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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Kindheit auf den Straßen begegnet war – vielleicht war sie nicht ganz so schmutzig wie diese, konnte sich ein wenig besser ausdrücken, hatte aber letztlich auch kein anderes Los zu erwarten als ein trostloses Leben, das aus Arbeit, Ehe und immer wieder Arbeit bestand.
    Dann eines Tages war sie mit einem gut aussehenden schüchternen jungen Mann bekannt gemacht worden. Rasch dürfte sie dahinter gekommen sein, dass es sich bei ihm um einen feinen Herrn handelte, auch wenn ihr nicht sogleich klar war, dass er ein Prinz war. Doch er unterschied sich von allen anderen, war durch seine Taubheit und alles, was ihm diese über die Jahre zugefügt hatte, von ihnen getrennt. Sie hatten etwas entdeckt, vielleicht eine Art von Gemeinsamkeit, die keiner von beiden zuvor gekannt hatte, und sich ineinander verliebt.
    Doch genau das wurde ihnen zum Verhängnis. In ihren wildesten Träumen hätten sie sich nicht das Grauen ausmalen können, das danach über sie hereingebrochen war.
    Nach wie vor stand Gracie unter dem Eindruck dessen, was sie empfunden hatte, als ihr mit einem Mal aufging, dass sie am Mitre Square stand, und ihr beim Anblick von Remus’ Gesicht im Schein der Gaslaterne klar wurde, hinter wem er her war. Beim bloßen Gedanken daran zog sich ihr Magen selbst jetzt zusammen, da sie um vier Uhr nachmittags in der warmen Küche in der Keppel Street Tee trank und überlegte, welches Gemüse sie für das Abendessen zubereiten sollte.
    Wieder einmal hatte Emily die beiden Kinder ausgeführt. Seit Pitts Abordnung nach Spitalfields hatte sie viel Zeit mit Daniel und Jemima verbracht, was sie in Gracies Wertschätzung gewaltig hatte steigen lassen. Eigentlich hatte sie die Schwester ihrer Herrin für ein wenig verwöhnt gehalten und sah angenehm überrascht, dass sie sich geirrt hatte.
    Sie hielt nach wie vor nachdenklich den Blick auf die Reihen blau-weißer Teller auf der Anrichte gerichtet, als ein Klopfen an der Hintertür sie ruckartig in die Wirklichkeit zurückholte.
    Es war Tellman. Er trat ein und schloss die Tür hinter sich. Er schien besorgt zu sein und wirkte müde. Sein reinlicher Hemdkragen saß so knapp wie eh und je, doch die Haare waren ihm in die Stirn gefallen, als wäre es ihm zu viel Mühe gewesen, sie wie sonst sorgfältig nach hinten zu bürsten. Außerdem hätte er schon mindestens vor einer Woche zum Friseur gehen müssen.
    Ohne ihn zu fragen, ob er Tee wolle, ging sie zur Anrichte und goss ihm eine Tasse ein.
    Tellman setzte sich ihr gegenüber an den Tisch und trank. Da kein Kuchen im Hause war, konnte sie ihm keinen anbieten. Sie hielt es nicht für erforderlich, von sich aus das Schweigen zu brechen.
    »Ich habe nachgedacht«, sagte er schließlich und sah sie über den Rand seiner Tasse an.
    »Ja?« Sie wusste, dass er sich Sorgen machte, konnte es ihm am Gesicht ablesen, an der Art, wie er dasaß, die Tasse hielt, hörte es am Klang seiner Stimme. Wenn sie ihn nicht unterbrach und nicht in ihn drang, würde er von sich aus sagen, worum es ging.
    »Sicher haben Sie schon gehört, dass man den Fabrikbesitzer in Spitalfields umgebracht hat, einen gewissen Sissons?«
    »Ja. Erst hieß es, vielleicht würden all seine Fabriken zugemacht, dann haben der Kronprinz, Lord Churchill und ’n paar von seinen Bekannten Geld aufgebracht, um sie in Gang zu halten, jedenfalls fürs Erste.«
    »Ja. Man sagt, ein Jude soll ihn umgebracht haben, weil sich der Mann von mehreren Juden Geld geliehen hat und es nicht zurückzahlen konnte.«
    Sie nickte. Davon hatte sie nichts gehört.
    »Na ja, vermutlich sollte dieser Mord etwa zur selben Zeit stattfinden, als Remus die letzten Beweisstücke im Fall des Mörders von Whitechapel in die Hände bekam. Nur hat er bis jetzt nichts bekommen, weil die Sache mit der Zuckerfabrik nicht so gelaufen ist, wie die das wollten.« Er sah sie nach wie vor aufmerksam an. Vermutlich wollte er sehen, was sie von der Sache hielt.
    Sie war verwirrt, begriff die Zusammenhänge nicht.
    »Ich war wieder bei Mr. Pitt«, fuhr er fort. »Aber er war nicht da. Man versucht, den Mord an Sissons dem Mann anzuhängen, bei dem Mr. Pitt wohnt. Er heißt Isaak Karansky.«
    »Und meinen Sie, dass er es war?«, fragte sie und stellte sich vor, was Pitt dabei empfinden würde. Um seinetwillen hoffte sie, dass es sich nicht so verhielt. Sie hatte schon früher gesehen, wie es ihn mitnahm, wenn sich zeigte, dass jemand aus seinem Bekanntenkreis einer entsetzlichen Tat schuldig war.
    »Ich weiß

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