Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
bedeuten, dass diese Regeln nicht mehr auf kleinere Größenverhältnisse, bei denen neue Bestandteile entdeckt wurden, anwendbar sind. So kann das Wissen zwar alte Ideen annehmen, aber sich doch über die Zeit hinweg erweitern, obwohl sehr wahrscheinlich immer etwas zu erforschen übrigbleiben wird. Genauso wie das Reisen fesselnd sein kann – auch wenn Sie nie jeden Ort auf der Erde (geschweige denn im Kosmos) besuchen werden –, bereichert auch unser wachsendes Verständnis der Materie und des Weltalls unsere Existenz. Das verbleibende Unbekannte dient zur Anregung weiterer Forschung.
Mein eigenes Forschungsgebiet der Elementarteilchenphysik untersucht zunehmend kleinere Abstände, um immer kleinere Bestandteile der Materie zu erforschen. Die gegenwärtige experimentelle und theoretische Forschung versucht freizulegen, was die Materie verbirgt – das, was immer tiefer in sie eingebettet ist. Aber trotz der häufig gebrauchten Analogie ist die Materie nicht einfach wie eine russische Matrioschka-Puppe, bei der sich ähnliche Elemente in immer kleineren Größenmaßstäben wiederholen. Was die Erforschung immer winzigerer Skalen interessant macht, ist die Tatsache, dass sich die Regeln ändern können, wenn wir neue Regionen erreichen. Neue Kräfte und Wechselwirkungen können bei diesen Größenverhältnissen auftreten, deren Wirkung zu klein war, um sie bei den größeren Abständen festzustellen, die zuvor untersucht wurden.
Der Begriff des Maßstabs, der den Physikern den Bereich von Größen oder Energien angibt, die für jede einzelne Untersuchung relevant sind, ist für das Verständnis des naturwissenschaftlichen Fortschritts entscheidend – sowie für viele andere Aspekte der uns umgebenden Welt. Indem wir das Universum in verschiedene verstehbare Größen einteilen, erfahren wir, dass die Gesetze der Physik, die die Realität am besten beschreiben, nicht unbedingt für alle Prozesse dieselben sind. Wir müssen Begriffe, die besser auf einen bestimmten Größenmaßstab zutreffen, mit denen verbinden, die bei einem anderen nützlicher sind. Wenn wir auf diese Weise kategorisieren, können wir alles, was wir wissen, in ein widerspruchsfreies Bild einfügen, während es uns gestattet, radikale Veränderungen bei Beschreibungen auf verschiedenen Längenskalen vorzunehmen.
In diesem Kapitel werden wir sehen, wie die Einteilung nach den Größenmaßstäben – welcher Maßstab auch immer relevant sein mag – bei der Klärung unseres Denkens hilft, und zwar sowohl des naturwissenschaftlichen als auch des sonstigen, und warum die subtilen Eigenschaften der Bausteine der Materie auf Skalen, mit denen wir in unserem Alltagsleben zu tun haben, so schwer zu bemerken sind. Dabei geht dieses Kapitel auch näher auf die Bedeutung von »Richtig« oder »Falsch« mit Bezug auf die Naturwissenschaft ein und auf die Frage, warum selbst scheinbar tiefgreifende Entdeckungen nicht unbedingt drastische Veränderungen im Bereich der Größenmaßstäbe erzwingen, mit denen wir bereits vertraut sind.
Es ist unmöglich
Allzu häufig verwechselt man sich entwickelndes naturwissenschaftliches Wissen mit überhaupt keinem Wissen und hält eine Situation, in der wir neue physikalische Gesetze entdecken, für das völlige Fehlen zuverlässiger Regeln. Ein Gespräch mit dem Drehbuchautor Scott Derrickson während eines kürzlichen Besuchs in Kalifornien half mir dabei, den Ursprung einiger dieser Missverständnisse herauszuschälen. Zu jener Zeit arbeitete Scott an ein paar Filmszenarien, die mögliche Verbindungen zwischen der Naturwissenschaft und Phänomenen darstellten, von denen er glaubte, dass Naturwissenschaftler sie wahrscheinlich als übernatürlich abtun würden. Da Scott ein starkes Interesse daran hatte, größere Schnitzer zu vermeiden, wollte er seinen phantasievollen Ideen für die Geschichten dadurch naturwissenschaftlich absichern lassen, dass er sie von einem Physiker prüfen ließ – nämlich von mir. Wir trafen uns also zum Mittagessen in einem Straßencafé, um unsere Gedanken auszutauschen und gemeinsam das Vergnügen eines sonnigen Nachmittags in Los Angeles zu genießen.
In dem Bewusstsein, dass Drehbuchautoren die Naturwissenschaft häufig falsch darstellen, wollte Scott also seine besonderen Geister- und Zeitreisegeschichten mit einem angemessenen Maß an naturwissenschaftlicher Glaubwürdigkeit schreiben. Die besondere Herausforderung, mit der er als Drehbuchautor konfrontiert war, bestand in
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