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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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keine Minute lang ...“
    „Schuft!“, rief Hamilton laut, indem er hastig die Treppe emporstieg. „Wie kannst du es wagen, die Dunkelheit zu benutzen, um mich auf diese Weise zu verleumden? Wer bist du?“
    Es folgte ein kurzes heftiges Handgemenge, aber im Finsteren gelang es dem Fremden, sich loszureißen; er sprang die Treppe hinab und warf die Haustür so heftig hinter sich zu, dass das Haus erbebte. Hamilton wollte ihm folgen, aber Isabelle fasste ihn am Arm und bat ihn fast atemlos, zu bleiben.
    „Gehen Sie ihm nicht nach, es wäre sinnlos! Ich hätte wissen sollen, dass Sie es nicht waren.“
    „Es ist stockfinster, er sprach sehr leise und auf Französisch – zudem sagte er Dinge, die ich auch hätte sagen können ...“
    Sie stiegen die Treppe hinauf, während Madame Rosenberg von oben rief: „Sie haben sich alle Mühe gegeben, uns wissen zu lassen, dass Sie die Haustür gründlich geschlossen haben, Herr Hamilton. Aber ich freue mich, dass Sie da sind, denn es regnet in Strömen, und da Sie keinen Regenschirm mitgenommen haben, müssen Sie bis auf die Haut durchnässt sein.“
    „Ich glaube, dass ich ziemlich nass geworden bin“, antwortete Hamilton.
    Kaum stand er im Korridor, sagte Madame Rosenberg: „Dann ziehen Sie gleich Ihre nassen Kleider aus, sonst bekommen Sie noch einen von Ihren englischen Schnupfen oder am Ende sogar Fieber. Was für ein unangenehmes Wetter zu Weihnachten.“
     
    15
    Am Abend des ersten Weihnachtstages hatte Hamilton noch lange mit Herr Rosenberg und Major Stutzenbacher Karten gespielt. Mitten in der Nacht, gegen drei Uhr, schreckte er auf, als heftig die Klingel an der Haustür betätigt wurde. Im ersten Augenblick dachte er, er habe geträumt, doch Walburga, die hinab geschickt wurde, kehrte mit Graf Zedwitz' Diener zurück, der heftig an Hamiltons Tür klopfte und dann etwas von Fieber und Cholera stammelte.
    „Was ist los?“, rief Madame Rosenberg aus dem Schlafzimmer und legte hastig einen schwarzen Schal um. „Was will der Mann?“
    Sie folgte ihm in Hamiltons Zimmer, wo der Bote gerade erklärte, dass sein Herr spät abends krank nach Hause gekommen sei, erbrochen habe und vermutlich an Cholera erkrankt sei. Er habe sich geweigert, mitten in der Nacht nach jemandem zu schicken, aber er sei überzeugt, dass jemand kommen und an seine Familie schreiben müsse.
    „Ich muss gestehen, dass ich es für sehr unnötig halte, Herrn Hamilton einer solchen Gefahr auszusetzen“, sagte Madame Rosenberg. „Graf Zedwitz hat gewiss noch andere Freunde oder Verwandte, an die er sich wenden kann.“
    Der Diener erklärte, dass er noch nicht lange bei Graf Zedwitz sei und Hamilton häufiger bei Zedwitz gewesen sei als andere Bekannte, deren Adresse er zudem nicht kenne. Er blickte fragend zu Hamilton, der bereits aus dem Bett gesprungen war und seine hastige Toilette, ohne auf Madame Rosenberg zu achten, beendet hatte. Seine Antwort bestand darin, dass er seinen Mantel nahm und auf die Tür zuging.
    „Sie werden sich doch nicht wegen eines Bekannten einer solchen Gefahr aussetzen?“, rief sie.
    „Die Gefahr ist vermutlich weniger groß als Sie glauben“, erwiderte Hamilton. „Es ist gar nicht sicher, ob Cholera ansteckend ist.“
    „Was Sie nicht sagen“, rief Madame Rosenberg. „Sie werden Sie noch in unser Haus bringen. Denken Sie wenigstens an uns, wenn Sie schon nicht an sich denken.“
    „Es wird wohl am besten sein, wenn ich eine Woche lang nicht in Ihr Hause komme“, antwortete er. „Bis dahin dürfte feststehen, ob es überhaupt Cholera ist und irgendeine Gefahr besteht.“
    „Oh Mama“, rief Isabelle, die im Flur stand, „willst du nicht mit dem Papa darüber sprechen? Vielleicht ...“
    „Geh zu Bett“, unterbrach ihre Mutter sie, „steh nicht im Nachthemd in der Kälte herum, sonst bekommst du auch noch die Cholera. Geh zu Bett!“ Und zu Hamilton: „Ich versichere Ihnen, dass ich nicht unfreundlich sein will, aber ich habe kleine Kinder, und es wäre entsetzlich, wenn hier im Haus die Cholera ausbräche, wenn ich vielleicht eines der Kinder oder meinen Mann verlöre.“
    „Sprechen Sie nicht von so etwas“, rief Hamilton. „Ich werde auf keinen Fall zurückkommen, ehe die Gefahr vorüber ist.“
     
    „Warten Sie, gnädiger Herr“, rief der Diener Hamilton zu, als dieser die Straße hinab eilte. „Graf Max ist nicht in seiner Wohnung, er ist gerade gegenüber auf der anderen Straßenseite, beim Schuhmacher.“
    „Beim Schuhmacher!“,

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