naturwissenschaftlich äußerst bewandert. Als sie etwas entdeckten, wussten sie, dass sie es nicht von der Hand weisen konnten. Während sie nach relativ kleinen Phänomenen suchten, resultierte ihre Forschung in einer Entdeckung mit ungeheuer weitreichenden Folgen. Das war deshalb möglich, weil sie und andere zugleich auch über das große Ganze nachdachten. Die Entdeckung der am Bell-Labor arbeitenden Naturwissenschaftler war zwar ein Zufall, aber sie veränderte die Wissenschaft der Kosmologie für immer.
Die kosmische Strahlung hat sich als ein gewaltiges Werkzeug erwiesen – nicht bloß zur Bestätigung des Urknalls, sondern für die Wandlung der Kosmologie zu einer Präzisionswissenschaft. Die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung (cosmic microwave background, CMB) ermöglicht es uns, die Vergangenheit auf eine ganz andere Art und Weise zu beobachten, als es für herkömmliche astronomische Messungen der Fall war.
In der Vergangenheit hätten Astronomen üblicherweise Objekte am Himmel beobachtet, versucht, ihr Alter zu bestimmen und dadurch die Entwicklungsgeschichte, die diese Objekte hervorbrachte, zu rekonstruieren. Mit Hilfe von CMB können Naturwissenschaftler jetzt auch direkt in die Vergangenheit zurückblicken, sogar bevor sich Strukturen wie Sterne und Galaxien überhaupt gebildet hatten. Das Licht, das sie beobachten, wurde vor langer Zeit ausgestrahlt – schon sehr früh in der Entwicklung des Universums. Als der Mikrowellen-Hintergrund, den wir jetzt beobachten, ausgestrahlt wurde, hatte das Universum nur ein Tausendstel seiner heutigen Größe.
Obwohl das Universum ursprünglich mit allen möglichen Arten von Elementarteilchen angefüllt war – sowohl mit geladenen als auch mit ungeladenen –, fügten
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