Die Versteckte Stadt: Thriller
kickt sie weg … aber es kommen immer mehr. Und er weiß, wann er verloren haben wird. Wenn es ihnen gelungen sein wird, ihm eine Wunde zu nagen. Wenn sie sein Blut gerochen haben und begreifen, dass ER das ist, was sie suchen. Nahrung. Dass sie ihn auffressen können, annagen, abnagen, sich an seinem Fleisch sattessen, bis sie so schwer sind wie kleine Katzen und auch genauso groß.“ Er starrt Till an. „Und weißt du warum?“
„Warum was?“
„Warum wir das machen.“
„Nein.“ NEIN!
„Um ihn zu prüfen, Till. Um zu sehen … um zu sehen, was in ihm steckt.“ Felix‘ Gesicht zieht sich auseinander, als ob er lachen muss. ‚Was in ihm steckt‘, wiederholt er, die Lippen bewegend aber lautlos.
4
„Um Gottes Willen“, die Stimme ist leise und heiser. „Lass mich endlich hier raus, Felix.“
Tills Haut glüht von den Wunden, die er sich gerissen hat, seine Nerven sind von den Schreien des Rattenmannes hinter der Wand wie versengt.
„ Sie wollten es so, es sei so schön“, raunt Felix Till zu und nickt hinüber zu den Gestalten mit den Ziernarben, Piercings und Höckern, die sich unter der Frau an der Decke zusammendrängen. „Sie wollten, dass dir ein Mittel gespritzt wird, das die Muskeln in regelmäßigen Abständen kontrahiert. Das sind keine Maden unter deiner Haut, Till. Die Wellen entstehen, wenn sich die Muskeln zusammenziehen - es wird sich rasch wieder geben … “
Till hat seine Arme vor sich ausgestreckt und starrt darauf, im Kopf ein Rauschen.
„Und die Nähte“, hört er Felix, „gehören auch dazu.“
‚Gehören auch dazu … ‘
„Dazu, dass es schöner ist“ - aber im gleichen Moment wird Felix von einem Schrei des Rattenmanns hinter der Wand unterbrochen.
Gequält dreht Till Felix den Kopf zu - sieht, wie Felix auf eine senkrechte Stange deutet, die an der Wand befestigt ist. „Das ist der Griff! Es ist nur eine Holzwand, Till. Ich bin nicht derjenige, der den Rattenmann rauslassen muss - du kannst es selbst machen .“
Tills Blick springt in Felix’ Augen. Was soll das? Was bezweckt er damit?!
Felix‘ Zunge schnellt über seine Unterlippe. „Aber ich sage es dir in aller Klarheit, Till. Vertrau mir - warte die zwei Minuten ab, die noch bleiben - und der Mann lebt, auch wenn er jetzt schreit.“
„Oder?“
„Oder warte nicht, reiß die Wand zurück - und du wirst ihn töten. Du wirst zugleich das Gitter aufreißen, das ihn noch davor schützt, von so vielen Nagern überrannt zu werden, dass er sich nicht mehr dagegen wehren kann.“
Ein neuer Schrei teilt die Luft. Till kann die Worte nicht verstehen. Es klingt, als ob der Mann hinter der Wand bei lebendigem Leibe gebraten wird.
Tills Hand zittert.
„Eine Minute noch - “
„Dann ist er tot“, Till brüllt, „ist es das? Dann habe ich zu lange gewartet! Du willst mich wahnsinnig machen - du willst, dass ich warte, obwohl ich ihn schreien höre - dass ich warte, bis es zu spät ist - bewusst warte, bewusst es versäume, den Mann zu retten, der um Hilfe schreit!“
„Wie du meinst“, Felix fährt sich mit gespreizten Fingern durchs Haar, „ich habe dir gesagt, was ich denke.“
„Ich höre euch doch“, dringt die Stimme durch die Wand. „Seid ihr wahnsinnig. Sie - “
Die Stimme verzerrt sich. Till sieht es vor sich, wie sie begonnen haben, den Rattenmann zu verspeisen. Wie er sich zu seiner Hose herabbeugt, in die ein Nager von unten hineingekrochen ist. Der Schmerz rast durch seinen Körper, er reißt, die Naht der Hose platzt auf, er starrt auf seine Haut, in die sich die Ratte gewühlt hat, die Krallen in sein Fleisch gegraben, die nackte Nase schon unter die Haut geschoben.
„Vertrau mir Till“, Felix deutet auf die Uhr an seinem Handgelenk, „nur noch ein paar Sekunden.“
„Ich soll dir vertrauen - nachdem du mich hierher gebracht hast, nach dem, was hier unten passiert ist? Nachdem ihr was? Mich umoperiert habt?!“
Felix’ Augen glänzen. „Genau das, mein Freund, das ist ja gerade die Herausforderung!“
Tills Nerven flattern. Die Schreie überziehen sein Denken wie Sirup, er kann keinen Gedanken fassen. Aber er reißt sich zusammen, mit einem Satz ist er an der Wand, hinter der der Rattenmann schreit -
„Denk nach, Till!“
Er fährt herum, Felix steht mitten im Raum, sein Kopf stößt fast an die Decke. „Warum sollte ich dir beweisen, dass du mir NICHT trauen kannst? Du weißt, dass ich dich noch brauche! Also! Warum sollte ich das tun?“
„Was
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