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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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ich auf die Idee gekommen bin, das Cello herauszuholen, um mir die Wartezeit zu vertreiben. Wissen Sie was? Das Stück, das ich gerade gespielt habe –«
    »Ich habe Sie nur zu Ende spielen lassen, weil es meinem Sohn gutgeht«, unterbrach ihn Perdomo. »Nur deshalb werden Sie auch in den Genuss eines ordentlichen Gerichtsverfahrens kommen. Wenn Gregorio irgendetwas passiert wäre – ich weiß nicht, was ich mit Ihnen gemacht hätte.«
    »Ihr Sohn hat eine große musikalische Begabung, Inspector Perdomo«, erwiderte Rescaglio völlig ungezwungen, als hielte er sich für den Lehrer des Jungen und spräche mit dem Vater, der ihm dessen Ausbildung anvertraut hatte. »Er erinnert mich sehr an mich selbst, als ich anfing.«
    Rescaglio hielt inne. Perdomo hatte den Eindruck, dass dessen krankes Hirn mit den Gedanken meilenweit fort war; vielleicht erinnerte er sich an sein Abschlusskonzert auf dem Konservatorium in Vitoria oder an den Neid, mit dem die Freundinnen seiner Mutter einst mit dieser über ihn gesprochen hatten, weil sie einen künstlerisch so begabten Sohn hatte.
    »Hat das Stück Sie angerührt?«, fragte Rescaglio unvermittelt.
    Perdomo nickte knapp. Er fühlte sich ausgesprochen unbehaglich, weil ein Mörder fähig gewesen war, ihm mit dieser Musik eine Gänsehaut zu verursachen.
    »Freut mich«, fuhr Rescaglio fort. » Der Schwan ist technisch nicht besonders schwierig, aber was den musikalischen Ausdruck angeht, ist er heikel. Damit will ich sagen: Da das Stück so emotional ist, ist es schwierig, nicht in übertriebene Rührseligkeit abzugleiten.«
    In diesem Moment kehrte die AENA-Mitarbeiterin in Begleitung zweier Polizisten zurück. Mit einer Handbewegung bedeutete Perdomo ihnen, sie sollten warten; Rescaglio tat derweil, als hätte er sie nicht gesehen, und sprach einfach weiter, als wären er und der Inspector noch immer allein.
    »Eigenlob stinkt zwar, aber ich halte mich für einen großen Interpreten dieses Stücks. Ich weiß nicht, ob man so etwas lehren kann, aber ich muss sagen, falls ich von jemandem gelernt habe, es beim romantischen Repertoire nicht zu übertreiben, dann von Anes Vater.«
    »Warum haben Sie sie getötet?«, fragte Perdomo unverblümt.
    »Sie hatte multiple Sklerose, wie Jacqueline du Pré«, sagte Rescaglio, und seine Augen wurden feucht. »Sie haben ja nichts über sie gelesen, Sie haben die Dokumentarsendungen nicht gesehen, die ich zu Hause habe, Sie können sich nicht einmal vorstellen, wie diese degenerative Krankheit bei Du Pré verlaufen ist. Ich durfte nicht zulassen, dass Ane das Gleiche passiert. Ich wollte, dass sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere aus dem Leben scheidet und der ganzen Welt, aber ganz besonders ihren Fans, eine bezaubernde und unauslöschliche Erinnerung hinterlässt. Und ich bin ungeheuer glücklich, dass mir das gelungen ist!«
    »Sie sind ja völlig durchgeknallt!«, erwiderte Perdomo. »Aber nicht so sehr, dass Ihre Anwälte Sie vor dem Gefängnis bewahren und Sie stattdessen in irgendeiner Psychiatrie unterbringen könnten. Sie werden mindestens zwanzig lange Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis vermodern. Und was die Du Pré angeht, irren Sie sich: Ich bin absolut auf dem Laufenden über das Schicksal dieser armen Frau. Nachdem man die Krankheit bei ihr diagnostiziert hatte, hat sie noch vierzehn Jahre gelebt. Sie haben Ihre Verlobte nicht nur ermordet, Sie haben sie um einen sehr wesentlichen Teil ihres Lebens gebracht.«
    »Und was für ein Leben wäre das gewesen?«, brach es aus Rescaglio hervor. Er vollführte eine so heftige Bewegung mit dem Cellobogen, dass die beiden Uniformierten, die nur darauf warteten, ihm Handschellen anzulegen, Anstalten machten, einzugreifen, doch Perdomo hielt sie mit einer Handbewegung zurück. »Ane«, fuhr Rescaglio ungestüm fort, »hätte darauf bestanden, so lange weiter aufzutreten, bis sie sich lächerlich gemacht hätte, genau wie Jacqueline damals. 1973 hat Jacqueline noch eine Tournee durch Nordamerika gemacht, und die Kritiken waren deprimierend. Im Februar 1973 musste sie dann das Konzert mit Pinchas Zukerman absagen, das ihr letztes gewesen wäre: das Doppelkonzert für Violine und Violoncello von Brahms. In letzter Sekunde musste Isaac Stern mit dem Konzert für Violine von Mendelssohn für sie einspringen. Ist das etwa das passende Ende für die größte Cellistin, die die Welt in den letzten fünfzig Jahren gesehen hat?«
    »Und wenn heute bekannt geworden wäre, dass man ein

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