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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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gelben Gewand, der um Essen bettelte. Wenn er auch alt, krank und arm zu sein schien, so wirkte er doch ruhig und glücklich. Da beschloß ich, so wie er zu werden.“
    „Ich glaube, in diesem Augenblick habt Ihr große Erleichterung gefunden“, sagte Bruder Paul. „Vielleicht kann man die letztendliche Wahrheit nur im eigenen Herzen finden.“ Das war ein Quäkerglaube, fiel ihm ein.
    Siddhattha wandte sich ihm zu. „Das ist ein sehr reizvoller Gedanke. Ich frage mich, was ich wohl finde, wenn ich einfach unter diesem Baum sitzen bleibe, bis ich in meiner eigenen Seele die Wahrheit herausgelöst habe.“
    Der Bambusbaum! Bruder Paul fiel es wieder ein: Er wurde Baum der Weisheit genannt, denn dort hatte Buddha seine heilige Nacht verbracht und die wichtige Erleuchtung erfahren. „Dann lasse ich dich besser allein!“
    „Oh nein, mein Freund. Bleib bei mir, und suche nach deiner Wahrheit“, ermutigte ihn Siddhattha.
    Nun, warum nicht? Das war vielleicht der direkteste Weg zu seiner Antwort. Der Gott, den Buddha fand – das mußte der Hauptanwärter für das Amt eines Gottes von Tarot sein.
    Die Dämmerung kam. Die Sonne ging unter. Aber es war ihnen nicht vergönnt, in Frieden zu meditieren. Eine Gruppe von Leuten näherte sich dem Baum, und es war offensichtlich, daß sie Böses im Schilde führten. Drei waren junge, recht hübsche Frauen, der Rest zerlumpte Grobiane unterschiedlichster Erscheinung.
    Bruder Paul sprang auf die Füße und wollte vor den Eindringlingen warnen, aber Siddhattha hielt ihn ab. „Das sind die Kohorten von Mara, dem Bösen, der uns von unserem Vorhaben abbringen will. Sieben Jahre lang ist er mir gefolgt. Aber er kann uns körperlich nichts anhaben, solange wir unter diesem Baum bleiben. Versuche nicht, mit ihm zu kämpfen, denn genau das will er. Es ist nutzlos, dem Bösen mit Bösem zu begegnen.“
    Stimmte das? Bruder Paul wich zurück, ordnete sich dem Urteil Buddhas unter. Mara, der Böse … der buddhistische Teufel. Das hier war keine gewöhnliche Begegnung!
    Wie vorhergesagt, blieb die Gruppe am Rand des Baumschattens stehen. Doch nun kam ein Elefant von überwältigender Größe hinzu, und sein machtvoller Schritt ließ die Erde erzittern. Darauf saß ein großer, etwas dicklicher Mann, der in reiner Bösartigkeit grinste. Das war sicherlich Mara.
    „Kommt heraus, ihr Feiglinge!“ bellte Mara.
    Siddhattha blieb still. „Der Böse hat acht Armeen“, erklärte er Bruder Paul. „Man nennt sie Unzufriedenheit, Hunger, Begierde, Schlampigkeit, Feigheit, Zweifel und Heuchelei. Nur wenige können solche Bundesgenossen überwinden, aber dem Siegreichen winkt die Freude.“
    Bruder Paul runzelte die Stirn. „Ich glaube, das waren nur sieben. Nicht aber, daß diese nicht schon ausreichten.“
    Auch Siddhatthas Stirn furchte sich. „Ich vergesse immer die eine oder andere. Die bösen Dinge sind nicht meine Spezialität.“ Sicher die Untertreibung des Jahrhunderts.
    Nun traten die drei Frauen nach vorn. Sie waren verführerisch gekleidet und bewegten sich mit der Berechnung ihrer körperlichen Anziehungskraft. „Kommt, seht euch meine Töchter an“, rief Mara. „Sie sind Experten darin, den Männern zu gefallen.“ Und wie eine einzige Person winkten die drei Frauen ihnen einladend zu.
    Bruder Paul spürte die Versuchung. Irgendwie hatte die Animation ein dreifaches Bild von Amaranth geschaffen, und in dieser Art Rolle war sie sehr gut.
    „Nun fällt mir Maras weitere Armee wieder ein!“ rief Siddhattha glücklich. „Lust!“ Aber er schien sich nur über den intellektuellen Aspekt zu freuen; diese verführerischen Körper lockten ihn nicht.
    Die Frauen drehten sich um und gingen mit einem letzten dreifachen Hüftschwung von dannen. Ihr Scheitern war offensichtlich. Siddhattha konnte nicht durch Sex korrumpiert werden. Und warum auch? Er hatte Frau und Kind zu Hause, zusammen mit einer Krone und wahrscheinlich einem vollen Harem, wenn er derartige Bedürfnisse spüren sollte.
    Nun traten bewaffnete Männer nach vorn, die in Tierhäute gekleidet waren. Sie gestikulierten wild und schrien. Sie ähnelten Dämonen. Die Sonne war nun untergegangen, doch der Mond beschien sie mit übernatürlicher Deutlichkeit. Siddhattha war nicht beunruhigt. „Mara personifiziert den dreifachen Durst nach Existenz, Vergnügen und Macht. Die Befriedigung der Selbstsüchtigkeit ist die Hölle, und jene, die nach Selbstsüchtigkeit trachten, sind Dämonen.“ Und die Dämonen-Männer konnten

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