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Weihnachten mit Maigret

Weihnachten mit Maigret

Titel: Weihnachten mit Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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    Es war jedesmal dasselbe. Beim Zubettgehen hatte er seufzend gesagt:
    »Morgen werde ich mich ordentlich ausschlafen.«
    Und Madame Maigret hatte ihn beim Wort genommen, als hätte sie in all den Jahren nichts gelernt, als wüsste sie nicht, dass man solcherart hingeworfenen Bemerkungen keinerlei Bedeutung beimessen durfte. Auch sie hätte ausschlafen können. Sie hatte keinen Grund gehabt, früh aufzustehen.
    Trotzdem war es noch nicht ganz hell gewesen, als er gehört hatte, wie sie sich vorsichtig zwischen ihren Laken bewegte. Er hatte keinen Mucks von sich gegeben und sich gezwungen, regelmäßig und tief zu atmen wie jemand, der schläft. Das Ganze glich einem Spiel. Es war rührend, wie sie sich mit der Behutsamkeit eines Tiers der Bettkante näherte und nach jeder Bewegung innehielt, um sich zu vergewissern, dass er nicht aufgewacht war. Es gab einen Augenblick, auf den er immer gleichsam gespannt wartete: wenn sich die Sprungfedern des Betts, von dem Gewicht seiner Frau befreit, mit einem leisen, seufzenden Geräusch dehnten.
    Dann nahm sie ihre Kleider vom Stuhl, brauchte eine Ewigkeit, um den Knauf der Badezimmertür zu drehen: dann, endlich, in der sicheren Entfernung der Küche, bewegte sie sich normal.
    Er war wieder eingeschlafen. Nicht sehr tief, nicht für lange. Trotzdem lange genug für einen verworrenen und bewegenden Traum. Hinterher gelang es ihm nicht mehr, sich daran zu erinnern, aber er wusste, dass es bewegend gewesen war, und befand sich danach in gleichsam weicherer Stimmung.
    Durch die Vorhänge, die sich nie ganz zuziehen ließen, drangen die ersten bleichen und harten Lichtstrahlen. Er blieb noch einen Augenblick auf dem Rücken liegen, die Augen geöffnet. Der Kaffeeduft stieg ihm in die Nase, und als er hörte, wie sich die Wohnungstür öffnete und wieder schloss, wusste er, dass Madame Maigret eilig hinuntergegangen war, um warme Croissants für ihn zu holen.
    Er aß morgens nie etwas, sondern trank nur schwarzen Kaffee. Aber auch das war ein Ritus, eine Idee seiner Frau: An Sonn- und Feiertagen wurde von ihm erwartet, dass er bis in die späten Morgenstunden im Bett blieb, während sie für ihn an der Ecke der Rue Amelot Croissants holte.
    Er stand auf, zog seine Pantoffeln an, schlüpfte in seinen Morgenmantel und öffnete die Vorhänge. Er wusste, dass er das nicht tun sollte, dass sie betrübt sein würde. Um ihr eine Freude zu machen, wäre er zu großen Opfern bereit gewesen, nur im Bett bleiben, wenn er dazu keine Lust mehr hatte, das konnte er nicht.
    Es schneite nicht. Es war lächerlich, noch enttäuscht zu sein, er, ein Mann jenseits der Fünfzig, weil an einem Weihnachtsmorgen kein Schnee fiel. Aber ältere Leute sind nie so vernünftig, wie es die jungen Leute glauben.
    Der dicht verhangene, scheußlich weiße Himmel schien auf den Dächern zu lasten. Der Boulevard Richard-Lenoir war wie leergefegt, und auf der anderen Straßenseite über der großen Toreinfahrt wirkten die Buchstaben der Inschrift Entrepôts Legal, Fils & C ie pechschwarz. Das E sah, Gott weiß warum, traurig aus.
    Er hörte seine Frau wieder in der Küche hin und her gehen, sich auf Zehenspitzen ins Esszimmer schleichen, weiterhin darauf bedacht, leise zu sein, ohne zu ahnen, dass er schon am Fenster stand. Er sah auf seine Uhr auf dem Nachttisch und stellte fest, dass es erst zehn Minuten nach acht war.
    Am Abend zuvor waren sie ins Theater gegangen. Sie hätten gerne, wie alle anderen, hinterher im Restaurant einen Flappen gegessen, aber überall waren die Tische für das Festessen am Heiligabend vorbestellt gewesen, und so waren sie Arm in Arm zu Fuß nach Hause gegangen. Es war kurz vor Mitternacht gewesen, als sie zu Hause ankamen, und sie hatten sich nicht lange gedulden müssen, bis sie mit der Bescherung beginnen konnten.
    Eine Pfeife für ihn, wie immer. Für sie das neueste Modell einer elektrischen Kaffeemaschine, die sie sich gewünscht hatte, und traditionsgemäß ein Dutzend fein gestickter Taschentücher.
    Er stopfte mechanisch seine neue Pfeife. Einige Häuser auf der anderen Seite des Boulevards hatten Jalousien vor den Fenstern, andere nicht. Nur wenige Menschen waren schon wach. Hier und dort brannte noch immer Licht, wahrscheinlich, weil einige Kinder in aller Frühe aufgestanden waren, um zum Weihnachtsbaum und zu ihrem Spielzeug zu stürzen.
    Sie würden zusammen in ihrer warmen Wohnung einen friedlichen Vormittag verbringen. Maigret würde, ohne sich zu rasieren, lange im

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