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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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ehrfurchtsvoll unter ständigem Kreuzeschlagen. »Sie kamen einst als Leichen über den stürmischen Asmarasee, hier bleiben sie bis zum Ende der Zeit.«
    Direkt neben dem Tempel sickerte in einem blauen Streifen neben Papyrusstängeln eine Quelle hervor, sie weitete sich zu einem kleinen blauen Fluss, der im dichten Schilf verschwand. »Eine heilige Quelle«, beschrieb ein Führer mit respektvoller Stimme den Bach. »Sie wird zum Fluss, der unter dem Asmarasee hindurchtaucht und jenseits davon als längster Fluss der Welt bis zum Rand der Erdenscheibe weiterfließt.«
    Henri dachte, dies müsse die geheimnisvolle Quelle des Blauen Nils sein. Er verspürte den heftigen Wunsch, seinen Wissensdurst zu stillen und den Priesterkönig endlich zu sehen. Diese Inselwelt mit ihren würzigen Gerüchen, ihren üppigen Farben und Formen, ihrer eigenartigen, friedvollen Stimmung übte einen tiefen Zauber auf ihn aus.
    Hinter der Ansiedlung der Bettelmönche und einem dichten Wald, der die weitere Insel verbarg, stieg das Gelände unvermutet weiter an. Jetzt öffneten sich im Wind wogende Felder und grüne Höhenzüge, in einer Art Parklandschaft standen uralte riesige Bäume. Als sie weitergingen, entdeckten sie Felsen, die bearbeitet erschienen, dann erkannten sie eine Burgruine, überwachsen mit Schlingpflanzen und Kakteen, bunte Sumpfvögel schwirrten herum, langschwänzige Affen kletterten an Lianen. Aus dem Inneren der umliegenden Täler heraus dampften warme Quellen.
    Zu Füßen der bizarren Burg brannten überall offene Feuer. »Sie feiern morgen ihr Maskaifest zur Entdeckung des wahren Kreuzes!«, erklärte ein Führer. »Dann wird auch das Oberhaupt erwartet.«
    »Der Priesterkönig!«, entfuhr es Uthman.
    »Es ist der Hochbetagte«, sagte der Mönch schlicht.
    »Dürfen wir daran teilnehmen?« Henri verspürte, wie seine Unruhe immer stärker wurde.
    »Ganz ausgeschlossen. Ihr müsst vor Einbruch der Nacht wieder zurückfahren. Denn nachts sind die Flusspferde im See lebensgefährlich. Es treiben sich auch shiftas, üble Piraten, herum. Und übernachten dürfen auf dieser heiligen Insel keine Fremden.«
    »Aber wenn ihr Oberhaupt der Priesterkönig ist, dann müssen wir ihn treffen. Wir waren lange unterwegs – könnt ihr Leute euch das überhaupt vorstellen?«
    »Es ist der Hochbetagte«, wiederholte der Mönch nur, »manche sagen, er sei nicht wirklich.«
    Uthman deutete auf einen schnell herantretenden Mann. Er war spindeldürr und lang wie eine Hellebarde, ein spitzer Bart zierte sein spitzes Kinn. »Folgt mir!«, befahl er barsch.
    Im Gänsemarsch ging es einen von Papyrus, wildem Kaffee und Feigenbäumen gesäumten Pfad entlang zum höchsten Gipfel der Insel. Bald waren die Männer in der dünnen Höhenluft, die hier herrschte, erschöpft. Oben angekommen, öffnete sich ein prachtvoller Ausblick über den ganzen See und die Farbtupfer darin, sämtlich Klosterinseln. Ein terrassenförmiges Dorf zog die Besucher in ihren Bann, es war gekrönt von einer blau angemalten Hütte, die ein goldenes Koptenkreuz in einer Rosette mit sieben Spitzen aus Straußeneischalen trug.
    »Debra Mariam, das neue Kloster des Oberpriesters!«, sagte einer der Mönche, und ihr Führer übersetzte das für die Fremden.
    »Diese Hundehütte da?« Ungläubig deutete Uthman in die Höhe.
    »Kommt!«
    Sie erklommen die letzten dreihundert Ellen. Ein Junge mit zerfressenen Lippen öffnete ihnen die Tür. Der Raum, in den sie traten, war wie in einem Irrgarten dreigeteilt. Und jeder der drei quadratischen Gänge, begrenzt von weiß gestrichenen Lehmwänden, von denen mit übergroßen Augen starre Heilige auf die Fremden schauten, war leer – bis auf eine Art Altar, einen flachen Tisch in der Mitte.
    »Geht hinein, es ist magdas, das Allerheiligste!«, forderte sie der Junge auf. »Mehr können wir Fremden nicht zeigen.«
    Die Gefährten traten in die Hütte. Im Zentrum lagen auf dem Tisch dicke handgeschriebene Bücher, rotbraun und schwarz bemalt, Pergamente, vergilbte Manuskripte. Henri zog eines der gut zwei Fuß hohen Bücher zu sich heran, es war in präpariertes Ziegenleder gebunden, prachtvolle Zeichnungen zeigten würdevolle, betende oder reisende Gestalten, Kirchenfürsten mit goldgemalten Umhängen. Die roten Schriftzeichen waren unverständlich, Uthman murmelte aber: »Althebräisch, das liturgische Ge’ez, das schon der Prophet Musa, euer Moses, gesprochen hat und später die Herrscher von Axum, mehr als dreitausend Jahre

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