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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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gestopft wie Fußkissen.
    »Das sind Perky und Jum-Jum«, stellte Mrs. Yesell sie neckisch vor. »Sind sie nicht entzückend? Geben Sie mir Ihre Mäntel und machen Sie es sich bequem, meine Herren.«
    Sie nahmen behutsam auf der Kante eines altmodischen zweisitzigen Sofas Platz und sahen zu, wie Mrs. Yesell sich in einem tiefen Sessel einrichtete, der über und über mit Schondeckchen bedeckt war.
    »Nun denn, wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Und sie lehnte sich erwartungsvoll vor.
    Die Männer tauschten einen Blick.
    Boone sagte zaghaft: »Madam, eigentlich möchten wir mit Ihrer Tochter sprechen. Sie ist doch zu Hause?«
    »Ja, ja, aber sie ruht gerade, und ich möchte sie nicht stören. Übrigens kann ich Ihre Fragen ebenso gut beantworten.«
    »Das dürfte sich leider nicht machen lassen«, sagte Delaney scharf, »unsere Fragen richten sich ausschließlich an Ihre Tochter, und falls wir sie heute nicht sprechen können, müssen wir eben wiederkommen — so lange, bis das möglich ist. Oder sie vorladen.«
    Sie funkelte ihn wütend an, doch machte ihm das keinen Eindruck.
    »Meinethalben. Aber es ist völlig überflüssig.« Dann trällerte sie: »Joan, es ist Besuch da!«
    Wie auf Stichwort, viel zu prompt für jemanden, der sich hingelegt hatte, um zu ruhen, erschien Joan Yesell, ein scheues Lächeln um den Mund. Die Herren erhoben sich, wurden vorgestellt, und man nahm wieder Platz, die Tochter auf einem Stuhl mit gerader Lehne, die Hände sittsam im Schoß gefaltet.
    Boone begann. »Miss Yesell, wir können uns denken, welch ein Schock die Ermordung von Doktor Ellerbee für Sie gewesen ist.«
    »Meine Joan war niedergeschmettert«, ließ die Mutter sich vernehmen, »absolut niedergeschmettert.«
    Die also auch! ging es Delaney durch den Kopf.
    »Sie werden aber begreifen«, fuhr Boone fort, »dass wir, um unsere Ermittlungen voranzutreiben, mit allen seinen Patienten sprechen müssen. Möchten Sie uns sagen, wann Sie Doktor Ellerbee zum letzten Mal gesehen haben?«
    »Am Mittwochnachmittag«, antwortete prompt die Mutter. »Am Mittwoch vor seinem Tod. Punkt 13 Uhr.«
    Der Sergeant seufzte: »Mrs. Yesell, die Fragen richten sich an Ihre Tochter, und es ist notwendig, dass Ihre Tochter selber antwortet.«
    Joan Yesell sagte fast unhörbar: »Am Mittwoch vor seinem Tod. Mittags um eins.«
    Sie war kaum zu verstehen, hielt den Kopf gesenkt, starrte auf ihre Hände.
    »Sie waren immer um diese Zeit bei ihm zur Behandlung?«
    »Ja.«
    »Wie oft war das?«
    »Zweimal wöchentlich.«
    » Und seit wann waren Sie bei ihm in Behandlung?«
    »Seit vier Jahren.«
    »Drei«, korrigiert Mrs. Yesell entschieden, »seit drei Jahren, mein Herzblatt.«
    »Seit drei Jahren«, hauchte die Tochter, »ungefähr.«
    »Hat Doktor Ellerbee Ihnen gegenüber jemals angedeutet, dass er von Patienten bedroht oder tätlich angegriffen worden war?«
    »Nein.« Dann allerdings hob sie den Kopf und sah die Männer abwesend an. »Er ist einmal überfallen worden, abends auf dem Weg zur Garage. Aber das ist lange her.«
    Jetzt übernahm Delaney: »Ich habe eine Frage, die Sie für zudringlich halten mögen, Miss Yesell, und wir haben alles Verständnis, wenn Sie nicht antworten möchten. Weshalb haben Sie sich von Doktor Ellerbee behandeln lassen?«
    Darauf antwortete sie nicht sogleich, verknotete vielmehr die Finger im Schoß.
    »Ich sehe nicht ein…«, begann die Mutter, wurde aber von ihrer Tochter unterbrochen.
    »Ich litt an Depressionen«, sagte sie mühsam, »an schlimmen Depressionen. Ich versuchte, mir das Leben zu nehmen. Aber das wissen Sie vermutlich.«
    »Und Sie hatten das Gefühl, dass Doktor Ellerbee Ihnen eine wirkliche Hilfe war?«
    Sie belebte sich ganz überraschend. »Eine große, eine sehr große Hilfe!«
    Auch ein nachsichtiger Betrachter hätte sie nicht hübsch nennen können. Hässlich war sie allerdings auch nicht, man hätte sie vielleicht als ›graue Maus‹ bezeichnen können. Mausfarbiges Haar und ein Gesicht ohne jedes Make-up. Das In-Pose-Setzen der Mutter, deren pures Volumen sie zu erdrücken schien, ging ihr völlig ab. Gekleidet war sie einfarbig langweilig — Pullover, Rock, Strümpfe und Schuhe in dumpfem Beige. Ähnlich ihr Teint. Sie sah nicht gerade krank aus, aber irgendwie flau und total besiegt. Ihre Bewegungen waren die einer Invalidin, der magere Körper ohne festen Umriss, ohne jede Lebenskraft.
    Boone gab sich einen Ruck. »Ist Ihnen in letzter Zeit etwas wie eine Veränderung an Doktor

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