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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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deiner Meinung nach tun sollen? Die Polizei rufen?«
    Blake seufzte. » Weißt du, wenn er dir sagt, dass er zu viel Angst hatte, um was zu sagen, oder dass er bedroht wurde, kann ihm das helfen. Du hast Recht, wahrscheinlich hatte er keine andere Wahl, als mitzumachen, aber das müssen wir eben wissen, ehe wir mit seinem Bruder reden.«
    » Geht klar.«
    » Falls sich die Möglichkeit ergibt, möchten wir auch wissen, wie sie Jennifer dazu gebracht haben mitzuspielen, ohne jemandem etwas davon zu sagen. Haben sie ihr gedroht? Haben sie sie mit Geschenken bestochen? Während der Hausdurchsuchung bei den Shepherds ist uns nichts Außergewöhnliches aufgefallen– weder teure Elektronik, die die Eltern nicht selbst gekauft haben, noch Schmuck. Der Drogentest war auch negativ.« Offenbar sah ich überrascht aus, denn Blake erklärte mir daraufhin: » Wenn man sie süchtig macht, dann tun sie für einen Joint so ziemlich alles.«
    Trotz der überheizten Luft in der Kantine fröstelte ich. » Vielleicht haben sie ihr ja was gegeben, worauf ihr sie nicht getestet habt?«
    » Unwahrscheinlich«, erwiderte Blake knapp. » Auf jeden Fall muss es etwas gegeben haben, weswegen sie immer wieder hingegangen ist und nichts gesagt hat. Wir müssen herausfinden, was das war.« Er rührte wieder in seinem Tee. » Wir möchten auch, dass du ihn nach den anderen Tätern fragst– wir müssen sie so schnell wie möglich identifizieren, aber bis jetzt haben wir noch niemanden gefunden, der sie erkennt. Unsere Computerspezialisten sind noch dabei, die verpixelten Gesichter wiederherzustellen. Bis dahin lassen wir ein paar nichtsexuelle Bilder von ihnen in den anderen Dienststellen herumgehen in der Hoffnung, dass Kollegen vielleicht eine Tätowierung oder ein Muttermal wiedererkennen. Aber viel gibt das nicht her.«
    Ich nickte. In dieser Hinsicht hatte ich nicht die geringsten Vorbehalte. Diejenigen, die Jenny missbraucht hatten, sollten auf jeden Fall ihre gerechte Strafe bekommen.
    Blake musste etwas in meinem Gesicht gelesen haben, denn er langte über den kleinen Tisch und berührte meine Hand. » He, lass dich davon nicht zu sehr runterziehen.«
    » Ich komme schon zurecht damit«, antwortete ich und versuchte, es auch selbst zu glauben.
    » Ja klar, kann schon sein. Aber wir verlangen hier was von dir, wofür du nicht ausgebildet bist, und es lastet einiges an Verantwortung auf dir. Ich hab dem Chef gesagt, dass ich das für keine gute Idee halte.«
    » Warum? Glaubst du, ich bin nicht in der Lage, ein paar Fragen zu stellen?«
    Er schüttelte den Kopf. » Es sind die Antworten, die du aushalten musst, was möglicherweise nicht einfach ist, Sarah. Du musst darauf gefasst sein, ein paar recht unangenehme Dinge zu hören.«
    » Danke, aber ich habe heute schon so einiges gehört«, entgegnete ich gleichmütig, und gegen meinen Willen fielen mir wieder die Hochglanzfotos ein, die mir Grange so genüsslich präsentiert hatte.
    » Ja, schon. Aber dabei musstest du nicht unbedingt die Fassung bewahren. Du warst nicht diejenige, die die Fragen abarbeiten musste. Du hast noch keine Vernehmung gemacht, die ins Leere läuft.« Er lehnte sich zurück und streckte sich. » Du denkst sicher, dass du da einfach reingehst und er dir alles erzählen wird, was passiert ist– einschließlich dass und wie sein Bruder Jennifer Shepherd ermordet hat. Aber ich muss dir leider sagen, dass du wahrscheinlich nichts dergleichen erfahren wirst. Er hat keinen echten Grund, dir zu vertrauen, und er hat verdammt viel zu verlieren, wenn er ehrlich zu dir ist. Nun siehst du auch nicht gerade furchteinflößend aus. Sieh mich nicht so an, ich zittere ganz bestimmt nicht vor lauter Angst. Nimm’s bitte nicht persönlich. Es könnte nur sein, dass du nicht das zu hören bekommst, was du erwartest.«
    Natürlich wusste ich, dass er Recht hatte, aber trotzdem fand ich es enttäuschend, so direkt gesagt zu bekommen, dass ich vermutlich scheitern werde. » Gehen wir zurück?«
    Blake schaute prüfend auf seine Uhr. » Ja. Aber trink ruhig noch deinen Kaffee aus.«
    Ich beäugte den halb leeren Becher vor mir. Jetzt in kaltem Zustand wirkte der Kaffee noch unappetitlicher als frisch gebrüht, falls man das, was man damit angestellt hatte, so bezeichnen konnte. » Nein danke.«
    » Kann ich nachvollziehen.«
    Auf dem Rückweg unterhielten wir uns nicht. Der Fahrstuhl hielt in der vierten Etage, und Blake marschierte geradewegs zurück zur Kinderstation, während ich mir

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