Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
stark miteinander wechselwirkenden Bestandteile niemals weit voneinander entfernt gefunden werden können. Ein einzelnes Quark lässt sich nie isolieren. Es ist so, als ob alle Quarks mit einem Klebstoff ausgestattet wären, der für große Abstände klebrig wird (aus diesem Grund werden die Elementarteilchen, die die starke Kraft vermitteln, Gluonen von engl. »glue« = »Kleber« genannt). Man könnte sich ein elastisches Band vorstellen, dessen Rückstellkraft erst dann zum Tragen kommt, wenn man es dehnt. Innerhalb eines Protons oder Neutrons können sich die Quarks frei bewegen. Aber der Versuch, eines der Quarks eine signifikante Entfernung wegzubewegen, würde zusätzliche Energie erfordern.
Obwohl diese Beschreibung völlig richtig und angemessen ist, sollte man bei ihrer Interpretation vorsichtig sein. Man stellt sich Quarks unvermeidlich als in einem Sack zusammengebunden vor, wobei es eine konkrete Barriere gibt, der sie nicht entkommen können. Tatsächlich behandelt ein bestimmtes Modell für Kerne Protonen und Neutronen im Wesentlichen genau so. Aber dieses Modell stellt im Unterschied zu anderen, denen wir später begegnen werden, keine Hypothese über die wirklichen Vorgänge dar. Sein Ziel bestand ausschließlich darin, Berechnungen in einem Bereich von Abständen und Energien zu ermöglichen, in dem die Kräfte so stark sind, dass sich unsere üblichen Methoden nicht anwenden lassen.
Protonen und Neutronen sind keine Würstchen. Es gibt keine künstliche Umhüllung, die die Quarks in einem Proton umgibt. Protonen sind stabile Anordnungen von drei Quarks, die durch die starke Kraft zusammengehalten werden. Wegen der starken Wechselwirkung wirken drei leichte Quarks gemeinsam als ein einzelnes Objekt, entweder ein Neutron oder ein Proton.
Eine weitere bedeutsame Konsequenz der starken Kraft – und der Quantenmechanik – ist die ohne weiteres stattfindende Erzeugung zusätzlicher virtueller Teilchen in einem Proton oder Neutron – deren Existenz von der Quantenmechanik zugelassen wird und die zwar nicht ewig existieren, aber zu jedem gegebenen Zeitpunkt einen Energiebeitrag leisten. Die Masse – und somit Einsteins E = mc 2 zufolge auch die Energie – in einem Proton oder Neutron wird nicht nur von den Quarks selbst bestimmt, sondern auch von den Bindungen, die sie zusammenhalten. Die starke Kraft ist wie das elastische Band, das zwei Kugeln zusammenhält und selbst Energie besitzt. Das »Abzupfen« der gespeicherten Energie ermöglicht die Erzeugung neuer Teilchen.
Solange die Nettoladung der neuen Teilchen null ist, verletzt diese Erzeugung von Teilchen durch die Energie im Proton keine bekannten physikalischen Gesetze. Beispielsweise kann ein positiv geladenes Proton sich nicht plötzlich in ein neutrales Objekt verwandeln, wenn virtuelle Teilchen erzeugt werden.
Das bedeutet, dass jedes Mal, wenn ein Quark – d.h. ein Teilchen mit einer Ladung, die nicht gleich null ist – erzeugt wird, ebenfalls ein Antiquark – d.h. ein Teilchen, das dieselbe Masse wie ein Quark, aber die entgegengesetzte Ladung besitzt – gebildet werden muss. Tatsächlich können Paare aus Quarks und Antiquarks sowohl erzeugt als auch vernichtet werden. Beispielsweise können ein Quark und ein Antiquark ein Photon erzeugen (das Teilchen, das die elektromagnetische Kraft vermittelt), das wiederum ein weiteres Teilchen/Antiteilchen-Paar erzeugt (siehe Abbildung 17). Ihre Gesamtladung ist null, so dass selbst bei der Paarerzeugung und -vernichtung die Ladung innerhalb des Protons sich nie ändert.
Abb. 17: Quarks und Antiquarks mit hinreichend großer Energie können sich vernichten, so dass Energie entsteht, die wiederum andere geladene Teilchen und ihre Antiteilchen erzeugen kann.
Zusätzlich zu Quarks und Antiquarks enthält der Protonensee (das ist der Fachbegriff), der aus den erzeugten virtuellen Teilchen entsteht, auch Gluonen . Gluonen sind diejenigen Teilchen, die die starke Kraft vermitteln. Sie stellen den Analogon zum Photon dar, das zwischen elektrisch geladenen Teilchen ausgetauscht wird, um elektromagnetische Wechselwirkungen zu erzeugen. Gluonen (es gibt acht verschiedene) wirken auf ähnliche Weise, um die starke Kernkraft zu vermitteln. Sie werden zwischen Teilchen ausgetauscht, die diejenige Ladung tragen, auf welche die starke Kraft wirkt, und ihr Austausch bindet die Quarks aneinander oder stößt sie voneinander ab.
Aber im Unterschied zu Photonen, die keine elektrische Ladung tragen
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