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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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ihm nichts anhaben.
    „Eine höchst kluge Zusammenfassung“, stimmte Bruder Paul ihm zu. Er mochte diesen Mann und fand an seiner Philosophie nichts auszusetzen. Aber wie konnte er sichergehen, ob der buddhistische Gott nun der Gott von Tarot war oder nicht?
    „Du und ich, wir können nun hier sitzen bleiben und über die zehn Vollendetheiten nachdenken“, sagte Siddhattha.
    Die Dämonensoldaten zogen sich zurück. Mara wurde wütend. „Ich habe es auf sanfte Art versucht“, rief er, „aber du hast es nicht gewollt. Nun bekommst du einen Geschmack meiner Zauberei zu spüren.“
    Jetzt ist er nicht mehr der nette Bursche, dachte Bruder Paul fast lächelnd.
    Mara erhob eine Hand. Sogleich erhob sich ein Wirbelsturm und bildete einen schwarzen Trichter, der den gesamten Baum zu umschlingen drohte. Aber im Mittelpunkt war es ruhig, und kein Blatt regte sich. Bruder Paul betrachtete erstaunt die wirbelnde Staubwand, doch Siddhattha ignorierte sie vollständig. „Ist ja nur Luft“, murmelte er Bruder Paul zu.
    Der Wirbelwind verschwand. „Dann versuch’ ich es eben mit Wasser!“ schrie Mara. Ein schrecklicher Sturm bildete sich, und Regen strömte herab, verursachte sofort überall um sie her Hochwasser. Aber kein Tropfen durchdrang das Laubwerk des Baumes, und Siddhattha blieb ernst und trocken dort sitzen. Anstatt dessen trompetete Maras Elefant und tänzelte wie eine zimperliche Frau mit den Füßen im Nassen herum.
    „Erde!“ schrie Mara. Und der Sturm verwandelte sich in einen Regen aus Felsen, Schlamm und Sand. Doch wiederum hatten auch diese Dinge keinen Einfluß auf den sitzenden Mann, der seit Bruder Pauls Auftauchen auf der Szene nicht seine Haltung verändert hatte. Die wenigen Steine, die durch das Laubdach schlugen, fielen wie harmlose Blumen zu Boden. Jene jedoch, die den Elefanten trafen, verursachten eine Panik; das arme Wesen tanzte unruhig hin und her und versuchte, sich zu schützen.
    Mara wurde gallig. „Feuer!“ schrie er. Und glühende Kohlen kamen vom Himmel, setzten das Gras und die Büsche um den Baum herum in Brand und fielen zischend in den Fluß. Siddhattha hatte keine Angst, und so war er unverletzlich.
    „Ihr habt dem Angriff der vier Elemente standgehalten“, sagte Bruder Paul. „Ihr habt den Bösen geschlagen.“
    „Nein, die Schlacht beginnt erst. Nun wird er meinen Geist belagern.“
    Mara machte eine Handbewegung, und das helle Mondlicht verschwand und hinterließ totale Finsternis in der Welt. Doch von dem Baum ging ein Glühen aus und ließ dort alles sichtbar bleiben. Aus der Dunkelheit bellte Mara: „Siddhattha, steh auf. Es ist mein Platz und nicht der deine!“
    Der Sitzende schüttelte lediglich verneinend den Kopf.
    „Ich bin der Prinz der Welt!“ rief Mara. „Ich halte das Rad über Leben und Tod!“ Das Licht kehrte zurück und enthüllte, daß er direkt hinter dem Baum stand und ein riesiges Rad mit fünf Speichen umklammerte, so daß nur Kopf, Füße und Hände um den Rand herum sichtbar waren. Sein Körper war sonderbarerweise nicht zu sehen; den Radmittelpunkt erfüllten sich bewegende Bilder.
    „Das Rad des Werdens“, stimmte Siddhattha zu. „Auf jedem Neugeborenen liegt die Hand des Todes. Aber ich werde nicht sterben, oh Böser, bis ich meinen Auftrag im Leben vollendet habe.“
    „Und wie ist dieser Auftrag, oh Unwissender?“ fragte Mara spöttisch.
    „Die Wahrheit zu verbreiten“, antwortete Siddhattha einfach.
    „Welche Wahrheit?“
    Siddhattha, der sich bislang so gut geschlagen hatte, wußte keine Antwort. Bruder Paul erkannte dies als eine weitere Variation der Beschimpfungskanonade, wobei der Buddha den Beleidigungen sanfte Erwiderungen entgegensetzte. Aber nun befand er sich in Schwierigkeiten.
    Mara trat vor und brachte sein Rad. Es war ein eindrucksvolles, unheimliches Ding; die verschiedenen Teile drehten sich in unterschiedlichen Richtungen und verwirrten den Blick „Wenn du nicht antworten kannst, du runzliger Asket, dann ist der Sieg mein!“ Der Spieler war natürlich Therion, und er genoß seine Rolle.
    Siddhattha blickte zu Bruder Paul. „Freund, ich fürchte, ich habe die Schlacht verloren, denn die Wahrheit ist noch nicht über mich gekommen, und Mara muß seine Antwort haben.“
    „Aber der Böse wird nur Böses in die Welt bringen“, sagte Bruder Paul, als könne dies helfen. „Er kontrolliert das Rad des Werdens, und er ist der Prinz der Welt. Nur Eure Güte kann ihn aufhalten.“ Er legte seine Hand auf die

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