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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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Einen der größten Erfolge in ihrer Karriere hat sie just mit einer Aufnahme seines zweiten Violinkonzerts gefeiert, die vor zwei Jahren den Grand Prix du Disque erhalten hat.«
    »Hatten Sie sich für nach dem Konzert mit ihr verabredet?«
    »Ja, wir wollten essen gehen.«
    »Sie beide allein?«
    »Ja.«
    »Darf ich fragen, wo?«
    »Nicht einmal ich weiß das. Anes persönliche Assistentin hatte uns irgendwo einen Tisch reserviert.«
    »Wie heißt diese Frau?«
    »Carmen Garralde. Sie stammt auch aus Vitoria, wie Ane, und sie ist Roadmanagerin, Agentin und wer weiß was noch alles in einem. Sie hat … besser gesagt, sie hatte große Macht.«
    »Macht in welcher Hinsicht?«
    »Wenn Carmen zu Ane sagte, sie solle an einem bestimmten Ort oder mit einem bestimmten Dirigenten nicht spielen, dann hat Ane immer auf sie gehört.«
    »Warum saß sie gestern Abend nicht im Auditorio?«
    »Ich nehme an, weil sie wusste, dass ich Ane nach dem Konzert in ihrer Garderobe abholen würde, und mir ging sie lieber aus dem Weg. Sie ist gestern Abend wohl zu Hause geblieben.«
    »Aber das wissen Sie nicht mit Bestimmtheit, oder?«
    »Nein.«
    »Warum ist Ihre Beziehung zu ihr so distanziert?«
    Rescaglio zögerte lange mit der Antwort. Schließlich sagte er: »Ich war der Meinung, dass Ane die Zügel ihrer Karriere selbst in die Hand nehmen und nicht so viel an Carmen delegieren sollte. Und die hat mich logischerweise als Bedrohung für ihre Beziehung zu Ane wahrgenommen. Außerdem …«
    Rescaglio ließ den Satz in der Luft schweben, doch Salvador erkannte so etwas wie Widerwillen in seiner Miene. »Außerdem …«, soufflierte er.
    »Carmen ist lesbisch. Und sie hat sich immer stark zu meiner Verlobten hingezogen gefühlt.«
    »Verstehe. Und Ihre Verlobte war sich bewusst, dass sie eine solche Anziehungskraft auf Garralde ausübte?«
    »Ane hat immer gesagt, ich soll nicht solchen Unsinn reden, Carmen sei wie eine Mutter zu ihr. Aber ich empfand es immer so, dass ihre Beziehung etwas Krankhaftes hatte. Etwas Perverses.«
    Salvador hatte bereits vor einer Weile ein Notizbuch aus dem Sakko gezogen, in dem er die wichtigsten Punkte der Aussage des Italieners notierte. Nun entstand ein langes Schweigen, während Salvador unter Rescaglios aufmerksamem Blick schrieb, in seine Gedanken versunken. Dann fragte er Rescaglio, wo er Carmen Garralde finden könne, und der Cellist erklärte ihm, dass sie in der Dachgeschosswohnung lebte, die Ane Larrazábal in Madrid, in einer Gegend, die Las Vistillas hieß, gekauft hatte.
    »Es ist eine wunderschöne Wohnung, von der aus man die halbe Stadt überblickt«, erläuterte Rescaglio.
    Salvadors Kugelschreiber wollte nicht recht funktionieren. Er schüttelte ihn, als wäre er ein Thermometer, und hauchte sogar auf die Mine, bevor er die nächste Frage stellte. »Señor Rescaglio, Sie wollten gestern Abend – verständlicherweise, wie ich finde – die Leiche Ihrer Verlobten nicht sehen. Ich muss Ihnen mitteilen, dass man ihr mit Blut ein arabisches Wort auf die Brust geschrieben hatte.«
    »Mein Gott!«, rief der Cellist und schlug sich entsetzt die Hände vor den Mund. »Dann hat man sie gefoltert?«
    »Das glaube ich nicht. Der Gerichtsmediziner meint, sie sei zuerst stranguliert worden, und dann hätte man das Wort auf ihre Leiche geschrieben, in arabischen Buchstaben, das Wort ›Iblis‹. Wissen Sie, was es bedeutet?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
    »Iblis ist ein Teufel der Muslime. Wir haben Grund zu der Annahme, dass eine fundamentalistische islamische Zelle – oder vielleicht auch ein einzelner Attentäter – Ihre Verlobte getötet hat. Wie Sie wissen, wächst der Groll der Terroristen von al-Qaida auf die Spanier, vor allem seit dem Prozess gegen die Täter des 11. März. Wissen Sie, ob Larrazábal in den letzten Monaten irgendeine Drohung erhalten hat?«
    »Nein, jedenfalls hat sie nichts gesagt.«
    »Sie kennen niemanden, der Gründe gehabt hätte, sie zu töten?«
    »Suntori Goto war ihre große Rivalin auf der Bühne. Aber reicht das, um sie zu töten?«
    »Eine Japanerin! Das wird ja immer internationaler. Aber einstweilen verfolgen wir weiter die offensichtlichste Spur, also die islamistische. Könnte Ihre Verlobte irgendetwas getan haben, was den Zorn besonders fanatischer Muslime erregt haben könnte? Sie muss ja nicht gleich ein Foto von Bin Laden öffentlich verbrannt haben – eine ein wenig ungeschickte Äußerung oder eine missverständliche Schlagzeile

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