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Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Titel: Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elif Shafak
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niederregneten und buntes Zeugnis davon ablegten, dass man den Tod nicht fürchten musste. Ein Einheimischer, ein buckliger Moslem, der sich das Ganze breit grinsend und mit Luchsaugen ansah, meinte, es sei die verrückteste Bestattung gewesen, die Konya je erlebt habe, abgesehen vom Begräbnis des Maulana vor vielen Jahrhunderten.
    Zwei Tage später streifte Ella, endlich allein, nachdem die Trauergäste abgereist waren, durch die Stadt und ließ ihren Blick ziellos über die Familien wandern, die ihr entgegenkamen, die Händler in ihren Läden, die Straßenverkäufer, die darauf brannten, etwas zu verhökern, irgendetwas. Die Leute starrten die Amerikanerin an, die da mit verweinten Augen mitten unter ihnen umherging. Sie war eine Fremde hier, sie war fremd überall.
    Im Hotel legte sie, bevor sie auscheckte und zum Flughafen fuhr, ihre Jacke ab und zog einen flauschigen pfirsichfarbenen Angorapulli an. Eine viel zu zarte, zurückhaltende Farbe für eine Frau, die keines von beidem sein will, dachte sie. Dann rief sie Jeannette an. Ihre Tochter hatte sie als Einzige ihrer drei Kinder in der Entscheidung, ihrem Herzen zu folgen, unterstützt; Orly und Avi redeten immer noch nicht mit ihrer Mutter.
    »Mom! Wie geht’s dir?« Jeannettes Stimme war voller Herzlichkeit.
    Ella beugte sich in den leeren Raum hinein und lächelte, als stünde ihre Tochter unmittelbar vor ihr. Dann sagte sie kaum hörbar: »Aziz ist tot.«
    »Das tut mir sehr leid, Mom.«
    Es entstand eine kurze Pause, in der beide überlegten, was nun zu sagen wäre. Schließlich brach Jeannette das Schweigen. »Kommst du jetzt nach Hause?«
    Ella neigte den Kopf und dachte nach. Aus der Frage ihrer Tochter hörte sie eine zweite, eine unausgesprochene, heraus. Würde sie nach Northampton und zu ihrem Mann zurückkommen und den Scheidungsantrag zurückziehen, der bereits zu einem Gewirr aus Feindseligkeit und gegenseitigen Anschuldigungen geführt hatte? Was würde sie jetzt tun? Sie hatte kein Geld und keinen Job. Aber sie konnte immer Englisch unterrichten, für eine Zeitschrift arbeiten oder, wer wusste das schon, eines Tages vielleicht eine gute Lektorin werden.
    Ella schloss einen Moment lang die Augen und prophezeite sich mit freudiger Gewissheit und Zuversicht, was die vor ihr liegende Zeit bringen würde. Noch nie war sie so auf sich selbst gestellt gewesen, aber einsam fühlte sie sich sonderbarerweise nicht.
    »Ich habe dich vermisst, mein Herzblatt«, sagte sie. »Und auch deinen Bruder und deine Schwester. Kommt ihr mich besuchen?«
    »Klar komme ich dich besuchen – wir drei, meine ich. Aber was hast du denn jetzt vor? Willst du wirklich nicht wieder nach Hause?«
    »Ich fliege nach Amsterdam. Es gibt dort unglaublich schnuckelige kleine Wohnungen an den Grachten. So eine miete ich mir. Ich muss lernen, besser Rad zu fahren. Und sonst … Ich mache im Moment keine Pläne, Jeannette. Ich gehe immer nur einen Tag nach dem anderen an und versuche auf mein Herz zu hören. Schließlich besagt das ja eine der Regeln.«
    »Welche Regeln, Mom? Wovon redest du?«
    Ella trat ans Fenster und schaute in den Himmel, dessen tiefes Indigoblau sich nach allen Seiten erstreckte. Er drehte sich mit einer ganz eigenen unsichtbaren Geschwindigkeit, verlor sich im Nichts und begegnete dort unendlichen Möglichkeiten – wie ein tanzender Derwisch.
    »Es ist die Regel Nummer vierzig«, sagte sie bedächtig. »Ein Leben ohne Liebe ist ohne Bedeutung. Frag dich nicht, welche Art von Liebe du suchen sollst, spirituelle oder materielle, göttliche oder weltliche, östliche oder westliche … Teilung führt nur zu weiterer Teilung. Die Liebe kennt keine Bezeichnungen, keine Begriffe. Sie ist, was sie ist, rein und schlicht.
    Die Liebe ist das Wasser des Lebens. Und ein geliebter Mensch ist eine Seele aus Feuer!
    Wenn das Feuer das Wasser liebt, dreht sich das Universum anders als zuvor.«

DANKSAGUNG
    D ost ist das türkische Wort für »Freund«. Größeren Dank, als ich je abstatten kann, schulde ich Freunden überall – in Istanbul, Amsterdam, Berlin und London. Viele Menschen regten diesen Roman an, indem sie Geschichten erzählten, aber auch durch ihr Schweigen. Von ganzem Herzen danke ich Marly Rusoff, meiner Literaturagentin, die von Anfang an an mich glaubte und mich mit ihrem »dritten Auge« stets durchschaute. Dank auch an den lieben Michael Radulescu für seine anhaltende Unterstützung und Treue und dafür, dass er einfach da ist, wenn ich Hilfe brauche.

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