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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Menschen. Ich wollte, ich hätte den Schneid dazu.«
    Sie starrten ihn an. Sein Gesicht war hohlwangig, von drei Tage alten Stoppeln bestanden, die Haut ungesund bleich, die Nase knochig, die Augen flackerten. Unter dem schwarzen Barett wucherte ungekämmtes Haar. Gerber bewegte sich abrupt, wie eine schlecht geführte Marionette. Pullover und Wolljacke hingen an ihm herab wie an einem Kleiderbügel, auch die Finger wirkten skelettartig, die Nägel aber abgekaut. An den Füßen trug er schwere Stiefel.
    »Tragen Sie die immer?« und Boone deutete auf die Stiefel.
    »Klar. Die sind gefüttert. In denen schlafe ich auch. Sonst würde ich mir die Zehen erfrieren.«
    »Seit wann kannten Sie Doktor Ellerbee?«
    » Über Ellerbee zu reden habe ich keine Lust,«
    »Sie wollen uns nicht helfen, seinen Mörder zu finden?«
    »Tot ist tot. Von allen Menschen, die ich im Leben je gekannt habe, ist die Hälfte tot«, sagte Gerber achselzuckend.
    »Er ist nicht gerade an Altersschwäche gestorben«, sagte Delaney wütend, »und auch nicht durch einen Unfall oder im Krieg. Jemand hat ihn vorsätzlich erschlagen.«
    »Na, wenn schon.«
    Delaney sah ihn scharf an. »Sie elender, mieser Lump«, sagte er tonlos. »Sie jämmerliches Stück Scheiße. Sie suhlen sich hier in Ihrem Saustall, bemitleiden sich, weil das Leben Ihnen übel mitgespielt hat und keiner weiß, wie empfindsam Sie sind, Sie Mimose, und wie fürchterlich Sie leiden. Ein anständiger Mensch, der zehnmal mehr wert ist als Sie, wird ermordet, aber Sie, Sie wollen keinen Finger rühren, den Mörder zu finden, weil es aller Welt ebenso erbärmlich gehen soll wie Ihnen! Ellerbees größter Fehler war, einem Haufen Scheiße wie Ihnen helfen zu wollen. Los, Sergeant, wir gehen. Auf die Hilfe von so einem Arschloch können wir zum Glück verzichten.« Sie erhoben sich von den wackeligen Stühlen und machten sich daran fortzugehen. Es fiel kein Wort. Als sie fast an der Tür waren, streckte Gerber den Arm aus. »He, Sie — wie heißen Sie gleich noch?«
    »Delaney.«
    »Sie gefallen mir, Delaney Kein Schmus. Ellerbee machte auch keinen Schmus, bloß so reden wir Sie, das konnte er nicht. Also gut, ich spiele bei Ihnen mit. Was wollen Sie wissen.«
    Delaney und Boone ließen sich wieder nieder. »Wann haben Sie Ellerbee zuletzt gesehen?«
    »In der Zeitung steht, er hat gegen neun Uhr den Löffel abgegeben, stimmt's? Um vier Uhr Freitagnachmittag war ich bei ihm. Meine übliche Zeit. Müsste in seinem Terminkalender stehen.«
    »Benahm er sich wie immer?«
    »Wie immer.«
    »Haben Sie in jüngerer Zeit irgendeine Art Veränderung an ihm bemerkt gehabt?«
    »Was meinen Sie mit Veränderung?«
    »So ganz allgemein. In seinem Gebahren, seinem Verhalten.«
    »Nein, mir ist nichts aufgefallen.«
    »Kennen Sie welche von seinen anderen Patienten?«
    »Nein.«
    »Hat Ellerbee je erwähnt, dass er bedroht oder angegriffen worden ist?«
    »Nein.«
    »Haben Sie ihn jemals tätlich angegriffen oder bedroht?« fragte Delaney.
    »Weshalb hätte ich das um alles in der Welt tun wollen? Der Bursche hat sich doch Mühe gegeben, mir zu helfen.«
    »Man sagt, die Analyse tut weh. Haben Sie ihn gelegentlich gehasst?«
    »Ja, schon, aber das ging gleich wieder vorbei. Das war nicht so, dass ich ihn hätte umpusten wollen. Er war doch meine Rettungsleine.«
    »Und jetzt? Wollen Sie sich wieder eine suchen?«
    »Nein.« Und grinsend: »Ich werde mich einfach weiter in meinem Saustall suhlen.«
    »Haben Sie einen Treibhammer?« fragte Boone abrupt.
    »Nein, hab ich nicht. Ich trinke jetzt ein Bier. Hat einer der Herren Appetit?«
    Beide lehnten ab, und Gerber lehnte sich auf dem Feldbett zurück, gegen die feuchte Wand, eine Bierdose in der Hand.
    »Wie oft suchten Sie Ellerbee auf?«
    »Zweimal die Woche. Hätte ich es mir leisten können, ich wäre noch öfter gegangen. Er half mir wirklich.«
    »Wann hatten Sie das letzte Mal Ärger?«
    »Ah, davon wissen Sie also?« Gerber bleckte die Zähne. »Im vergangenen halben Jahr nicht mehr. Ellerbee sagte, falls ich je das Gefühl haben sollte, ich müsste unbedingt auf den Putz hauen, sollte ich ihn anrufen, egal ob tagsüber oder nachts. Das habe ich nie gemacht, es reichte mir, dass ich wusste, er ist da.«
    »Wo waren Sie an dem Freitagabend zur Tatzeit?«
    »Auf einer Sauftour durch's Village.«
    »Bei dem Regen?«
    »Bei dem Regen. Nach Hause kam ich erst so gegen Mitternacht. Da war ich stramm wie ein Pony «
    »Wissen Sie noch, wo Sie gewesen

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