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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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dass ich nie bei Nacht reisen soll. Ich habe aus diesem Grund in Aschaffenburg übernachtet.“
    „Natürlich sollte eine junge Dame nachts nicht allein reisen, nicht in einer öffentlichen Kutsche.“
    „Ich wüsste aber wirklich nicht, warum wir schon heute Abend reisen sollen ...“
    „Reicht es, wenn ich Ihnen sage, dass Sie mir damit einen großen Gefallen tun würden?“
    „Sie werden sicher gute Gründe für diesen Wunsch haben?“
    „Natürlich habe ich gute Gründe“, antwortete Hamilton.
    Was sollte er ihr sagen? Er wollte ihr nicht verraten, dass er heute Nachmittag unverhofft das Wappen seiner Familie auf einer Kutsche im Hof des Hotels entdeckt hatte und dass er einen Diener, der mit dem Gepäck beschäftigt war, ausgefragt und erfahren hatte, dass sein Onkel James mit Frau und Töchtern auf dem Weg zur Kur nach Baden-Baden sei. Da Hamilton um jeden Preis eine zufällige Begegnung vermeiden wollte, war er stundenlang in Frankfurt umher spaziert bis die Dämmerung hereinbrach, weil er sicher war, dass die Familie seines Onkel sich jetzt den Tee servieren ließ. Aber er musste damit rechnen, dass er ihnen spät am Abend im Hotel begegnen würde oder morgen früh, man würde ihn nach seiner Begleiterin fragen, auf jeden Fall konnten sie seinen Namen und ihren im Gästebuch entdecken …
    Hamilton holte kurz tief Luft, dann sagte er: „Ich möchte aus bestimmten Gründen morgen früh sehr zeitig in Mainz sein.“
    „Aber würde es nicht reichen, wenn wir gegen vier Uhr morgens abreisen?“
    Hamilton unterdrückte ein Seufzen, aber er wusste, dass jedes Bestehen auf einer sofortigen Abreise nur Isabelles Misstrauen schüren würde. So nickte er kurz und betonte, dass er pünktlich um vier Uhr vor ihrer Tür stehen werde.
     
    Es war früh am Morgen, als Isabelle und Hamilton in Mainz eintrafen. Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel erklärte Hamilton, er halte es für ratsam, Erkundigungen über die Baronin Walldorf einzuholen, ehe Isabelle ihren Antrittsbesuch bei ihr mache. Nach einer Stunde kehrte er zurück und rief: „Das ist wirklich ein sehr merkwürdiges Benehmen!“
    Isabelle sah ihn erschrocken an: „Was ist passiert? Haben Sie mit ihr gesprochen?“
    „Nein, das war nicht möglich – sie ist bereits wieder abgereist – ohne eine Nachricht für Sie zu hinterlassen.“
    „Es muss irgendein Irrtum vorliegen, vielleicht erwartet sie mich erst nächsten Monat … Ich habe den Brief gelesen, den sie an Mademoiselle Hortense geschrieben hat. Sie schien sich auf mein Kommen zu freuen, auch wenn sie bedauerte, dass ich nicht ein paar Jahre älter sei, aber auf jeden Fall wolle sie mich für mindestens ein Jahr behalten … und jetzt scheint mich niemand zu erwarten. Sie scheint völlig vergessen zu haben, dass sie eine Gouvernante bestellt hat. Es ist völlig unbegreiflich!“
    „Sie ist nach Bad Ems gegangen – das ist nicht weit von Koblenz“, sagte Hamilton.
    „Sie wollen mir doch sicher nicht raten, sie noch weiter zu verfolgen“, rief Isabelle entrüstet.
    „Keineswegs. Ich habe Ihnen geraten und ich rate Ihnen immer noch, nach München zurückzukehren.“
    „Trotzdem will ich noch einen Versuch machen, wenn auch mit dem größten Widerwillen“, sagte Isabelle. „Es wäre wirklich mehr als ärgerlich, wenn ich diese Reise völlig umsonst gemacht hätte. Aber ich könnte vielleicht an die Baronin schreiben ...“
    „Schreiben Sie“, sagte Hamilton, „wir können hier auf die Antwort warten. Mainz ist eine recht hübsche Stadt, in der man ohne Weiteres zwei oder drei Tage angenehm verbringen kann.“
    Isabelle schrieb den Brief, ehe sie mit einem gemieteten Fremdenführer einen kleinen Rundgang durch die Stadt unternahmen. Als sie den Rheinweg entlang gingen, erregte ein offenbar nagelneues Dampfschiff ihre Aufmerksamkeit. Ein großes Plakat verkündete, dass es am nächsten Morgen ablegen werde, mit dem Ziel Köln. Es war offensichtlich möglich, das Innere des Schiffes zu besichtigen. Der Kapitän schien von Isabelles Schönheit beeindruckt zu sein und übernahm die Führung persönlich. Nach verschiedenen ausführlichen Erklärungen zu Kabinen und Technik fragte er, ob sie morgen zu seinen Passagieren gehören würden.
    „Wir sind noch nicht ganz entschlossen“, sagte Hamilton und lächelte über Isabelles Verlegenheit.
    „Wir werden schönes Wetter haben“, bemerkte der Kapitän, „und schon am Abend in Köln sein.“
    „Ich glaube nicht, dass es eine angenehmere

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