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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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vernünftigen Menschen zu einem fanatischen Partisanen gewandelt hatte. „Allah hat gesagt …“
    Andere Stimmen riefen dazwischen, wenige waren nur verständlich:
    „Es ist vorbei!“
    „Die Bibel sagt …!“
    „Zur Hölle mit der Bibel!“
    „Der Koran aber …“
    „Scheiß auf deinen Koran!“
    Das Treffen löste sich in wütendem Geschrei auf. Bruder Paul begriff nun, was der Vertrag geleistet hatte. Diese fanatischen Kultanhänger aller Religionen waren unfähig, sich über ein einziges Prinzip zu einigen, es sei denn unter strikten Verhaltensregeln, und selbst dann war es nur ein unsicherer Friede. Alles würde nun auseinander fallen, wenn nicht jemand eingriff. Doch wer immer das versuchte, würde auf unbändigen Zorn stoßen. Es mußte jemand sein, der hier nichts zu verlieren hatte, der nicht von der Gnade der uneinsichtigen Religiösen abhing und bereit war, sich durchzubeißen, ohne Rücksicht auf die Vorurteile der anderen, ganz einfach, weil ihn der Wind an diese Küste getrieben hatte und er auf die Botschaft dieses Windes wartete.
    Bruder Paul hatte sich wieder in der Hand. Dann holte er tief Luft, wappnete sich und stieß einen ohrenbetäubenden Kiai-Kampfkunst-Schrei aus: „RRRUHE!“
    Verdutztes Schweigen. In diese augenblickliche Stille hinein sprang Bruder Paul auf das Rednerpult. „Es gibt nur wenige Dinge, vor denen ich mehr Angst habe, als wieder in eine Animation hineinzugehen“, sagte er, „aber ich bin hierhergekommen, um meine Aufgabe zu erledigen, und diese Aufgabe ist noch nicht gelöst. Weder im Hinblick auf eure sozialpolitische Situation noch im Hinblick auf die gesamte Menschheit. Wenn es einen einzigen Gott von Tarot gibt, eine Gottheit der Animation, dann ist es eine Pflicht, alles zu versuchen, ihn auszumachen und Ihn zu definieren.“
    Er hielt inne und begriff innerlich das Problem, während er das Stirnrunzeln jener bemerkte, die nach wie vor gegen seinen Auftrag waren. „Ich glaube, wir brauchen eine Untersuchung über die Religionen, die sich innerhalb der Animationen manifestieren. Einige stehen vielleicht dem wahren Gott näher als andere – wenn man mal annimmt, daß man überhaupt einen Gott in den Animationen findet. Wenn ich mich also mit diesem besonderen Ziel in eine Animation hineinbegebe und mich offen für das halte, was immer sich ohne Vorurteil dort entwickelt, und auch auf die Umleitungen durch die Präzession achte …“ Wieder hielt er inne und dachte an etwas anderes. „Die Beobachter …, wenn sie bereit sind, wieder mitzukommen, dieses Mal auf die disziplinierte, formelle Suche …“
    Pastor Runford war dagegen. Er hatte sich nun wieder unter Kontrolle und wirkte ruhig. „Merken Sie denn nicht, daß nur sehr wenige Menschen aus einer zweiten heftigen Animation wieder auftauchen? Sie setzen Leben und Verstand aufs Spiel.“
    „Leben und Verstand jenes verlorenen Kindes sind bereits in Gefahr“, bemerkte Bruder Paul. „Ebenso wie das Wohlergehen dieser gesamten Kolonie. Sie müssen sich einigen, um überleben zu können …“
    „Familienstreitigkeiten sind das Schlimmste!“ sagte Mrs. Eilend. „Wir müssen an dieses Problem mit wissenschaftlichen Kriterien herangehen.“
    „Genau das habe ich vor“, sagte Bruder Paul. „Ich denke, ich habe aus meinen zahlreichen Fehlern gelernt und werde nun in der Lage sein, angemessen vorzugehen. Vielleicht werde ich wieder scheitern, und ich gebe zu, die Vorstellung, wieder eine Animation zu betreten, erfüllt mich mit Schrecken. Ich begreife den Charakter dieser Erscheinungen nicht, noch den meines eigenen Verstandes, noch den Charakter Gottes – ja sogar das Wesen der Natur ist mir ein Rätsel. Aber ich muß es zumindest versuchen, in der Hoffnung, daß die leitende Hand des Gottes, der sich dort manifestiert, mich führt wie George Fox und John Murray und jeden der Menschen, die Ihn unter anderen Umständen gefunden haben.“
    „Sie haben Mut“, meinte Pastor Runford. „Ich sehe mich gezwungen, Pfarrer Siltz zuzustimmen: Wenn ich auch von Ihrer Mission nichts halte, so muß ich doch ihre Einsteilung loben. Daher werde ich als Beobachter des Randgebietes zur Verfügung stehen, wie schon zuvor.“
    „Das werde ich auch“, sagte Mrs. Eilend.
    „Ich schätze Ihre Unterstützung außerordentlich“, sagte Bruder Paul. „Und ihr, die ihr soviel riskiert habt, Lee und Therion. Auch du, Amaranth. Wenn ich die Unterstützung von euch dreien bei diesem Alptraum haben könnte …“
    Lee nickte.

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