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Die vier Söhne des Doktor March

Die vier Söhne des Doktor March

Titel: Die vier Söhne des Doktor March Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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vier gefuttert, ohne ein Wort zu sagen.
    Der Doktor hat ihnen einen Vortrag über die guten Vorsätze zum neuen Schuljahr und den im Leben zu erreichenden Erfolg usw. usw. gehalten. Die Alte hat Clark die senffarbene Scheußlichkeit gezeigt, die sie ihm gestrickt hat. Er hat sie richtig freundlich angelächelt und sich bedankt. Ich warte immer noch darauf, daß irgendeiner sie freundlich lächelnd erwürgt.
    Ich habe meinen Revolver auf den Knien. Ich schaffe es immer noch nicht, eine Entscheidung zu treffen. Mein Gott! Mach einen Versuch und hilf mir, ich bin ein Schaf wie alle anderen, bitte führe auch mich in den Stall.
    Mir fällt auf, daß er schreibt wie ein Kind, obwohl sie doch gerade achtzehn geworden sind! Es stimmt schon, daß man dazu neigt, sie wie Kinder zu behandeln. Wie Kinder aus Comics. Die natürlichen Kinder von Superman.
    Ich werde ein wenig lesen. Es fängt wieder an zu regnen, es blitzt.
    Hilfe. Jemand kratzt und schnauft an meiner Tür. Ich werde aufmachen. Ich muß aufmachen und nachsehen. Aber ich schaffe es nicht, mich aus dem Bett zu rühren. Ich habe den Revolver auf die Tür gerichtet. Ich kann aber nicht schießen, ohne zu wissen, auf wen oder was. Ich höre, daß jemand ganz leise meinen Namen flüstert, ich bin ganz sicher, und daß jemand im Dunkeln den Türgriff berührt, mit dem Lärm des Gewitters im Hintergrund.
    Hau ab, hau ab, ich bitte dich, hau ab. Er will mir angst machen, aber weshalb sollte ich Angst haben, weshalb sollte ich Angst haben, wenn ich nichts weiß? Er will wissen, ob ich etwas weiß, er weiß, daß ich Angst habe und daß ich es weiß.
    Er ruft mich, er ist direkt hinter der Tür und ruft mich. Ich werde öffnen und ihm eine Kugel durch den Kopf jagen, ich werde schreien, ich werde um Hilfe rufen. Ich, ich höre nichts mehr, ich glaube, er ist weg. Ich lausche. Er ist weg. Man hört nichts mehr. Ich behalte den Revolver in meiner Hand.
    Ich darf nicht einschlafen.

3 Taktik
    Tagebuch des Mörders
    Heute nacht bin ich spazierengegangen. Ich lief im Dunkeln im Haus herum. Ich hörte die anderen im Schlaf atmen. Papa schnarchte. Vor Jeanies Zimmer blieb ich stehen. Ich schaute die verschlossene Tür an. Ich hatte Lust, sie zu töten. Leise sagte ich ihren Namen. Ich hatte das Messer fest an mich gepreßt. Das Küchenmesser. Das lange Fleischmesser. Für das Fleisch von Jeanie, die nach Schnaps riecht. Sie muß geschlafen haben. In ihrem zerknitterten, verrutschten, feuchten Nachthemd. Mit ihrer unreinen Unterwäsche.
    Papa sagt, daß man mit den Mädchen aus den schlechten Vierteln aufpassen muß. Den Fabrikmädchen. Sie schauen einen verstohlen an. Sie kichern spöttisch. Aufpassen, wenn man will … und daß man nicht … Mich, mich interessiert das nicht. Keine Lust, ihre schmutzigen Krankheiten zu kriegen. Schmutzige Mäuler voller Krankheiten.
    Ich weiß nicht, warum ich so stehenblieb und Jeanie rief. Ich konnte mich nicht bewegen. Sie hätte die Tür öffnen müssen. Ich fühle mich nicht gut. In der Zeitung schreiben sie nichts mehr über Karen. Die Polizisten sind nicht wiedergekommen. Sie werden nicht wiederkommen.
    Heute war ich böse. Aber ich kann es dir nicht erzählen, liebes Tagebuch. Noch nicht.
    Jeanies Tagebuch
    Ich bin in die Küche gegangen, um nachzusehen. Das Fleischmesser war an seinem Platz. Aber es war klar, daß er es nicht mit in sein Zimmer genommen haben würde. In meiner Schürzentasche steckt der Revolver. Das ist vielleicht lächerlich, aber er hat mir Angst eingejagt. In einer Stunde muß ich wieder nach unten, um Tee zu machen.
    Die Alte hat mich gefragt, ob es mir hier gefällt. Ich, dienstbeflissen: »Ja, sicher, die Arbeit ist nicht schwer.« Sie hat mir gesagt, daß ich mich hier wie zu Hause fühlen soll. Ich trieb es noch weiter: »Ja, die Jungs sind wirklich nett.« Sie lächelte mich an und sagte: »Danke.« Es war merkwürdig. Als ob sie mich gleich in die Arme nehmen würde. Ich habe ihr gesagt, daß ich noch ein wenig nach oben gehe, vor dem Tee.
    Als ich heute morgen ihr Zimmer aufräumte, drückte ich den Revolver fest an meinen Bauch. Ich wollte es nicht lesen, aber es war stärker als ich: Ich mußte es sehen, mußte es wissen. Jeanie, meine Gute, laß dich nicht auf dieses Spiel ein, sonst wird es böse enden.
    Diese ganze Geschichte stinkt mehr und mehr. Ich möchte wissen, warum er so außerordentlich zufrieden mit sich ist.
    In dem Buch steht, daß Menschen, die ihre Mutter zu sehr lieben, oft verrückt sind.

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