Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
denen wir bei stabilen Teilchen nicht konfrontiert sind.
Wählen wir also die unkompliziertere Möglichkeit: stabile Teilchen, die es hier auf der Erde gibt und die nicht zerfallen. Das bedeutet leichte Teilchen oder zumindest gebundene stabile Konfigurationen leichter Teilchen wie z.B. Protonen. Außerdem würden wir wollen, dass die Teilchen geladen sind, so dass wir sie ohne weiteres mit einem elektrischen Feld beschleunigen können. Daher bleiben Protonen und Elektronen als Optionen übrig – Teilchen, die bequem und im Überfluss verfügbar sind.
Welches sollen wir wählen? Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Elektronen bieten den Vorteil, dass sich mit ihnen schöne, saubere Kollisionen bewerkstelligen lassen. Schließlich sind Elektronen Elementarteilchen. Wenn Sie ein Elektron mit etwas zusammenstoßen lassen, dann teilt das Elektron seine Energie nicht auf eine Menge von Substrukturen auf. Soweit wir wissen, gibt es nur das Elektron an sich. Da das Elektron sich nicht aufspaltet, können wir ganz genau verfolgen, was passiert, wenn es mit etwas anderem kollidiert.
Das gilt für Protonen nicht. Erinnern Sie sich daran, dass Protonen aus drei Quarks bestehen, die von der starken Kernkraft zusammengehalten werden, wobei Gluonen zwischen den Quarks ausgetauscht werden, die das Ganze »zusammenkleben«, wie wir in Kapitel 5 besprochen haben. Wenn ein Proton bei hoher Energie kollidiert, umfasst die Wechselwirkung, für die man sich interessiert – und die ein schweres Teilchen erzeugen könnte – im Allgemeinen nur ein einzelnes Teilchen im Innern des Protons, wie z.B. ein einzelnes Quark.
Dieses Quark wird sicher nicht der Träger der gesamten Energie des Protons sein. Deshalb wird das Quark im Allgemeinen viel weniger Energie besitzen, auch wenn das Proton sehr energiereich sein mag. Es kann zwar immer noch eine ganze Menge Energie besitzen, aber eben nicht so viel, als wenn das Proton seine gesamte Energie an dieses einzelne Quark abgeben könnte.
Darüber hinaus sind Kollisionen, an denen Protonen beteiligt sind, sehr chaotisch. Das rührt daher, dass es immer noch andere Dinge im Proton gibt, auch wenn diese nicht an der ultrahochenergetischen Kollision, für die wir uns interessieren, beteiligt sind. Alle übrigen Teilchen wechselwirken immer noch durch starke Wechselwirkungen (eine treffende Bezeichnung), was bedeutet, dass jene Wechselwirkung, an der man interessiert ist, durch die sie umgebende hektische Aktivität verschleiert wird.
Warum sollte man in diesem Fall also je Protonen kollidieren lassen? Der Grund dafür liegt darin, dass das Proton schwerer als ein Elektron ist. Tatsächlich ist die Protonenmasse etwa zweitausendmal größer als die eines Elektrons. Wie sich herausstellt, ist das äußerst vorteilhaft, wenn wir versuchen, ein Proton auf hohe Energie zu beschleunigen. Um zu diesen gewaltigen Energien vorzustoßen, beschleunigen elektrische Felder die Teilchen um einen Ring herum, so dass sie in jeder weiteren Runde immer stärker beschleunigt werden können. Allerdings strahlen beschleunigte Teilchen, und zwar umso mehr, je leichter sie sind.
Das bedeutet, dass wir in naher Zukunft keine ultrahochenergetischen Elektronen kollidieren lassen, auch wenn wir das gerne täten. Wir können zwar Elektronen auf sehr hohe Energien beschleunigen, aber hochenergetische Elektronen strahlen einen bedeutenden Teil ihrer Energie ab, wenn sie um einen Kreis herum beschleunigt werden. (Deshalb war das Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) in Palo Alto, Kalifornien, das Elektronen beschleunigte, ein linearer Beschleuniger.) Im Hinblick auf die reine Energie und das Entdeckungspotential gewinnen also die Protonen. Protonen können auf eine hinreichend hohe Energie beschleunigt werden, so dass selbst ihre Unterbestandteile wie die Quarks mehr Energie aufnehmen können als ein beschleunigtes Elektron.
In Wahrheit haben die Physiker jedoch von beiden Beschleunigertypen eine Menge über Teilchen gelernt – von denen, die Protonen beschleunigen, und von denen, die Elektronen aufeinanderprallen lassen. Beschleuniger, die einen Elektronenstrahl benutzen, operieren nicht auf dem hohen Energieniveau, das die Höchstenergie-Protonenbeschleuniger erreicht haben. Aber die Experimente bei Beschleunigern mit Elektronenstrahlen haben Messungen erzielt, die so genau sind, dass Leute, die mit Protonenbeschleunigern umgehen, davon nur träumen können. Insbesondere erreichten in den 1990er Jahren
Weitere Kostenlose Bücher