Die Versuchung
her“, sagte Rosenberg.
Madame Rosenberg zog ihren Mann zur Seite und begann mit ihm eine Diskussion im Flüsterton, während Isabelle in peinlicher Verlegenheit neben ihrem Tisch stand, als Hamilton eine lange goldene Kette aus der Tasche zog und an der Uhr befestigte.
„Ich werde sie nicht annehmen dürfen!“, sagte Isabelle und schüttelte den Kopf.
„Sie werden sie natürlich annehmen“, widersprach Hamilton.
Er hatte recht, denn Herr Rosenberg gab schließlich mit einigem Widerstreben und leicht ärgerlich, wie es schien, seine Einwilligung.
„Ich danke Ihnen, ich danke Ihnen vielmals“, rief Hamilton mit solcher Dankbarkeit, dass Madame Berger herbeigeeilt kam und rief: „Ich muss unbedingt wissen, was Isabelle Ihnen geschenkt hat, dass Sie sich so darüber freuen.“
„Das ist ein Geheimnis“, sagte Hamilton lachend und wendete sich ab, während sie ihn mit Vermutungen verfolgte.
„Auf alle Fälle ist es nicht der halb fertige Reisesack, denn den könnten Sie nicht in die Tasche stecken, ebenso wenig ist es eine Börse oder ein Zigarrenetui. Oh, bestimmt ein Paar Hausschuhe oder eine gestickte Brieftasche. Sie können es mir ruhig sagen, da ich es sowieso von Sophie erfahren werde. Haben Sie den prächtigen Schmuck gesehen, den sie vom Major bekommen hat und die drei Armbänder? Und dann die wunderschönen Kaffeelöffel, die ihre Patin ihr aus Augsburg geschickt hat, obwohl Sophie sich gar nichts aus den Löffeln macht.“
Madame Rosenberg ging im Zimmer umher und verteilte Bonbons und kleine Geschenke. Als die Lichter an den Bäumen herunter gebrannt waren, ließen die Erwachsenen die Kinder mit ihren neuen Schätzen allein und gingen hinüber in den Salon. Alle schienen zufrieden zu sein – außer Raimund, der mit gerötetem Gesicht und gerunzelter Stirn neben seiner Verlobten saß, zu der er hin und wieder etwas sagte. Schließlich sprang er auf, schützte irgendeine Verpflichtung in der Kaserne vor und verließ das Zimmer.
„Nun“, sagte Madame Rosenberg, als sie einen hübsch verzierten Kuchen anschnitt, „wir können auch ohne ihn auskommen, da der Major wieder da ist und seinen Platz beim Kartenspiel einnehmen kann. Aber ich weiß wirklich nicht, was ihn so verstimmt hat.“
„Wer ist verstimmt?“, fragte Frau von Hoffmann, die nur die letzten Worte verstanden hatte.
„Niemand, Mama“, antwortete ihre Tochter schnell. „Der arme Philipp“, sagte sie leise zu Isabelle, „ich glaube, es ärgert ihn, dass er mir nicht solche Geschenke machen kann wie Ihre Schwester sie von Major Stutzenbacher bekommen hat. Es wäre besser gewesen, wenn wir nicht zu Ihrer Bescherung gekommen wären; ich hatte keine Ahnung, dass sie so glänzend ausfallen würde.“
„Oh, bei uns ist die Bescherung sonst auch bei weitem nicht so großartig, aber Sophie hat als Braut in diesem Jahr einfach sehr viele Geschenke bekommen und das scheint alle etwas angesteckt zu haben. Aber Ihr Baum ist bestimmt auch sehr hübsch gewesen. Warum haben Sie uns nicht eingeladen, ihn anzusehen?“
„Philipp wollte es nicht – und er hat mir verboten zu sagen, dass dieses Armband von ihm ist, als mir Sophie ihres zeigte. Er denkt doch hoffentlich nicht, dass ich auf die Geschenke Ihrer Schwester neidisch bin. Leider ist meine Mutter mit ihm als ihrem zukünftigen Schwiegersohn in letzter Zeit weit weniger einverstanden als anfangs, sie hat sogar schon davon gesprochen, die Verlobung wieder zu lösen. Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, dass Philipp Sie vorzieht, auch wenn sie zugeben muss, dass Sie seine Neigung ganz sicher nicht erwidern. Madame Berger hat sich auch bemüht, sie aufzuklären ...“
„Höchstwahrscheinlich, indem sie ihr etwas Boshaftes über mich erzählt hat“, sagte Isabelle errötend.
„Sie erzählte uns eine lange Geschichte von Graf Zedwitz, von der ich nichts weiter glaube außer, dass er Sie gerne heiraten würde und dass seine Familie die Verbindung wohl nicht erlauben will. Am Ende behauptete sie schließlich noch, Sie hätten Gefühle für den jungen Studenten Biedermann, der Ihnen Unterricht gibt.“
„Das sieht ihr ähnlich!“, rief Isabelle entrüstet.
„Philipp, der dabei war, lachte heftig, er war von ihrem Geplapper so belustigt, dass er so liebenswürdig war wie schon lange nicht mehr, bis er hierher kam und Sophies Armbänder und die Uhr sah, die Herr Hamilton Ihnen geschenkt hat.“
„Ich habe nicht die Absicht, die Uhr zu behalten“, antwortete Isabelle leise.
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