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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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großer Befürworter solcher polizeilicher Hinterhalte, doch in diesem Fall war er bereit, eine Ausnahme zu machen, denn der Richter würde sich niemals bereit erklären, auf Grund einer außersinnlichen Wahrnehmung einen Haftbefehl zu erlassen. Falls der Russe den Mord verübt hatte, hatte ihn niemand dabei beobachtet, und die einzige Möglichkeit, ihn der Gerechtigkeit zuzuführen, bestand darin, dass er sein Verbrechen eingestand, indem er sich verriet. Noch etwas sprach für diese kleine Falle: In der Hälfte der Fälle führten solche Listen zum Erfolg. Villanueva erinnerte ihn beispielsweise an einen Fall, in dem die Kollegen vom Dezernat für Kunstkriminalität einen seit langem gesuchten Gemäldefälscher gefasst hatten, indem einer von ihnen sich als derjenige ausgab, dem der Fälscher das Gemälde hatte verkaufen wollen: der legendäre Sammler Antonio López-Serrano.
    Subinspector Villanueva führte mit Roskopf ein kurzes, aber angespanntes Telefonat. Perdomo hörte an einem anderen Apparat mit, und das Gespräch wurde digital aufgezeichnet.
    »Georgy Roskopf?«
    »Ja. Wer ist da?«
    Am anderen Ende der Leitung war eine Kakofonie aus verschiedenen Blasinstrumenten zu hören – Musiker, die sich vor einer Probe warm spielten. Perdomo wusste genau, wo der Russe sich gerade befand: in einem Probenraum im sehr bekannten La Atalaya, das seine Räume stundenweise vermietete. Seit dem frühen Morgen folgten Roskopf zwei Männer, damit er ihnen nicht doch noch entwischte. Bei der Vorstellung, Elena könne sich ebenfalls unter den Musikern befinden, schauderte es Perdomo.
    »Mein Name spielt keine Rolle«, sagte Villanueva. »Ich weiß, was du getan hast, weil ich gesehen habe, wie du am Abend des Mordes aus dem Chorsaal gekommen bist.«
    Nun waren seltsame Geräusche zu hören – der Tubaspieler bewegte sich offenbar, entfernte sich ein wenig von diesem babylonischen Stimmengewirr der Musik, bei dem er den Anrufer kaum verstehen konnte.
    »Verzeihung«, sagte Roskopf, als er eine etwas abseits gelegene Ecke gefunden hatte. »Ich konnte nichts verstehen. Wie war Ihre Name?«
    Subinspector Villanueva wiederholte seinen Spruch, und Roskopf erwiderte völlig gelassen: »Ich weiß nicht, wovon Sie da reden, Señor. Was wollen Sie?«
    »Euch beide sehen. Dich und die Geige. Denn du hast doch die Geige, nicht wahr?«
    Der Tubaspieler antwortete nicht. Er schien den Atem anzuhalten.
    »Ich warte heute um Mitternacht auf dem Platz gegenüber dem Konzertsaal des Auditorio auf dich«, fuhr Villanueva fort. »Bring die Stradivari mit – sie ist der Preis dafür, dass ich nicht zur Polizei gehe. Wenn du alles verstanden hast, wiederhol mir Zeit und Ort. Na los, ich will dich hören.«
    Doch Roskopf murmelte nur »poschol na chui!« und legte einfach auf. Stunden später übersetzte ein Dolmetscher der UDEV ihnen diesen russischen Fluch, der in etwa bedeutete: »Verpiss dich!«
    »Was meinst du, weiß der was?«, fragte Perdomo Subinspector Villanueva.
    »Schwer zu sagen«, erwiderte dieser. »Er wirkte eher sauer als erschrocken. Vielleicht hat er es für einen Scherz gehalten. Führen wir die Aktion heute Nacht trotzdem durch?«
    »Natürlich«, bekräftigte Perdomo. »Stell dir vor, Roskopf kommt, und wir sitzen alle zu Hause. Kannst du dir was Peinlicheres vorstellen?«
    Als Villanueva schon das Büro verlassen wollte, sagte Perdomo: »Gute Arbeit, Villanueva. Aber wenn du dich bei Galdón verplapperst, war das alles für die Katz.«
    »Immer mit der Ruhe, Mann. Ich bin genauso ehrgeizig wie jeder andere auch, und wenn das hier klappt, dann kann ich mir das auch an die Brust heften. Und wenn es nicht funktioniert, dann ist kein größerer Schaden entstanden, als dass wir ein paar Stunden draußen gefroren haben.«

    Um elf Uhr abends begannen Perdomo und Villanueva ihre Wache in einem Fahrzeug, das in unmittelbarer Nähe der Plaza de Rodolfo y Ernesto Halffter stand, wo sich der Eingang zum Konzertsaal des Auditorio befindet. Ein weiterer Polizist verbarg sich in einem der Ausgänge des Parkhauses, die ebenfalls auf diesen Platz führten. Da die Straßenbeleuchtung dort nach wie vor durch Abwesenheit glänzte, war er praktisch nicht zu sehen.
    Perdomo hatte gedacht, wenn ihre List Erfolg hätte, würden er oder einer seiner Männer Roskopf gegen Mitternacht kommen sehen; womit er nicht gerechnet hatte, war, dass er Roskopfs Stimme hören würde, noch bevor der Mann in Sicht kam.
    Aber genau so war es.
    Um eine Minute

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