Die Verschollene Flotte Fluchtpunkt Ixi
gewarnt worden, bei einem Plan niemals von der Annahme auszugehen, einen dummen Gegner vor sich zu haben. Eine Falle für einen schlauen Feind funktionierte weitaus besser als eine für einen Feind, der zu dumm war, um das Offensichtliche zu sehen. Jetzt brauche ich nur noch eine solche Falle.
Die Türglocke wurde betätigt und kündigte einen Besucher in Gearys Quartier an. Es war Captain Desjani, die eintrat und salutierte. »Wir sind zwei Stunden vom Sprungpunkt nach Daiquon entfernt, Sir. Sie wollten darüber informiert werden.«
»Das ist richtig, trotzdem hätten Sie dafür nicht extra herkommen müssen.«
Desjani zuckte mit den Schultern. Ihr war ein gewisses Unbehagen anzumerken. »Sie … Sie wecken Zuversicht, Sir. Sicherlich haben Sie bemerkt, wie sehr es der Besatzung gefällt, Sie zu sehen, wie Sie so dicht an einem Schwarzen Loch die Ruhe bewahren. Ich kann Ihnen versichern, das hat sich auf jedem Schiff der Flotte herumgesprochen und dazu beigetragen, das Unbehagen der Crewmitglieder zu lindern.«
»Hm.« Es kam ihm etwas eigenartig vor, dafür gelobt zu werden, dass er beim Anblick eines Schwarzen Lochs keine Angst bekommen hatte. Tatsächlich war durch den Aberglauben der anderen seinerseits ein wachsender Widerwillen entstanden, das Ding zu betrachten. »Danke, aber ich mache auch keinen Hehl daraus, dass ich mich nicht nach diesem System zurücksehnen werde, wenn wir es erst einmal hinter uns gelassen haben.«
»Da geht es Ihnen so wie jedem in dieser Flotte«, erwiderte Desjani und lächelte flüchtig. »Tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe, Sir.«
»Sie haben mich nicht gestört. Ich habe nur eine Simulation laufen lassen, die nicht funktionieren wollte.« Seufzend lehnte er sich in seinem Sessel nach hinten. »Setzen Sie sich. Ich freue mich über jede Gelegenheit, mal über etwas anderes zu reden als über Taktiken, Strategien, Syndiks und den Krieg.«
Desjani zögerte kurz, dann kam sie näher und nahm gegenüber von Geary Platz, wobei sie eine Habtachthaltung einnahm, wie sie es fast immer machte, wenn sie sich in seinem Quartier aufhielt. »Diese Themen beherrschen das Leben in der Allianz schon länger, als ich auf der Welt bin«, räumte sie ein. »Ich wüsste gar nicht, worüber ich reden sollte, wenn wir diese Themen nicht hätten.«
»Es gibt andere Themen. Themen, die uns weitermachen lassen, wenn der Krieg das Einzige zu sein scheint, was das Universum zu bieten hat.« Gearys Blick ruhte auf den immer noch fernen Sternen des Allianz-Gebiets. »Was werden Sie unternehmen, wenn Sie nach Kosatka zurückkommen, Tanya?«
Die Frage schien sie zu erschrecken, ihr Blick wanderte ebenfalls zu der Sternenlandschaft. »Meine Heimatwelt«, murmelte sie. »Ich war schon lange nicht mehr dort. Und es gibt keine Garantie, dass ich sie besuchen kann, falls wir … wenn wir zurückgekehrt sind.«
»Ich verstehe. Der Krieg wird nicht aufhören, nur weil wir es zurück nach Hause schaffen.« Einen Moment lang saß Geary schweigend da. »Sind Ihre Eltern noch dort?« Leben Ihre Eltern noch?, hatte er eigentlich wissen wollen, doch so unverblümt konnte er seine Frage nicht formulieren.
Sie wusste, was er meinte, und nickte bestätigend. »Sie sind noch beide dort. Mein Vater arbeitet in einer Fabrik, die die Orbitalwerften beliefert. Mutter ist Teil der planetaren Verteidigungsstreitmacht.«
Rüstungsindustrie, sogar auf einem Planeten wie Kosatka, der so weit von der Front entfernt lag. Aber was sollte man nach einem Jahrhundert Krieg auch anderes erwarten? »Was sagen Ihre Eltern dazu, dass Sie Captain eines Schlachtkreuzers sind?«
Captain Tanya Desjani, die durch Dutzende von Raumschlachten abgehärtet worden war, errötete bei seiner Frage tatsächlich und schaute rasch zur Seite. »Sie … sie sind stolz. Sehr stolz.« Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. »Sie kannten die Risiken, die man als Offizier der Flotte in Kauf nimmt. Ich bin mir sicher, sie rechnen schon seit meinem ersten Schiff täglich damit, eine Benachrichtigung zu erhalten, dass ich im Gefecht gefallen bin. Bislang habe ich dem Tod ein Schnippchen schlagen und sie vor dieser Nachricht bewahren können. Aber es kann gut sein, dass sie mich jetzt für tot halten … so wie den Rest der Flotte.«
Das veranlasste Geary dazu, das Gesicht zu verziehen. »Das wird die Allianz-Regierung der Bevölkerung doch bestimmt nicht gesagt haben. Es ist zwar nicht so, als hätten die Menschen kein Recht, die Wahrheit zu erfahren,
Weitere Kostenlose Bücher