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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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gelangen, falsch ist. Es ist der gesunde Mensch, der am besten in der Lage ist, die Welt wahrzunehmen und über die religiöse Wahrheit nachzudenken.“ Er blickte Bruder Paul an. „Demnach mußt du ein sehr aufmerksamer Mensch sein, denn du bist der gesündeste Mensch, den ich jemals gesehen habe. Darf ich dich nach deinem Namen fragen?“
    „Ich bin Bruder Paul von … einer entfernten Kultur. Und du?“
    „Ich bin Siddhattha Gautama, einst ein Prinz, nun ein Bettelmönch.“
    Siddhattha Gautama – der Mann, der der Geschichte als Buddha bekannt war, der Erwachte, der Erleuchtete. Der Begründer einer der größten Religionen aller Zeiten, des Buddhismus. Er war wirklich ein Prinz gewesen und hatte seiner Krone freiwillig entsagt, um die Offenbarung zu suchen.
    „Ich fühle mich … geehrt, Euch zu treffen“, sagte Bruder Paul demütig. Wenn er sich selbst auch als Christen empfand, so hegte er doch tiefen Respekt vor dem Buddhismus. „Auch ich bin auf der Suche nach der Wahrheit. Ich habe sie noch nicht gefunden.“
    „Ich habe sieben Jahre auf die Erleuchtung gewartet“, sagte Siddhattha. „Oftmals war ich in harter Bedrängnis, mit dem Betteln aufzuhören und zu meiner Frau und meinem Sohn zurückzukehren. Aber immer habe ich mir vor Augen gehalten, daß ich in dem Palast niemals wieder glücklich werden würde, solange ich wußte, andere lebten in Elend und Sorge. Aber ich komme der Erkenntnis, wie ich anderen Glück bereiten könne, nicht näher.“
    Buddha hatte seine Offenbarung also noch nicht erfahren. „Habt Ihr Lehrer gefragt? Die weisen Männer?“
    Siddhattha lächelte nachdenklich. „Ich habe den großen Lehrer Alara aufgesucht. ,Lehre mich die Weisheit der Welt’, habe ich ihn gebeten. Er sagte zu mir: ‚Studiere die Veden, die Heiligen Schriften. In ihnen liegt alle Weisheit.’ Aber ich hatte die Veden bereits studiert und keine Erleuchtung erfahren. Daher wanderte ich weiter, bis ich zu einem anderen großen Lehrer kam, Udaka, und ich bat auch ihn. Er sagte zu mir: ‚Studiere die Veden!’ Aber ich wußte, darin liegt keine Antwort auf die Frage, warum die Brahmanen unter Krankheiten, Alter und Tod leiden. Ich bezweifle auch, ob jemand zur Weisheit gelangt, indem er sich selbst verletzt oder auf spitzen Nägeln sitzt.“
    „In meiner Kultur“, stimmte ihm Bruder Paul zu, „sagt man uns das gleiche. ‚Lest die Bibel.’ Doch die Kriege und das Elend der Menschen dauern an, auch unter jenen, die von sich behaupten, die Bibel zu ehren. Ich vermute, die letztendliche Wahrheit finden wir in keinem Buch. Und das Leben ist oftmals ein schwieriger Lehrer.“
    „Das stimmt“, meinte Siddhattha nachdenklich. „Als ich noch ein Prinz war, ging ich einmal auf die Jagd. Ich sah einen Mann, der war nur noch Haut und Knochen und wand sich vor Schmerzen auf dem Boden. ‚Warum?’ fragte ich ihn. ‚Alle Leute werden einmal krank’, sagte man mir. Aber ich in meinem beschützten Leben hatte so etwas noch nicht erfahren, und es machte mich sehr traurig. Am nächsten Tag traf ich einen Mann, der war so alt, daß sein Rücken wie ein gespannter Bogen gekrümmt war, und seine Hände zitterten wie Palmwedel im Wind, so daß er auch mit Hilfe zweier Stöcke kaum laufen konnte. ‚Warum?’ fragte ich wiederum. ‚Er ist alt; alle Menschen werden alt’, sagte man mir. Wieder wurde ich traurig, denn ich kannte nur Jugend. Am nächsten Tag sah ich eine Begräbnisprozession und eine Witwe, und mehrere Waisen folgten dem Leichnam. ‚Warum?’ ‚Der Tod trifft jeden.’ Das entsetzte mich, denn ich hatte noch niemals über die Realität des Todes im Menschen nachgedacht. Ich kannte so wenig vom Leben und den Menschen; mein Leben hatte ich mit albernen Vergnügungen verbracht. Warum ging es mir so gut, wo doch die anderen litten? Ich begriff nun, daß ich die Ausnahme war und die große Mehrheit krank und arm. Das erschien mir nicht richtig. Aber noch während ich darüber nachdachte, gab meine schöne Frau eine Gesellschaft mit vielen hübschen Mädchen, die sangen und tanzten, und diese Musik vergrößerte meine Verwirrung nur noch. Als meine Familie dies merkte, nahmen sie an, die Darbietung sei nicht richtig, und man ließ die Mädchen mit derartiger Heftigkeit und Lebhaftigkeit auftreten, daß sie anschließend vor Erschöpfung zusammenbrachen. Wie sich ihre Schönheit gewandelt hatte! Am nächsten Tag ging ich auf den Marktplatz und sah dort unter den Kaufleuten einen alten Mönch in grobem,

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