Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
der notwendig ist, um höherdimensionale schwarze Löcher zu erzeugen. Diese schwarzen Löcher würden Masse und Energie aufsaugen, wenn sie lange genug erhalten bleibt. Wenn sie das unaufhörlich täten, wären sie in der Tat gefährlich. Das war das Katastrophenszenario, das sich die Bedenkenträger ausmalten.
Glücklicherweise sind die klassischen Berechnungen schwarzer Löcher – diejenigen, die ausschließlich auf Einsteins Gravitationstheorie beruhen – aber nicht alles. Mit dem Namen Stephen Hawking sind viele Leistungen verbunden, aber eine seiner bedeutendsten Entdeckungen bestand darin, dass die Quantenmechanik eine Hintertür für Materie liefert, die in schwarzen Löchern gefangen ist. Die Quantenmechanik gestattet den Zerfall schwarzer Löcher.
Die Oberfläche eines schwarzen Loches ist »heiß« und besitzt eine Temperatur, die von seiner Masse abhängt. Schwarze Löcher strahlen wie heiße Kohlen und geben Energie in alle Richtungen ab. Sie saugen zwar immer noch alles auf, was ihnen zu nahe kommt, aber die Quantenmechanik sagt uns, dass Teilchen von der Oberfläche eines schwarzen Loches durch diese Hawking-Strahlung freigesetzt werden und dadurch Energie abtransportieren, so dass es sich langsam wieder auflöst. Dieser Prozess ermöglicht selbst einem großen schwarzen Loch, alle seine Energie letztlich abzustrahlen und zu verschwinden.
Da der LHC bestenfalls gerade genug Energie zur Erzeugung eines schwarzen Lochs hätte, wären die einzigen schwarzen Löcher, die er überhaupt bilden könnte, klein. Wenn ein schwarzes Loch zu Beginn klein und heiß wäre, wie z.B. eines, das möglicherweise am LHC erzeugt werden könnte, würde es höchstwahrscheinlich sofort verschwinden. Der auf die Hawking-Strahlung zurückgehende Zerfall würde es auf sehr wirksame Weise auf nichts zusammenschrumpfen lassen. Selbst wenn sich höherdimensionale schwarze Löcher bildeten (unter der Annahme, dass diese ganze Überlegung überhaupt richtig ist), würden sie daher nicht lange genug existieren, um irgendwelchen Schaden anzurichten. Große schwarze Löcher verdampfen zwar langsam, aber winzige schwarze Löcher sind extrem heiß und verlieren ihre Energie beinahe augenblicklich. In dieser Hinsicht sind schwarze Löcher recht merkwürdig. Die meisten Gegenstände, z.B. Kohlen, kühlen sich ab, wenn sie strahlen. Schwarze Löcher dagegen werden heißer. Die kleinsten sind die heißesten und strahlen daher am stärksten.
Nun bin ich Naturwissenschaftlerin – also muss ich auf einer gewissen Strenge bestehen. Technisch gesehen gibt es einen möglichen Vorbehalt gegen das obige Argument, das auf der Hawking-Strahlung und dem Zerfall schwarzer Löcher beruht. Wir verstehen schwarze Löcher nur dann, wenn sie hinreichend groß sind, und dann kennen wir die Gleichungen, die ihren gravitativen Aufbau beschreiben, genau. Die gut überprüften Gesetze der Gravitation liefern eine zuverlässige mathematische Beschreibung für schwarze Löcher. Wir haben jedoch keine solche zuverlässige Formulierung dafür, wie extrem kleine schwarze Löcher aussähen. Die Quantenmechanik kommt hier ins Spiel – und zwar nicht nur im Hinblick auf ihre Verdampfung, sondern auch bei der Beschreibung des Wesens der Objekte selbst.
Niemand weiß wirklich, wie man Systeme berechnen könnte, in denen sowohl die Quantenmechanik als auch die Gravitation eine wesentliche Rolle spielen. Die Stringtheorie ist zwar der beste Versuch der Physiker, aber wir verstehen noch nicht alle ihre Implikationen. Das bedeutet, dass es im Prinzip ein Schlupfloch geben könnte. Extrem kleine schwarze Löcher, die wir nur anhand einer Theorie der Quantengravitation verstehen werden, verhalten sich wahrscheinlich nicht genauso wie die großen schwarzen Löcher, die wir mit Hilfe der klassischen Gravitation beschreiben. Vielleicht zerfallen solche ganz kleinen schwarzen Löcher nicht mit der Rate, die wir erwarten.
Aber auch das ist kein ernsthaftes Schlupfloch. Nur wenige Menschen haben sich über diese Objekte Sorgen gemacht, wenn überhaupt. Nur schwarze Löcher, die groß werden können, können überhaupt gefährlich sein. Kleine schwarze Löcher können nicht genügend Materie aufsaugen, um ein Problem darzustellen. Das einzige potentielle Risiko besteht darin, dass die winzigen Objekte auf eine gefährliche Größe anwachsen könnten, bevor sie verdampfen. Doch selbst ohne genau zu wissen, was diese Objekte sind, können wir abschätzen, wie lange sie
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