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Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Titel: Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elif Shafak
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sie zu kämpfen.
    Aber schon nach kurzer Zeit begann einer von ihnen aufgeregt zu schreien: »Hilfe! Hilf uns, Schakalkopf! Er bringt uns noch um!«
    Blitzschnell warf ich mein Schwert weg, zog den Dolch aus dem Gürtel und stürzte mich ins Getümmel. Zu siebt schlugen wir den Derwisch nieder, und ich stach ihm mit geübter Hand ins Herz. Aus seinem Mund drang ein heiserer Schrei, der in dem Moment abbrach, als er die größte Lautstärke erreicht hatte. Dann lag Schams reglos da und hatte aufgehört zu atmen.
    Wir hoben den Toten, der sonderbar leicht war, vom Boden auf und warfen ihn in den Brunnen. Dann traten wir, nach Luft japsend, einen Schritt zurück und warteten darauf, dass er auf dem Wasser aufschlug.
    Aber wir hörten keinen Laut.
    »Was ist los?«, sagte einer der Männer. »Ist er nicht reingefallen?«
    »Natürlich ist er reingefallen«, erwiderte ein anderer. »Kann ja gar nicht anders sein.«
    Sie gerieten in Panik. Ich auch.
    »Vielleicht ist er an einem Haken in der Brunnenwand hängen geblieben«, gab ein Dritter zu bedenken.
    Das klang vernünftig, und wir nahmen es bereitwillig hin, von der Last befreit, eine Erklärung finden zu müssen, denn wir wussten alle nur zu gut, dass es an Brunnenwänden keine Haken gibt.
    Ich weiß nicht, wie lange wir dort standen und es vermieden, einander in die Augen zu sehen. Eine kühle Brise strich durch den Hof und wehte dünne braune Weidenblätter um unsere Füße. Hoch oben am Himmel begann sich das Dunkelblau des Morgens violett zu verfärben. Vielleicht hätten wir bis weit in den Tag hinein so dagestanden, wenn nicht unversehens die Türe aufgegangen und ein Mann herausgekommen wäre. Ich erkannte ihn sofort; es war Maulana.
    »Wo bist du?«, rief er besorgt. »Bist du hier, Schams?«
    Beim Klang seines Namens ergriffen wir alle sieben die Flucht. Die sechs Männer sprangen über die Gartenmauer und verschwanden in der Nacht. Ich blieb zurück, um meinen Dolch zu suchen, den ich schlammverkrustet unter einem Strauch fand. Ich wusste, dass ich nicht einen Wimpernschlag länger bleiben durfte, aber ich konnte der Versuchung, einen Blick zurückzuwerfen, nicht widerstehen.
    Und als ich es tat, sah ich, wie Rumi in den Hof taumelte und sich auf einmal, wie von einer Ahnung geleitet, nach links, zum Brunnen, wandte. Er beugte sich vor, spähte hinunter und blieb eine Weile so stehen, damit seine Augen sich an das Halbdunkel des Brunnenschachts gewöhnen konnten. Dann richtete er sich wieder auf, fiel auf die Knie, schlug sich an die Brust und stieß einen grauenerregenden Schrei aus.
    »Sie haben ihn umgebracht! Sie haben meinen Schams getötet!«
    Da ließ ich den Dolch, an dem das Blut des Derwischs klebte, fallen, sprang über die Mauer und rannte wie noch nie in meinem Leben.

ELLA
    NORTHAMPTON, 12. AUGUST 2008
    B rütend heiß und sonnig war es, wie es sich für einen ganz normalen Augusttag gehörte. Ein Tag wie jeder andere. Ella wachte früh auf, machte Frühstück für ihren Mann und die Kinder, sah zu, wie sie das Haus verließen, um zur Arbeit, in den Schachclub, in den Tennisverein zu fahren, ging zurück in ihre Küche, schlug ihr Kochbuch auf und stellte das Menü für diesen Tag zusammen:
    Spinatsuppe mit sahnigem Pilzpüree
    Miesmuscheln mit Senfmayonnaise
    Gebratene Jakobsmuscheln mit Estragonbutter-Sauce
    Gemischter Salat mit Cranberries
    Zucchini-Reis-Gratin
    Rhabarber-Vanillecreme-Tarte mit Teiggitter
    Sie brauchte den ganzen Nachmittag für die Zubereitung. Als sie fertig war, holte sie das beste Porzellan heraus. Sie deckte den Tisch, faltete die Servietten und arrangierte Blumen in einer Vase. Sie stellte die Uhr am Backofen auf vierzig Minuten ein, damit das Gratin um sieben Uhr warm sein würde. Sie bereitete die Croutons zu und gab das Dressing an den Salat, das genauso sämig und fett war, wie Avi es gernhatte. Sie spielte mit dem Gedanken, die Kerzen anzuzünden, verwarf die Idee aber wieder. Es war besser, den Tisch so zu lassen, wie er war. Wie ein makelloses Bild. Still und unberührt.
    Dann nahm sie den Koffer, den sie zuvor gepackt hatte, und verließ das Haus. Auf dem Weg nach draußen murmelte sie eine von Schams’ Regeln vor sich hin. »Es ist nie zu spät dafür, sich selbst zu fragen: ›Bin ich dazu bereit, das Leben, das ich führe, zu ändern? Bin ich bereit, mich innerlich zu ändern?‹
    Wenn auch nur ein einziger Tag in deinem Leben genau so verläuft wie der Tag davor, dann ist das sehr bedauerlich. In jedem

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