Die verschollene Flotte: Ein halber Sieg: Roman (German Edition)
der sich allmählich in Richtung Unglauben verschob. »Das will er wirklich machen? Er ist ja noch verrückter als Benan.«
»Wenn er das Monstrum auf den Namen Invincible tauft, kann die Flotte keine anderen Schiffe so taufen, richtig?«
Desjanis Miene nahm einen berechnenden Zug an. »Richtig. Glaube ich jedenfalls. Und diese Superschlachtschiffe sind sehr schwer aus dem Weg zu räumen.« Sie deutete auf ihr Display.
Geary sah, dass sie ein großes virtuelles Fenster geöffnet hatte, das eine Ansicht des Bärkuh-Schiffs zeigte … der Invincible zeigte, korrigierte er sich. In Großaufnahme sah er die gleiche gepanzerte Hülle, die er zuletzt beim Angriff der Marines zu Gesicht bekommen hatte. Die Oberfläche aus Metall und Legierungen wies zwar an manchen Stellen Kerben auf, die vom Beschuss durch die Allianz-Flotte stammten, aber überwiegend war die dunkle Hülle so glatt und so strahlend, dass sich die Sterne in ihr zu spiegeln schienen.
»Wie kriegt man eine so dicke Panzerung hin?«, wunderte sich Geary.
»Ich vermute, das gehört zu den Dingen, denen unsere Ingenieure und Wissenschaftler auf den Grund gehen wollen«, sagte Desjani. »Es ist eigentlich nicht meine Sache, weil ich Schnelligkeit, Beweglichkeit und Schlagkraft mag. Aber wenn ich mir diesen Rumpf und die Größe des Schiffs ansehe, dann denke ich doch, dass das ein irres Schiff ist.«
»Aber nicht wirklich unbesiegbar.«
»Nein, natürlich nicht. Aber dieser Admiral Lagemann könnte recht haben. Wir sagen damit aus: ›Wir haben es begriffen, lebende Sterne. Wir wissen, dieser Name passt nicht mal zu diesem Schiff, und wir selbst haben den Beweis dafür erbracht.‹«
Sie wurden unterbrochen, da Dr. Nasr sich bei Geary meldete und dabei finster dreinblickte. »Zwei weitere Bärkühe sind während des Transits von Hua nach hier gestorben«, erklärte der Arzt. »Soweit wir das beurteilen können, haben sie zu viel Beruhigungsmittel erhalten. Mit Sicherheit lässt sich das aber nicht sagen.«
Damit blieben noch drei lebende Kik-Gefangene übrig. Geary wandte den Blick ab. »Warum lassen die sich nicht von uns retten?«
»Wir haben darüber gesprochen, Admiral. Aber aus ihrer Sicht erhalten wir sie nur am Leben, damit wir später eine frische Mahlzeit haben.«
»Doctor, ich würde gern Ihre ehrliche Meinung hören. Wie verfahren wir hier richtig?«
Nasr seufzte. »Admiral, der Leitsatz meines Berufsstands besagt, niemandem Leid zuzufügen. Das klingt recht simpel, aber jeder Arzt mit ein klein wenig Erfahrung wird Ihnen bestätigen, dass man sehr schnell in ein ernstes Dilemma verstrickt werden kann, wenn man versucht, diesen Leitsatz ernst zu nehmen. Wir haben versucht, uns richtig zu verhalten, indem wir die Verletzungen der Bärkühe behandelt und ihnen das Leben gerettet haben. Und das geschah nicht bloß aus Eigeninteresse, sondern weil wir ernsthaft daran interessiert waren, mit dieser Spezies eine Kommunikation zu erreichen. Aber unsere wohlmeinenden Absichten haben uns in eine Situation gebracht, in der jede weitere Entscheidung die verkehrte ist. Sie werden alle sterben, Admiral. Wir wissen nicht genug über ihren Metabolismus und über ihren Körper. Entweder verabreichen wir ihnen zu viel oder zu wenig Beruhigungsmittel. Ein wacher Moment genügt, und schon setzen die Bärkühe ihrem Leben selbst ein Ende. Wachen sie nicht auf, sterben sie an einer Überdosis Beruhigungsmittel.«
Geary sah den Arzt eindringlich an. »Wollen Sie mir damit sagen, ich soll sie sterben lassen?«
»Nein, das kann ich nicht machen. Ich sage Ihnen nur, dass sie so oder so sterben werden. Die Frage ist nur: Wann und wo passiert es? Sie können mir befehlen, ihnen weniger oder mehr Beruhigungsmittel zu verabreichen. Oder Sie sagen mir, wir sollen uns möglichst lange bemühen, sie am Leben zu erhalten.«
»Doctor, ich kann Ihnen nicht den Befehl erteilen, sie zu töten. Werden sie leiden, wenn wir versuchen, sie möglichst lange überleben zu lassen?«
»Leiden? Nein, sie wechseln lediglich von Bewusstlosigkeit hinüber in den Tod. Oder sie erwachen kurz und sind gleich darauf tot. Ich weiß nicht, ob das Sterben Schmerzen auslöst, aber nach den Werten der einen Bärkuh zu urteilen, die sich selbst umgebracht hat, und auf der Grundlage der Autopsie scheint es bei ihr kein Trauma ausgelöst zu haben. Der Körper wird vielmehr mit Chemikalien und Hormonen geflutet, die den Schmerz ausblenden und möglicherweise sogar Halluzinationen erzeugen,
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