Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
über den Minen und Tunnels nicht aus, um sicherzustellen, dass die Detektoren strahlungsfrei sind. Die Experimente schirmen die eigentlichen Detektoren zusätzlich auf verschiedene Weise ab. CDMS besitzt eine Schicht von umgebendem Polyethylen, das aufleuchtet, wenn etwas von außen durchkommt, das zu starke Wechselwirkungen aufweist, um dunkle Materie zu sein. Noch bemerkenswerter ist das umgebende Blei von einer gesunkenen Galeone aus dem 18. Jahrhundert. Älteres Blei, das jahrhundertelang unter Wasser war, hatte Zeit, um seine Radioaktivität zu verlieren. Es ist ein dichtes absorbierendes Material, das sich ideal für die Abschirmung des Detektors vor eintreffender Strahlung eignet.
Selbst bei allen diesen Vorsichtsmaßnahmen bleibt immer noch eine Menge elektromagnetischer Strahlung übrig. Die Unterscheidung der Strahlung von potentiellen Kandidaten für dunkle Materie erfordert eine weitere Diskrimination. Die Wechselwirkungen dunkler Materie ähneln Kernreaktionen, die dann auftreten, wenn ein Neutron auf das Ziel trifft. Umgekehrt entspricht das Phononen-Auslesesystem einem gewöhnlichen Elementarteilchenphysik-Detektor, der die Ionisierung misst, die entsteht, wenn das vermeintliche dunkle Materieteilchen durch das Germanium oder Silizium hindurchgeht. Gemeinsam können die beiden Messungen, der Ionisierung und der Phononenenergie, Kernereignisse – die erwünschten Prozesse, die das Ergebnis von dunkler Materie sein könnten – von Ereignissen, die auf Elektronen zurückgehen und die einfach von der Radioaktivität induziert werden, unterscheiden.
Andere schöne Eigenschaften des CDMS-Experiments betreffen die hervorragenden Messungen von Position und Zeitpunkt, zu denen es in der Lage ist. Das ist deshalb schön, weil die Zeitmessung der Phononen die Ermittelung der Position in der dritten Raumrichtung erlaubt, obwohl die Position ansonsten nur in zwei Raumrichtungen direkt gemessen wird. Die Experimentalphysiker können also genau lokalisieren, wo das Ereignis stattfand, und Oberflächenereignisse des Hintergrunds außer Acht lassen. Eine weitere schöne Eigenschaft besteht darin, dass das Experiment in die aufeinandergestapelten Detektoren von der Größe eines Pucks unterteilt ist. Ein wirkliches Ereignis wird ausschließlich in einem dieser Detektoren registriert. Lokal induzierte Strahlung wird dagegen nicht unbedingt auf einen einzelnen Detektor beschränkt sein. Mit all diesen Eigenschaften und einem noch besseren zukünftigen Design hat das CDMS gute Chancen, dunkle Materie zu finden.
Dennoch, so beeindruckend es auch sein mag, ist das CDMS doch nicht der einzige Detektor für dunkle Materie, und kryogene Anlagen sind nicht die einzig vorhandene Art. An einem späteren Tag in jener Woche nannte Elena Aprile, eine der Wegbereiterinnen für das Xenon-Experiment, vergleichbare Einzelheiten zu ihren Experimenten (XENON10 und XENON100) sowie zu anderen Experimenten, die mit verflüssigtem Edelgas durchgeführt wurden. Da diese bald die empfindlichsten Detektoren für dunkle Materie sein würden, verfolgten die Zuhörer auch ihren Vortrag mit gespannter Aufmerksamkeit.
Xenon-Experimente registrieren Ereignisse dunkler Materie durch ihre Szintillation. Flüssiges Xenon ist dicht und homogen, besitzt eine große Masse pro Atom (was die Häufigkeit der Wechselwirkung mit der dunklen Materie fördert), szintilliert gut, ionisiert recht bereitwillig bei Energieabgabe, so dass die beiden Arten der oben beschriebenen Signale effizient von elektromagnetischen Ereignissen unterschieden werden können, und ist im Vergleich mit anderen potentiellen Materialien relativ billig – obwohl der Preis im Laufe des Jahrzehnts um einen Faktor von sechs schwankte. Derartige Edelgasexperimente haben sich umso mehr verbessert, je größer sie wurden, und das sollten sie auch weiterhin tun. Bei einer größeren Menge von Material ist nicht nur die Entdeckung wahrscheinlicher, sondern der äußere Teil des Detektors kann den inneren Teil des Detektors auch wirksamer abschirmen, wodurch die Aussagekraft des Ergebnisses erhöht wird.
Durch die Messung der Ionisierung und der anfänglichen Szintillation unterscheiden die Experimentalphysiker Signale von der Hintergrundstrahlung. Das XENON100-Experiment arbeitet mit ganz besonderen Fotozellen, die dazu entworfen wurden, in der Tieftemperatur- und Hochdruckumgebung des Detektors zu operieren, um die Szintillation zu messen. Argondetektoren könnten künftig sogar noch
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