Die Verwandlung - Blutsbande 1
gebackene Plätzchen in der Adventszeit.
„Stimmt nicht.“ Er hielt mir die Zigarette hin.
Ich nahm sie und inhalierte probehalber. Er hatte recht.
„Es ist das Blut“, sagte er, „das Blut bestimmt alles.“
Ich gab ihm die Zigarette zurück. „Aber vorher hat es mir nichts gegeben.“
„Weil du Blut gebraucht hast“, erklärte er mir und klopfte sich dort auf den Arm, wo die Nadel in der Vene steckte. Ich räusperte mich, woraufhin er seinen Kopf mit einem Lächeln nach hinten warf. „Es ist so, als würdest du Appetit auf Schokoladenkuchen haben, aber du isst die ganze Zeit Miracoli. Miracoli-Nudeln bringen’s dann einfach nicht, verstehst du?“
Ich hatte noch nicht einmal gewusst, dass Vampire existieren, bevor ich selbst einer wurde. Und nun erklärte dieser kleine Klugscheißer mir, einer Ärztin, von A bis Z meine eigene Physiologie.
Der Sammelbeutel hatte sich mit Blut gefüllt. Ziggy knickte den Zulauf ab und steckte ihn in einen neuen Beutel. Ich deutete auf den vollen. „Soll ich den in den Kühlschrank legen?“
Er nickte. „Wie lange bist du schon Ärztin?“
„Erst seit knapp einem Jahr.“ Ich zögerte. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich in meinem Zustand länger in dem Job bleiben kann. Aber nachdem ich so lange und so viel dafür gearbeitet habe … kann ich mir nicht vorstellen, jetzt alles hinzuschmeißen.“
„Das ist echt hart.“ Seine Worte klangen ehrlich und mitfühlend.
Das Rauschen des Wassers im Bad hatte aufgehört, und meine Gedanken wurden kurze Zeit von dem Bild, das Nathan abgeben musste, wenn er nass und nackt aus der Dusche stieg, abgelenkt. Meine Bemühungen, diesen Gedanken zu verdrängen, waren vergeblich.
Durch einen lauten Knall wurde ich aus meinen Träumereien gerissen. Ein Japsen und das Geräusch eines dumpfen Aufschlags folgten. Im ersten Moment dachte ich, Nathan sei in der Dusche umgekippt, aber dann sah ich, dass ein Ziegelstein über den Boden kullerte. Das Fenster hinter dem Lehnstuhl war kaputt. Sonnenlicht schien herein, Ziggy war bewusstlos und rutschte vom Stuhl.
Nathan stürzte aus dem Badezimmer, um die Hüften hatte er nur ein Handtuch geschlungen. Er kniete neben Ziggy und fühlte hektisch nach seinem Puls. „Was ist passiert?“, rief er und sah mich an, Ziggys schlaffen Arm noch in der Hand.
Ich versuchte mich auf Ziggy zu konzentrieren, aber es fiel mir schwer, einen halb nackten Mann vor mir zu ignorieren. Mal ganz abgesehen von den sonstigen Umständen.
Seine Brustmuskeln waren ziemlich gut trainiert und auf seinen breiten Schultern glitzerten noch einige Wassertropfen. Ich bemerkte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg, als ich mir vorstellte, mir diese starken Arme zu greifen und mit meinen Fingernägeln über seinen Rücken zu kratzen.
Draußen auf der Straße rief jemand, und die Stimme holte mich wieder in die Realität zurück. „Komm raus, wenn du da drinnen bist!“
Ich erkannte die Stimme.
„Ich weiß, dass du da oben bist! Und Cyrus weiß es auch! Wenn ich du wäre, dann würde ich jetzt runterkommen und verbrennen, bevor Cyrus dich kriegt!“ Sie lachte. Es war dasselbe verrückte Geräusch, das sie schon in der Nacht zuvor gemacht hatte.
„Nathan?“, flüsterte ich, starr vor Schrecken.
Ziggy wachte auf und versuchte aufzustehen. Sobald er stand, brach er wieder auf dem Boden zusammen und hielt sich den Kopf.
„Was zur Hölle ist hier los?“ Er sah sich im Raum um, konnte aber kaum seine Augen offen halten.
Nathan hob eine Hand, die mit Blut beschmiert war, es glänzte im Licht. Hektisch bedeutete er mir, ich solle ihm helfen. „Ich weiß nicht, wo er blutet.“
„Oh, Scheiße!“ Ziggys Augen wurden groß, als er sein eigenes Blut an Nathans Händen sah. Er rappelte sich auf. Einige Sonnenstrahlen fielen durch die Rollläden, die der Ziegelstein fast völlig zerstört hatte. Ziggy achtete darauf, die Strahlen zu umgehen, sodass sie zwischen ihm und Nathan standen.
Als mir der Geruch seines Blutes in die Nase stieg, wusste ich warum. Ich spürte, wie die Muskeln und Sehnen in meinem Gesicht zu arbeiten begannen und dass sich meine Eckzähne in Reißzähne verwandelten.
„Jetzt nicht, Carrie!“, fuhr mich Nathan an.
Sein scharfer Ton überraschte mich, und sofort stoppte meine Verwandlung.
Ziggy sah zwischen Nathan und mir hin und her, als überlege er, welches der beste Fluchtweg sei. Nathan ging vorsichtig zu ihm hin. „Erinnere dich daran, mit wem du redest, Ziggy. Ich würde dir nie
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