Die Verschwoerung der Fuersten
Sinn, und beinahe hätte sie gelacht. Ihre Anspannung löste sich ein wenig, und ebenso plötzlich wie die Furcht gesellte sich ein Gutteil Zorn zu ihrem Schrecken. Mit einer Hand griff sie nach dem Pfosten, als könne er ihr Halt geben, und straffte sich.
»Wald und Land vom Weg nach Roxheim bis hinunter zum Rhein gab mir Graf Konrad von Rieneck selbst zu Eigen als meine Mitgift, und dafür habe ich Brief und Siegel«, erklärte sie fest.
»Mitgift? Was du nicht sagst.« Weigand schnaubte verächtlich. »Und wo ist dein Ehemann?«
»Die Ausstattung ist an keine Bedingung geknüpft, und Bischof Arnold hat mein Recht noch letztes Jahr bestätigt«, sagte Garsende schnell. Sie stieß sich vom Pfosten ab und trat einen Schritt vor. »Ihr könnt mich nicht von hier vertreiben.«
»Und was willst du gegen mein Wort ausrichten, Drude? Bischof Adalbero speist an meiner Tafel, und der Landgraf geht mit mir zur Jagd. Hast du einen Bürgen von edlem Blut, dem es zusteht, gegen mich zu sprechen?« Weigand setzte seinen Stiefel in den Steigbügel und zog sich in den Sattel. »Du kannst von Glück sagen, dass mich dringende Geschäfte nach Speyer rufen und du Zeit hast, deine Habseligkeiten zu packen. Zum Tag des Heiligen Lukas werde ich wieder zurück sein, und dann will ich dich hier nicht mehr vorfinden.«
Er wendete seinen Gaul, drehte sich im Sattel aber noch einmal um und zeigte ihr ein herablassendes Lächeln. »Und was die Bestätigung von Bischof Arnold betrifft, hat es damit keinerlei Bewandtnis. Das Waldstück hat niemals zum
bischöflichen Eigen gezählt. Du hättest schon den König um Bestätigung bemühen sollen«, rief er noch, dann stieß er dem Pferd seine lederbewehrten Fersen in die Flanken und ritt grußlos davon.
Niedergeschmettert und wütend zugleich starrte Garsende ihm nach. Er hatte Recht. Die Herren von Rieneck waren Edelleute mit Land und Gütern, Vogteien und Privilegien; sie dagegen war nur eine Frau und noch dazu eine, die ohne Ehemann und Vormund dastand. Weder die Besitzurkunde noch ihr guter Ruf würden gegen sein Wort genügen. Wenn es ihr nicht gelang, einen Mann von Stand zu beschaffen, der für ihre Sache eintreten und für sie bürgen würde, dann wäre ihr Eigen – Brief hin, Brief her – verloren. Aber wo, bei allen Heiligen, sollte sie nur einen solchen Bürgen bis zum Lukastag auftreiben?
»Auf dass Euch die Leber platzen und Eure Galle überlaufen möge!«, schrie sie ihm endlich zornentbrannt hinterher, doch der Reiter war längst hinter den Bäumen verschwunden.
Als Matthäa kurz vor Sonnenaufgang erwachte, hatte sich Penelope bereits aus dem Staub gemacht. Bandolf schlief noch tief und fest, und Matthäa schlüpfte leise in ihr Gewand, um ihn nicht vorzeitig zu wecken. Der Burggraf schätzte seinen Schlaf und reagierte übellaunig auf Unterbrechungen. Hildrun hatte schon das Feuer im Kamin geschürt, und die stämmige Filiberta rührte mit vor Qualm zusammengekniffenen Augen im Kessel über der Feuerstelle, als Matthäa nach unten kam. Dem großen eisernen Topf entstieg ein Duft nach Hirse, Milch, Kümmel, Lauch und Zwiebeln.
In der Halle war der Überfall auf den Erzbischof von Bremen bereits in aller Munde. Der Kurze Thomas hatte die aufregende Neuigkeit noch vor Sonnenaufgang zusammen
mit einem Eimer Wasser ins Haus gebracht, und die Hauseigenen und Dienstleute des Burggrafen, die sich nach und nach zum Frühstück in der Halle einfanden, stürzten sich mit schaudernder Begeisterung auf das Ereignis.
»Der Kurze Thomas meint, dass man ihn halbtot und mit zerrissenem Gewand auf dem Pfalzhof aufgefunden hat«, bemerkte Prosperius, der wie immer als Erster seinen Platz am Tisch eingenommen hatte. Der junge Schreiber war nur eine Handbreit größer als die Hausherrin, und sein Kittel hing lose um seinen schmächtigen Körper. Braunes Haar fiel lang und wirr in sein schmales Gesicht, und die großen dunklen Augen erweckten stets den täuschenden Eindruck engelsgleicher Unschuld. Wohlgefällig schnupperte er an der Schüssel, die Matthäa auf den Tisch stellte.
»Hildrun, hast du nicht gesagt, der Erzbischof hätte splitterfasernackt vor dem Altar der Pfalzkapelle gelegen?«, wollte Werno, der kahlschädelige Hausmeier des Burggrafen, wissen.
Die junge Magd, die sich untätig an der Feuerstelle herumdrückte, wurde bis über die Ohren rot. Werno wandte sich an seinen Nachbarn. »Was meinst du, Stallmeister, hatte er seine Kleider noch am Leib?« Herwald, Bandolfs
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