Die Verwandlung - Blutsbande 1
nicht.
Panisch sah ich mich im Zimmer um, bis mir das Mobiltelefon ins Auge fiel. Ziggy.
Als ich die Kurzwahltaste drückte, zitterten meine Hände. Ziggys Nummer war als einzige im Menü aufgeführt. Ich rief ihn an, doch es nahm niemand ab. Jetzt konnte ich nichts anderes tun als warten.
Nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich so hilflos gefühlt. Ich versuchte mich zu beruhigen, so zu tun, als würde ich einen Patienten behandeln, aber es gelang mir nicht. Nicht, wenn der Patient jemand war, den ich kannte.
Ich saß neben Nathan und konnte nur in seiner Nähe bleiben. Atmete er noch? Sah er nicht ein klein wenig blau aus im Gesicht? Ich fühlte seinen Puls, und in der anderen Hand hielt ich das Handy, um die Zeit zu kontrollieren, als Ziggy endlich zurückrief.
„Was?“, lautete die unfreundliche Begrüßung, als ich die grüne Tast drückte, um den Anruf anzunehmen.
„Ich bin’s, Carrie. Ich bin bei euch zu Hause.“ Ich sah auf Nathan neben mir und wusste nicht, wie ich es Ziggy sagen sollte. „Hör mal, wo bist du?“
„Ich bin hier gleich fertig. Die gute Nachricht ist, dass ich nicht tödlich verwundet war. Ich hätte sechs Mal sterben können, bevor sie mir hier geholfen hätten. Was brauchst du?“
„Nathan ist verletzt.“ Ich stellte mir vor, dass es besser war, es schnell auszusprechen, so wie man ein Pflaster hurtig von der Haut abzieht, damit es nicht so wehtut. „Dahlia hat sich hier hereingebeamt, ihn bewusstlos gemacht und ist wieder verschwunden.“
„Scheiße!“ Ziggys Stimme war so laut, dass ich das Telefon von meinem Ohr weghielt.
Ich konnte mir vorstellen, wie die Leute in der Ambulanz reagierten, wenn jemand wie er dort stand und anfing, aus voller Kehle zu fluchen. „Beruhige dich. Kannst du herkommen? Schnell?“
Ich bekam keine Antwort, am anderen Ende wurde einfach aufgelegt. Ich fluchte ebenfalls und warf das Telefon auf den Boden. Wenn Ziggy drangeblieben wäre, hätte er mir vielleicht sagen können, wie ich Nathan helfen könnte. Nun konnte ich wieder nichts tun.
Ich wollte nicht nur dasitzen und abwarten, bis Nathan vielleicht sterben würde. Aber offensichtlich hatte ich keine Alternative. Seine Atmung wurde flacher, und mit jedem Einatmen verkrampfte sein Oberkörper mehr. Ich hatte nicht auf meine eigene Atmung geachtet und jetzt erschien sie mir auch flach. Tatsächlich, die Luft in der kleinen Wohnung war irgendwie dick geworden.
Überall war Rauch.
„Was hat sie nur immer mit Feuer?“, brachte ich hervor. Schnell stand ich auf und fasste Nathan unter die Arme, um ihn aus dem Zimmer zu bringen. Nathan hatte nichts davon gesagt, dass man als Vampir aufgrund von Sauerstoffmangel ersticken kann, also nahm ich an, dass es uns nichts ausmachen würde, Rauch einzuatmen. Aber auch mit meiner neuen Kraft als Vampir würde ich es nicht schaffen, ihn die Treppe hinunterzutragen, wenn ich nicht mehr atmen konnte. Wenigstens nicht, ohne ihn fallen zu lassen und ihm dabei aus Versehen das Genick zu brechen.
Ich überlegte, wohin wir uns vor dem beißenden Qualm retten konnten, und kam schließlich auf das Badezimmer. Das winzige fensterlose Bad hatte einen Abzug, also schaltete ich das Licht an, damit er ansprang, machte ein Handtuch nass und legte es vor den Türspalt. Zwar ließ diese Vorkehrung den Rauch nicht herein, aber wenn Ziggy nicht bald käme, würden Nathan und ich verbrennen.
Kaum hatte ich diese Überlegung zu Ende gedacht, hörte ich, wie die Wohnungstür aufging.
„Wir sind hier drinnen!“, rief ich durch die Tür. Aber erst zu spät wurde mir bewusst, dass die schweren Schritte, die auf die Badezimmertür zusteuerten, auch zu einem Feuerwehrmann gehören konnten und gar nicht bedeuten mussten, dass Ziggy endlich da war. Auch wenn ich gegen die Hilfe nichts einzuwenden hatte, wäre ich in die Bedrängnis gekommen, zu erklären, warum ich für Nathan keinen Krankenwagen geholt hatte. Selbst wenn Nathan es bis zum Krankenhaus geschafft hätte, hätten sie ihm dort nicht viel helfen können, fürchtete ich. Er wäre im Leichenkeller gelandet wie John Doe, nur dieses Mal als echter Toter.
Aber glücklicherweise war es Ziggy, der durch die Tür rief. Auch er hustete schon von dem Qualm. „Macht ihr, hm, da drinnen auch keinen Unsinn?“
„Natürlich nicht“, gab ich scharf zurück. „Er ist bewusstlos.“
Ziggy öffnete hustend die Tür. Er zog seinen Hemdenkragen über Mund und Nase. „Diese verdammte pyromanische Schlampe hat den
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