Die Verschwoerung der Fuersten
fauligem Fleisch und jedem nur denkbaren Unrat von Mensch und Tier den zarten Duft der Obstbäume, und der Verkehr wurde turbulenter.
Am Ende der Brotgasse mussten sie eine Gänseschar passieren lassen, die ein Knecht zum Marktplatz trieb, doch als Bandolf sich anschickte weiterzugehen, bemerkte er, dass Prosperius winkend und gestikulierend stehengeblieben war.
»Was gibt es denn?«, fragte er ungeduldig.
»Ich wollte die Herrin begrüßen, aber sie hat uns wohl nicht gesehen«, antwortete Prosperius und ließ die Arme sinken.
Bandolf schaute in Richtung Brotpforte, in die sein Schreiber gezeigt hatte. Zwei Frauen, beide von Kopf bis Fuß in dunkle Umhänge gehüllt, liefen schnellen Schrittes der Stadtmauer zu. Sie kehrten dem Burggrafen den Rücken, und während die eine fest einen Korb umklammert hielt und es offenbar sehr eilig hatte, schaute sich die andere immer wieder um. Ohne Zweifel war es Hildrun, die sich so verstohlen umsah. Die andere Frau trug einen alten fleckigen Umhang, der auf keinen Fall zu Matthäas Gewändern gehörte. Ein schwerer pelzbesetzter Mantel hatte zu ihrer Mitgift gezählt, und für wärmere Tage hatte Bandolf ihr einen blau gefärbten Umhang mit breiter bestickter Borte geschenkt.
»Bist du sicher, dass du die Burggräfin erkannt hast?«, fragte Bandolf zweifelnd. Prosperius nickte, und der Burggraf kniff angestrengt die Augen zusammen. Tatsächlich. Dieser leichte, wiegende Gang war ihm vertraut. Bandolf runzelte die Stirn. Wohin, bei allen Heiligen, wollte Matthäa so eilig und in diesem schäbigen Mantel? Er überlegte noch, ob er sie rufen sollte, doch ein Heukarren bog aus der Münzergasse auf die Brotgasse und versperrte ihm die Sicht. Als der Karren endlich vorbeigerumpelt war, hatte er die beiden Frauen aus den Augen verloren.
Nicht nur Handwerker, Händler und Bauern hatte die Aussicht auf gute Geschäfte in die Stadt gelockt. Auch Pilger drängten sich in den Gassen, angezogen von den zahlreichen Reliquien, die der Dom und die anderen Stiftskirchen der Stadt beherbergten. Wanderprediger, Reliquienverkäufer, Wunderheiler, Bettler und Pantomimen mischten
sich unter das Volk und nutzten die Markttage zu Michaeli, um Geschäfte zu machen oder an die Barmherzigkeit der Leute zu appellieren.
Bandolf, der schweigsam ausgeschritten war und über Matthäas merkwürdigen Aufzug nachgegrübelt hatte, blieb stehen und ließ seinen Blick über das Gewimmel schweifen. Langsam huschte ein breites Lächeln über sein Gesicht. All die Leute, die sich hier tummelten, würden seiner Stadt guten Gewinn einbringen. Da waren der Marktzins und die Standplatzgebühren, und nicht zu vergessen die Bußgelder, die diejenigen zu entrichten hatten, welche den Frieden des Königs störten. Der Bischof würde von allem zwei Drittel kassieren, während ein Drittel dem Burggrafen zustand. Bandolf rieb sich vergnügt die Hände.
»Der Jahrmarkt wird unsere Schatulle kräftig füllen«, bemerkte er. Er musste seine Stimme heben, um all den Lärm zu übertönen. »Und weiß Gott, wir haben es nötig.«
Seine Dienstleute und Torwachen trugen veraltete Waffen; das Pfauentor benötigte einen neuen Anstrich, die Stadtmauer musste dringend ausgebessert werden, und dann war da noch sein geheimer Wunsch, einen neuen Turm zwischen Martins- und Andreaspforte errichten zu lassen. Während sich die beiden Männer durch das Gedränge schoben, verfinsterte sich Bandolfs Gesicht wieder.
»Und Worms wird seinen neuen Turm auch bekommen, falls mich der fette Adalbero so lange im Amt lässt«, brummte er düster.
»Warum sollte er nicht?«, erkundigte sich Prosperius verwundert. »Es ist doch kaum eine Woche her, dass König Heinrich Euch erneut mit dem Blutbann für Worms belehnt hat.«
Bandolf schüttelte zweifelnd den Kopf. »Bischof Arnold war bis zu seinem Tod ein aufrechter Mann des Königs«, sagte er. »Er hat mich zu seinem Burggrafen ernannt, weil
er wusste, dass meine Familie stets treu zum salischen Königshaus gestanden hat.«
Er wich einem Pferdeapfel aus und verzog angewidert das Gesicht, als er stattdessen in eine schlierige Pfütze trat. An einem Grasbüschel wischte er seinen Stiefel notdürftig sauber.
»Mit dem neuen Bischof verhält es sich anders. Adalbero ist der Bruder des Herzogs von Schwaben, und die Fürsten kochen ihr eigenes Süppchen. Sie nutzen die Jugend des Königs aus, und Heinrich sitzt noch lange nicht fest genug im Sattel, um sich dagegen wehren zu können.« Wieder
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