Die Violine des Teufels
hinausschaffen konnte. Die Polizei hat uns am Ausgang durchsucht, aber die beiden Beamten hatten so wenig Fantasie, dass sie nicht auf die Idee kamen, im Instrument nachzusehen.«
»Das glaube ich nicht! Sie haben nicht in die Tuba gesehen?«
»Worüber wunderst du dich? Du weißt doch, wie die Sicherheitsmaßnahmen in diesem Land funktionieren. Hast du dich zum Beispiel noch nie gefragt, warum das Gepäck der AVE-Passagiere sorgfältig mit einem Scanner durchleuchtet wird, die Eigentümer der Koffer aber nicht? Jeder könnte mit Sprengstoff, Giftgas oder automatischen Waffen gespickt in den Zug steigen, ohne dass irgendjemand etwas merkt.«
Obwohl das Rauchen in den Räumlichkeiten der UDEV strikt untersagt war, rauchte Comisario Galdón eine Zigarette nach der anderen. Der Qualm, den er in einem fort ausstieß, verlieh ihm noch mehr Ähnlichkeit mit etwas, was gleich explodieren würde.
»Um ein Uhr mittags ruft der Minister wieder an. Wenn ich bis dahin nicht eine halbwegs plausible Erklärung parat habe, dann filze ich nächste Woche an der Grenze in Algeciras Araber. Erzähl mir alles, was du hinter meinem Rücken ermittelt hast, aber auch wirklich alles.«
Perdomo erstattete Galdón detailliert Bericht über seine Zusammenarbeit mit Milagros Ordóñez und die Reise an die Côte d’Azur, die zur Identifizierung des Parfüms geführt hatte. Als der Comisario über alles im Bilde war, fasste er sich an den Kopf.
»Das ist ja noch schlimmer, als ich gefürchtet hatte! Die Polizei bittet eine Amateurhellseherin um Hilfe!«
»Hat Salvador dir denn nie erzählt, dass er sich an sie gewandt hat?«
»Nie. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich es sofort unterbunden. Sieh mal, Raúl, es ist eine Sache, dass die Angehörigen der Opfer sich an Spiritisten wenden, aber bei uns ist das etwas völlig anderes. Die Angehörigen leiden wie die Hunde, und ich würde mich niemals darüber lustig machen oder es für krankhaft halten, wenn sie sich solche Hilfe suchen. Das ist nur eine andere Form der Trauerbewältigung. Aber wir sind die Elite der spanischen Kriminalpolizei! Du machst mich wahnsinnig!«
Ein Subinspector, der in diesem Augenblick den Kopf zur Tür hereinstreckte, um sich von Galdón Reisekosten genehmigen zu lassen, wurde hochkant wieder hinausgeworfen.
»Aber der Flug geht in zwei Stunden«, protestierte er zaghaft.
»Dann nehmt ihr eben den nächsten, verdammt noch mal!«
Perdomo nutzte die Unterbrechung, um das größte Fenster zu öffnen. Von dem Zigarettenqualm wurde ihm übel. Dann sagte er: »Comisario, wie viele dieser Angehörigen, die sich an Spiritisten wenden, kommen hinterher zu uns und erzählen uns, was der jeweilige Hellseher gesagt hat?«
»Ein paar. Warum?«
»Weil du mir jetzt nicht weismachen kannst, dass wir nicht einigen dieser Hinweise auch nachgehen.«
»Ich weiß, worauf du hinauswillst, aber darum geht es hier nicht. Glaubst du, ich wollte behaupten, dass die Hellseher immer danebenliegen? Ab und zu treffen sie ins Schwarze, logisch! Warum? Keine Ahnung. Aber es ist nicht dasselbe, ob sie der Familie das Geld aus der Tasche ziehen oder ob wir sie auf die Gehaltsliste setzen. Wie viel hat uns der Spaß mit Ordóñez gekostet?«
»Den Steuerzahler nicht einen müden Euro.«
»Das glaube ich nicht. Und die Zwei-Tage-Sause an der Côte d’Azur?«
»Hab ich aus meiner Tasche bezahlt.«
»Und der Parfümeur? Auch gratis?«
»Er hat völlig uneigennützig mit uns zusammengearbeitet. Meinst du etwa, ein Mann mit einer Villa in Nizza ist auf tausend oder tausendfünfhundert Euro Gutachterhonorar angewiesen, das er von uns bekommen könnte?«
»Und die Zeit der Hellseherin? Auch geschenkt? Hat die Dame nichts Besseres zu tun, als wie ein Spürhund zwischen den Sitzen rumzuschnüffeln?«
»Sie kann ihre Dienste nicht in Rechnung stellen. Zum einen, weil ihre Gabe nicht immer funktioniert. Zum anderen weil sie nicht will, dass die Leute davon erfahren.«
Argwöhnisch musterte Galdón Perdomo, aber seine Verärgerung ließ eindeutig im selben Maße nach, wie er allmählich einen Überblick über die Situation gewann.
»Du vögelst die Frau doch hoffentlich nicht, oder?«
»Nein, aber sie sieht gut aus. Dir würde sie gefallen.«
»Ich und eine Hexe? Geh mir bloß weg damit, mir reicht meine Gattin vollauf. Wo kam der Hund her?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber es war derselbe, der auch mich angegriffen hatte. Roskopf hatte eine Hundephobie, das habe ich am Tatabend selbst
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