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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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„Sie ist ein viel zu wertvolles Geschenk, als dass man es von einem – einem Fremden annehmen könnte – aber das ist ohne jede Bedeutung für Philipp.“
    „Wollen Sie mir nicht sagen, was es mit Graf Zedwitz wirklich auf sich hat?“
    „Nicht jetzt, Caroline – ich möchte darüber am liebsten überhaupt nicht mehr sprechen“, sagte Isabelle.
    Hamilton wurde so von Madame Berger in Anspruch genommen, dass er gar nicht aufsah, als Isabelle an ihm vorbeiging, aber Olivias Augen folgten ihr und sie sagte lachend: „Haben Sie gesehen, wie Isabelles Hand zitterte, als sie uns den Kuchen anbot? Ich bin sicher, dass sie wütend ist, wenn ich mir auch nicht vorstellen kann, worüber. Der Doktor ist übrigens jetzt auch der Hausarzt der Hoffmanns. Dieser Graf Raimund ist charmant, aber er scheint sich überhaupt nichts aus seiner Verlobten zu machen, die jedenfalls auch nicht hübsch ist. – Sehen Sie, Isabelle wird uns diesmal keinen Kuchen anbieten, weil wir vorhin keine Notiz von ihr genommen haben.“
    „Ich hatte sie gar nicht gesehen“, sagte Hamilton und stand auf, um ihr zu folgen und um ein Stück Kuchen zu bitten. Dabei hörte er, wie Madame Ludwig, die ganz in der Nähe saß, gerade zu Doktor Berger sagte: „Ihre Frau lässt sich heute Abend von diesem Engländer ganz schön den Hof machen.“
    „Das ist ihre Art“, antwortete er achselzuckend. „Widerspruch macht sie nur noch aufsässiger, deshalb tue ich gewöhnlich so, als sähe ich sie nicht. Im Übrigen sind das Herz und die Gedanken des Engländers ganz woanders, selbst wenn er mit meiner Frau spricht.“
    Hamilton sah Isabelle an und glaubte, die Andeutung eines Lächelns auf ihrem Gesicht zu sehen, ehe sie sich abwandte. Er ging langsam zu seinem Stuhl zurück und widmete sich ganz seinem Stück Kuchen.
    „Sie hat Ihnen wohl verboten, mit mir zu sprechen!“, bemerkte Olivia ungehalten.
    „Wer? Madame Ludwig?“
    „Madame Papperlapapp – Sie wissen, dass ich Isabelle meine.“
    „Sie hat gar nicht mit mir gesprochen.“
    „Vielleicht war ein Blick ausreichend.“
    „Sie hat mich nicht angesehen.“
    „Aber Sie haben sie angesehen?“
    „Natürlich! Ich liebe es, sie anzusehen – und Sie auch, wenn Sie nichts dagegen haben.“
    „Ich sehe, dass ich mich beim Doktor über Sie werde beklagen müssen, und ich kann Ihnen sagen, dass er entsetzlich eifersüchtig sein kann.“
    „Dann ist es ungemein rücksichtsvoll von ihm, dass er uns die ganze Zeit den Rücken zukehrt“, sagte Hamilton lachend. „Man könnte beinahe glauben, dass er es mit Absicht tut. Aber sehen sie, die Kinder kommen, um uns Gute Nacht zu sagen, und die Hoffmanns scheinen zu gehen.“
    „Wahrscheinlich wird der Doktor darauf bestehen, dass wir ebenfalls gehen“, sagte sie, „er nimmt gar keine Rücksicht auf mich und denkt natürlich nicht daran, dass ich die Mitternachtsmette mit Ihnen – mit ihnen allen besuchen möchte.“
    Der Doktor bestand in der Tat darauf, die Gesellschaft ebenfalls zu verlassen. Rosenberg erklärte sofort, er werde sich ins Schlafzimmer zurückziehen, während seine Frau ankündigte, auf dem Sofa zu ruhen, bis es Zeit sei, in die Kirche zu gehen. Isabelle ging zum Fenster und starrte in die Dunkelheit.
    „Ich wünschte, es würde schneien“, sagte sie zu Hamilton, der ihr gefolgt war.
    Er öffnete das Fenster und beugte sich hinaus. Dann flüsterte er „Wer ist das?“ und deutete auf eine Gestalt, die auf der anderen Straßenseite stand und jetzt schnell davonging.
    „Ich glaube, das war Graf Zedwitz“, antwortete Isabelle.
    „Sie wussten, dass er dort ist? Sie gingen zum Fenster, um ihn zu sehen?“
    „Nein!“
    „Wieso wissen Sie dann, dass er es war?“
    „Ich habe seinen Mantel erkannt. – Wie schnell Sie mich verdächtigen“, sagte sie verärgert.
    „Mein Verdacht war kein Vorwurf. Immerhin wäre es verständlich, dass Sie sich ihm am Fenster zeigen, um ihn etwas aufzumuntern, den armen Kerl.“
    „Das würde ich ganz sicher nicht tun, denn das wäre unverzeihliche Koketterie.“
    „Koketterie? Aber nicht, wenn Sie ihn wirklich lieben.“
    „Ihn lieben? Nein! Das heißt … ich mag ihn – ich mag ihn wirklich gern.“
    In diesem Augenblick begannen alle Kirchenglocken in München zu läuten. Madame Rosenberg erhob sich vom Sofa und rief: „Was tust du da, Isabelle? Mach das Fenster zu, lass nicht die kalte Nachtluft ins Zimmer!“
    Wenig später waren sie unterwegs zur Frauenkirche. Sie war voller Menschen

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