Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
sind, zusammenstießen. Der LHC liefert eine so hohe Energie, dass bei den uns interessierenden Ereignissen die einzelnen Bestandteile jedes Protons aufeinanderprallen. Das schließt die beiden Up-Quarks und das Down-Quark ein, die für die Ladung des Protons verantwortlich sind. Aber bei den Energien, die am LHC erzeugt werden, tragen die virtuellen Teilchen ebenfalls einen bedeutenden Anteil der Energie des Protons. Am LHC prallt die virtuelle »Teilchensee« gemeinsam mit den drei Quarks, die zur Ladung des Protons beitragen, ebenfalls aufeinander.
Wenn das geschieht – und hier liegt der Schlüssel zur gesamten Elementarteilchenphysik –, können sich Anzahl und Art der Teilchen ändern. Neue Ergebnisse aus dem LHC sollen uns mehr über kleinere Abstände und Größen lehren. Außer dass sie uns Auskunft über eine mögliche Substruktur geben, sollen sie uns auch etwas über andere Aspekte physikalischer Prozesse sagen, die bei kleineren Abständen relevant sein könnten. Die LHC-Energien sind die endgültige experimentelle Grenze bei kleinen Abständen, zumindest für lange Zeit.
Jenseits der Technik
Wir sind jetzt am Ende unserer einführenden Reise zu den kleineren Skalen angelangt, die mit der gegenwärtigen oder gar einer bloß vorgestellten Technik zugänglich sind. Die gegenwärtigen menschlichen Grenzen unserer Fähigkeit, Dinge zu erforschen, beschränken jedoch nicht das Wesen der Wirklichkeit. Selbst wenn es so scheint, dass wir Schwierigkeiten mit der Entwicklung einer Technik haben werden, um damit viel kleinere Skalen zu erforschen, so können wir doch immer noch versuchen, durch theoretische und mathematische Argumente Strukturen und Wechselwirkungen bei diesen Abständen abzuleiten.
Seit der Zeit der Griechen haben wir einen langen Weg zurückgelegt. Wir erkennen jetzt, dass wir uns ohne experimentelle Belege unmöglich dessen sicher sein können, was in diesen winzigen Größenbereichen existiert, die wir ebenfalls gern verstehen würden. Trotzdem können theoretische Anhaltspunkte sogar bei fehlenden Messungen unsere Forschungen leiten und darauf hinweisen, wie Materie und Kräfte sich auf kleinen Skalen verhalten könnten. Wir können Möglichkeiten untersuchen, die die Phänomene, die auf messbaren Skalen auftreten, erklären und miteinander verbinden würden, auch wenn die grundlegenden Komponenten nicht direkt zugänglich sind.
Wir wissen noch nicht, welche unserer theoretischen spekulativen Ideen sich als richtig erweisen werden, falls sie das überhaupt tun. Doch selbst ohne direkten experimentellen Zugang zu ganz kleinen Abständen legen die von uns beobachteten Skalen dem, was widerspruchsfrei möglich ist, Beschränkungen auf – da die zugrunde liegende Theorie letztlich das erklären muss, was wir sehen. Das bedeutet, dass selbst experimentelle Ergebnisse auf größeren Entfernungsskalen die Möglichkeiten begrenzen und einen Anreiz für Spekulationen in ganz bestimmte Richtungen darstellen.
Da wir diese Energien noch nicht erforscht haben, wissen wir auch nicht viel über sie. Manche Leute spekulieren sogar über die Existenz einer Wüste , über einen Mangel an interessanten Längen oder Energien, zwischen denen des LHC und denen, die sich auf viel kürzere Abstände oder höhere Energien beziehen. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen Mangel an Vorstellungskraft oder an Daten. Aber für viele hat der nächste interessante Größenbereich mit der Vereinheitlichung zu tun.
Eine der faszinierendsten Spekulationen über kürzere Abstände betrifft die Vereinheitlichung von Kräften bei kurzen Abständen. Das ist eine Idee, an der sich sowohl die wissenschaftliche als auch die außerwissenschaftliche Vorstellungskraft entzündet. Einem solchen Szenario zufolge offenbart die Welt, die wir um uns herum sehen, gerade nicht die fundamentale zugrunde liegende Theorie, die alle bekannten Kräfte einschließt (oder zumindest alle Kräfte außer der Gravitation) und außerdem Schönheit und Einfachheit aufweist. Viele Physiker haben seit der Zeit, als die Existenz von mehr als einer Kraft erstmals erkannt wurde, ernsthaft nach einer solchen Vereinheitlichung gesucht.
Eine der interessantesten solcher Spekulationen wurde 1974 von Howard Georgi und Sheldon Glashow angestellt. Sie schlugen vor, dass bei viel höheren Energien nur eine Kraft mit einer einzigen Stärke existiert, auch wenn wir bei niedrigen Energien drei unterschiedliche nichtgravitative Kräfte von verschiedener
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