Die Verraeterin
geflohen war und dass man sie bisher nicht gefunden hatte.
»Aber das Beste ist«, sagte Morgan abschließend, »dass Jenna mich begnadigt hat, nachdem ich meiner Kolonie mitgeteilt habe, was in Rom passiert ist. Die Königin hat ihr Versprechen gehalten.« Sie blickte auf und sah Xander an. Das Licht, das durch das Bullauge hereinfiel, spielte in ihren Haaren und ließ ihre Wimpern schimmern. »Ich kann überall sein, wo ich will. Ich kann überall leben , wo ich will. Ich bin frei .«
Er starrte sie verständnislos an. »Das verstehe ich nicht.«
»Dominus. Er war der Kopf der Expurgari . Wir haben ihn gefunden, also …«
»Der Kopf der Expurgari «, wiederholte Xander langsam.
Morgan schüttelte den Kopf. »Ich erkläre es dir später. Für den Moment solltest du dich ausruhen. Du bist ziemlich blass.«
Er fasste sie am Handgelenk und hielt sie fest, um sie erneut an sich zu ziehen. Dann setzte er sich im Bett auf, wobei er den stechenden Schmerz in seinem Rücken nicht beachtete. »Heißt das … heißt das, dass wir nicht untertauchen mussten? Dieses Schiff … diese Reise …«
»Oh!«, rief sie verblüfft. »Nein! Mein Gott, nein, wir mussten nicht untertauchen. Man hat uns allen fünf verziehen.«
Xander starrte sie an. »Uns allen fünf?«
In diesem Moment waren schwere Schritte über ihnen zu hören. Ein Lächeln huschte über Morgans Gesicht, als sie beobachtete, wie Xander dem Geräusch mit den Augen folgte. Es bewegte sich über ihm hinweg, wurde leiser und dann wieder lauter. Nun schienen die Schritte eine Treppe herabzukommen. Ein dunkler Kopf zeigte sich vor dem Bullauge und verschwand dann wieder.
Kurz darauf wurde an der Tür geklopft.
Als Morgan belustigt »Herein!« rief, stürmten Tomás und Mateo durch die Tür.
»He, Trottel!«, begrüßte ihn Mateo lächelnd. »Du siehst so aus, als wärst du dem Tod gerade noch mal von der Schippe gesprungen!«
Tomás nickte Xander zu und lehnte sich dann mit seinem riesigen Körper an die Wand.
»Hi, Bruder.«
»Bartleby ist an Deck und bereitet das Abendessen vor«, erklärte Morgan sanft, als sie Xanders Fassungslosigkeit bemerkte. »Deine Freunde sind verdammt gute Angler.«
»Bisher habe ich Blauen Marlin, Gelbflossenthunfisch, Wahoo und sogar Speerfisch gefangen«, prahlte Tomás. »Kadavu ist unglaublich.«
»Kadavu«, wiederholte Xander, der überhaupt nicht wusste, wie ihm geschah. Sein Gehirn war nicht in der Lage, diese ganzen Informationen zu verarbeiten.
»Fidschi«, sagte Mateo und rollte mit den Augen, als ob das sowieso sonnenklar gewesen wäre. »Fünfundsiebzig Meilen herrliches Korallenriff mit einem Wasser, das so klar ist, dass man vom Boot aus den Grund des Ozeans sehen kann. Vulkanische Hügel, die vom Dschungel überwachsen sind, Mangrovenbuchten und schneeweiße Strände …«
Er brach ab, da Xander die Augen geschlossen hatte. Xander konnte regelrecht fühlen, wie er erbleichte.
Morgan flüsterte ihm ins Ohr: »Ich habe dir doch gesagt, dass ich schon immer einen Sonnenaufgang in Fidschi sehen wollte.« Sie legte die Hand auf seinen Arm. »Und jetzt sehe ich einen. Oder vielleicht werden es auch zwei oder drei.« Sie kicherte, und dieser Laut brachte sein Blut zum Singen.
Xander schlug die Augen wieder auf, sah ihr zufriedenes Grinsen und lachte. Es war ein heiseres, zitterndes Lachen, das in seiner Brust schmerzte und ihm im Hals stecken blieb. Morgan verging das Grinsen. Auch sein Lachen erstarb. Er zog sie wieder an sich und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren.
»Mein Gott, Frau«, sagte er hustend und ohne jegliche Zurückhaltung. »Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?«
Sie löste sich von ihm und sah ihn mit leuchtenden Augen an. »Wahrscheinlich nicht so sehr, wie ich dich liebe«, flüsterte sie, beugte sich herab und küsste ihn auf den Mund.
»Mein Gott, nehmt euch lieber ein Hotelzimmer«, knurrte Tomás, doch Xander nahm ihn kaum wahr. Trotz ihrer Proteste zog er Morgan auf sich und schlang seine Arme um sie. Er ignorierte den Schmerz zwischen seinen Schulterblättern und in seiner Brust. Für den Moment war ihm jegliche Vorsicht egal. Er hörte, wie die Kabinentür leise geschlossen wurde und wie sich Schritte entfernten.
»Heirate mich«, sagte er zwischen atemlosen Küssen und dem Versuch, sie von ihrem Kleid zu befreien.
»Ich bezweifle, dass es auf dieser Insel einen Priester gibt«, erwiderte sie mit einem leisen Lachen. Dann setzte sie sich auf und zog das Kleid über den Kopf.
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