Die Verschwoerung von Toledo
christlichen Herrscher jenseits des muslimischen Machtbereichs gibt.
Mit ihm als Verbündeten kann man die rechtgläubige Welt in die Zange nehmen.«
»Das versuchten sie wohl herauszufinden. Aber alle starben dabei.«
»Vielleicht war dieser Priesterkönig Johannes doch nicht so friedlich? Und seine Nachfolger heute? Vielleicht sind sie es noch weniger?«
»Ich hätte Lust, es herauszufinden«, sagte Henri. »Wenn es diesen Priesterkönig tatsächlich gibt, dann hätten wir einen Verbündeten und könnten dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Religionen und Kulturen näher zusammenrücken. Ich meine – wir könnten voneinander lernen! Wäre das nicht wunderbar? Eine Welt, die durch die Erfahrungen aller immer reicher und gebildeter wird und sich nicht mehr bekämpft?«
Jacques blickte skeptisch. »Zu schön, um wahr zu sein. Nein, ich mache eure Reise nicht mit. Mich zieht es zurück ins kalte Lothringen, das Land der Steine und des Eisens. Vielleicht reise ich auch nach Iberien oder Portugal.«
»Ich bin mit von der Partie, mein Freund«, sagte Uthman. »Vielleicht kann der Schatzmeister der Templer dabei seiner reichen Kasse noch mehr Schätze einverleiben? Und für mich armen Sarazenen springt sicher auch ein Andenken heraus.«
»Die Aussicht auf Reichtum leitet mich dabei nicht, der Tempel besaß genug Gelder«, sagte Henri. »Ich hoffe eher auf eine geistige Erfahrung. Wir werden aus Äthiopien einen gemeinsamen Schatz mitbringen, der nur uns gehört, da bin ich mir ganz sicher. Wie auch immer er aussehen mag.«
»Versprichst du mir das, mein Freund?«
»Versprochen!«
»Gut«, erwiderte Uthman. »Machen wir das zum Motto unserer Reise.«
Es wurde Herbst, bis sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnten. Aber ihre Abreise aus Aleppo und die Trennung von Jacques vollzogen sie schon früher, denn die Stadt war wegen der ausgebrochenen Scharmützel zwischen Christen und Sarazenen in Aufruhr. Und die Imame schürten das Fieber.
Henri und Uthman hatten sich in der kleinen Hafenstadt Jablah einquartiert. Hier hofften sie ein Schiff zu finden, das sie an der Küste entlang nach Süden, bis zu den ägyptischen Gestaden, bringen würde.
Es dauerte mehrere Tage, bis sie eine kleine Flotte von Dhaus fanden, die südwärts segelte, es waren syrische Kaufleute, die nach Bur Said wollten. Henri de Roslin bezahlte die teure Passage aus der Kriegskasse der Templer, und dann waren sie sieben Tage auf See.
Das Mittelmeer verhielt sich versöhnlich. Sie fuhren in kleinen Etappen, da die Kaufleute in jeder Hafenstadt an der Küste anlegten, um ihre Waren abzusetzen und Rohstoffe zu kaufen. So kamen sie erst drei Wochen später in Bur Said an.
Im Trubel dieser Stadt, die als Ausgangspunkt für alle Karawanen nach Süden galt, fühlte sich Henri fremd, aber sein Gefährte Uthman bewegte sich wie ein Fisch im Wasser. Und so gelang es ihnen nach zwei Tagen, sich einer Karawane anzuschließen, die auf Kamelen Weihrauch, Balsam und Häute nach Bur Taufiq brachte. Diesmal ging die Reise durch glühend heiße Wüstenregionen, aber der Trampelpfad der Kamele erreichte immer wieder Oasen, in denen wie durch ein Wunder Quellen sprudelten und kleine Bäche mit Süßwasser das ausgetrocknete Land durchzogen. Und weitere sieben Tage später erreichten sie ihr Ziel am ausgedehnten Roten Meer.
Hier, in der kleinen, bunten Stadt hinter ungewöhnlich dicken Mauern, in der sich blaue und gelbe Hauswürfel abwechselten, mussten sich Henri und Uthman von der Karawane trennen. Sie mieteten sich am Hafen zwei saudische Seeleute mit einem Dhau, die sie nach Ras Gharib brachten. Von dort aus gelang es Uthmans sarazenischen Überredungskünsten, einen jungen Fischer namens Ali aufzutreiben, der sie für einen ganzen Jahreslohn an der Küste entlang bis Mitsawa segelte.
Auch jetzt blieben die Winde günstig. Das kleine Schiff Alis, eine Canja mit rotem Lateinersegel, kämpfte sich um lang gestreckte Landzungen herum, die tief in Sümpfe und unbewohnte Lagunen hineinführten. Am Abend machten riesige Mückenschwärme das Atmen schwer, und so war Ali, der Fischer, froh, als er weiter hinausfahren durfte, weg von den Untiefen und verborgenen Klippen, die schon vielen Seglern zum Schicksal geworden waren.
Hin und wieder begegneten ihnen Fischerboote, in denen nur einzelne Männer fischten. Ali bemühte sich, Fahrrinnen mit tiefem, fließendem Wasser zu finden. Nirgends am Ufer sahen sie Zeichen einer Ansiedlung. Nur einmal stieg
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